Trotz bundesweiter Milliardenüberschüsse: Schwache Kommunen können ihre Altschulden nicht abbauen

Trotz des besten Haushaltsabschlusses seit 2008 nehmen die Unterschiede in der Wirtschaftskraft zwischen den Gemeinden zu. Schwache Kommunen können ihre Altschulden nicht abbauen.
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Sonnenaufgang in Bernbeuren, Bayern.Foto: KARL-JOSEF HILDENBRAND/AFP/Getty Images
Epoch Times9. August 2017

Städte und Gemeinden haben im vergangenen Jahr einen Überschuss von viereinhalb Milliarden Euro erwirtschaftet – dennoch können die schwachen Kommunen ihre Altschulden nicht abbauen.

Trotz des besten Haushaltsabschlusses seit 2008 nehmen die Unterschiede in der Wirtschaftskraft zwischen den Gemeinden zu, wie aus dem am Mittwoch in Gütersloh veröffentlichten Kommunalen Finanzreport der Bertelsmann-Stiftung hervorgeht. Hinter bundesweit guten Zahlen verbirgt sich demnach ein wachsendes Gefälle.

Denn die insgesamt positive Entwicklung in den kommunalen Kassen wird den Experten zufolge vor allem durch die hohen Überschüsse in Bayern und Baden-Württemberg getragen. In beiden Ländern waren die Kommunen über fünf Jahre durchgängig im Plus – während beispielsweise den Kommunen in Schleswig-Holstein und im Saarland in keinem dieser Jahre der Haushaltsausgleich gelang.

Ursachen der sich bessernden Haushaltslage sind der Untersuchung zufolge vor allem die gute Konjunktur und die dadurch weiter anziehenden Investitionen. Allerdings wird die Investitionshöhe ebenfalls maßgeblich durch die süddeutschen Kommunen geprägt: In der Summe der vergangenen beiden Jahre investierten die Kommunen Bayerns pro Einwohner fast dreimal so viel wie die Gemeinden in Sachsen-Anhalt oder im Saarland.

„Die Unterschiede in der Infrastruktur und Standortqualität wachsen“, erklärte die Kommunalexpertin der Bertelsmann-Stiftung, Kirsten Witte. „Die schwachen Kommunen fallen weiter zurück, die Schere zwischen den armen und reichen Kommunen öffnet sich.“

Im Vergleich der Jahre 2005 und 2015 stiegen die Gemeindesteuern laut dem Report zwar um 56 Prozent. Davon profitierten alle Kommunen – allerdings in unterschiedlichem Ausmaß mit der Folge, dass die Differenzen bei der Steuerkraft noch größer wurden.

Denn während Ostdeutschland bis auf wenige Ausnahmen flächendeckend steuerschwach ist, liegen die Steuereinnahmen in Süddeutschland teils zunehmend deutlich über dem Bundesdurchschnitt. So erzielt der steuerstärkste Landkreis München pro Einwohner siebenmal mehr Steuereinnahmen als der Kreis Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt.

Ähnliche Unterschiede zeigen sich demnach in den Kassenkrediten, dem üblichen Indikator der Haushaltskrise. Eigentlich dienen sie nur zur Überbrückung kurzfristiger finanzieller Engpässe. In vielen Kommunen sind sie jedoch zum Dauerzustand geworden. Im Vergleich der Jahre 2005 und 2015 wuchs ihr Volumen um mehr als das Doppelte auf fast 50 Milliarden Euro an.

Dabei sind Kassenkredite allerdings kein bundesweites Phänomen – der Hälfte aller Kommunen sind sie der Studie zufolge unbekannt. Mit Blick auf den Zehnjahresvergleich kommen die Autoren der Studie zu dem Schluss, dass schwache Kommunen in diesem Zeitraum schwach blieben und sich zunehmend vom bundesweiten Durchschnitt entkoppelten.

„Allein die Stadt Essen führt mehr als doppelt so hohe Kassenkredite wie alle Kommunen in Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen und Thüringen zusammen“, erläuterte der Kommunalfinanzexperte der Bertelsmann-Stiftung, René Geißler.

Der Kommunale Finanzreport der Bertelsmann-Stiftung untersucht alle zwei Jahre die Finanzentwicklung aller 398 kreisfreien Städte und Landkreise einschließlich ihrer kreisangehörigen Gemeinden und Gemeindeverbände. (afp)



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