TV-Triell: Bei Corona sind sich die Kanzlerkandidaten einig – in der Steuerfrage nicht

Im ersten Wahl-Triell trafen am Sonntagabend die drei Kanzlerkandidaten Annalena Baerbock (Grüne), Armin Laschet (CDU) und Olaf Scholz (SPD) bei RTL aufeinander. Auf persönliche Angriffe verzichteten die drei Kanzlerkandidaten.
Epoch Times30. August 2021

Es war ein Abend, der Anhänger wie Gegner in ihrem Urteil über die Kandidaten bestätigt haben dürfte. Keine Patzer, kein erregtes Wortgefecht, keine K.o.-Schläge: Den einen entscheidenden Moment, der vier Wochen vor der Bundestagswahl noch eine Wendung in der politischen Stimmung bewirken könnte, gab es nicht beim ersten Fernseh-Triell der drei Kanzlerkandidaten.

Für Olaf Scholz (SPD) ist dies ein erfreulicher Befund, befindet er sich doch gerade im Stimmungshoch. Unionskandidat Armin Laschet (CDU) und Annalena Baerbock von den Grünen standen vor einer ungleich schwierigeren Aufgabe. Ihre Zustimmungswerte sind implodiert, die Zweifel an ihrer Kanzlertauglichkeit gestiegen. Sie brauchen eine Trendwende, dringend.

Der CDU-Chef kam nicht umhin, seine aktuelle Bedrängnis auf der Dreikampf-Bühne zu thematisieren – ein wenig hörte es sich so an, als spräche Laschet sich und seiner verunsicherten Partei Mut zu. „Gegenwind habe ich immer wieder gespürt, auch jetzt“, sagte er. „In solchen Momenten brauchen wir Standhaftigkeit, Verlässlichkeit und einen inneren Kompass. Das ist mein Angebot.“

Laschet und Scholz wollen keine Verbote

Um Angebote an die Wähler bemühten sich alle drei – schließlich sind solche TV-Formate gute Gelegenheiten für Kandidaten, Machtwillen und Gestaltungsanspruch zu demonstrieren und in griffige Schlagworte zu fassen. Laschet empfahl sich als Mann für „Stabilität und Verlässlichkeit.“ Baerbock versprach: „Ich will einen echten Aufbruch.“ Und Scholz beschwor „Solidarität und Zusammenhalt.“

Fast wirkte es so, als hätten sich die Kanzleramtsanwärter vor ihrem Auftritt auf einen gemeinsamen Grundsatz verständigt: Ernste Zeiten erfordern ernste Kandidaten. Mit nüchterner Disziplin arbeiteten sie sich durch die Kernpunkte ihrer Parteiprogramme.

Die Erkenntnisse nach 110 Minuten TV-Dreikampf: Alle drei wollen den Klimaschutz verbessern, Baerbock allerdings noch etwas schneller und umfassender als Laschet und Scholz. Baerbock will dabei auch auf Verbotsmaßnahmen setzen – etwa auf ein Ende des Verbrennermotors. Laschet und Scholz wollen keine Verbote.

Soziale Gerechtigkeit? Baerbock und Scholz wollen die Wohlhabenden stärker zur Kasse bitten, Laschet lehnt Steuererhöhungen ab. Innere Sicherheit? Alle drei wollen die Polizei besser ausstatten. Afghanistan? Schlimm gelaufen, finden alle drei – wobei Laschet so weit geht, die Ereignisse am Hindukusch auch als „Desaster der Bundesregierung“ zu bezeichnen, die ja immerhin von seiner CDU geführt wird.

Weiterer Corona-Lockdown ausgeschlossen

Mit Blick auf Corona halten die Kanzlerkandidaten einen erneuten Lockdown für ausgeschlossen. Stattdessen mahnen sie eine deutlich höhere Impfquote an. Einig waren sie sich auch darin, dass die Schulen nicht wieder geschlossen werden sollen. Laschet, Scholz und Baerbock mahnten aber grundsätzlich Vorsicht an.

Es seien jetzt so viele geimpft, dass es keinen Lockdown geben könne, sagte Scholz. Laschet sagte, er teile diese Einschätzung. Dafür müsse alles getan werden, und er halte das auch für realistisch. Auch Baerbock zeigte sich überzeugt, dass es aufgrund der Impfungen keine weiteren Lockdowns geben werde. Alle drei Kandidaten forderten weitere Anstrengungen, um die Impfquote zu erhöhen.

„Das Allerwichtigste ist, dass wir mit dem Impfen vorankommen“, sagte Baerbock. Sie warf der Bundesregierung vor, zu sehr „auf Sicht“ gefahren zu sein. Es müsse vor alles für die Schulen getan werden. Dass diese offen bleiben, müsse „oberste Priorität“ haben.

Streitthema: Rot-Rot-Grün

Auf persönliche Angriffe verzichteten die drei Kanzlerkandidaten. Die ausdrückliche Ermunterung des Moderatorenduos Peter Kloeppel und Pilar Atalay, den Gegnern die Kanzlertauglichkeit abzusprechen, blockten alle drei ab. „Das wäre schlechter Stil“, befand der Hanseat Scholz kühl.

Dafür erfuhren die Zuschauer aber, was die Kandidaten an ihren Kontrahenten gut finden. Scholz über Baerbock: „Frau Baerbock ist eine ganz engagierte Politikerin, das merkt man auch heute Abend.“ Baerbock über Laschet: „Ich mag, dass man sich in der Sache hart streiten kann“, dabei sei er immer auch eine „rheinische Frohnatur“. Laschet über Scholz: „Er hat unter der Führung von Angela Merkel einen ordentlichen Job gemacht.“

Strittigstes Thema der Debatte war die Frage nach einem möglichen Bündnis von SPD und Grünen mit der Linkspartei. Angesichts aktueller Umfragen wäre ein rot-rot-grünes Bündnis derzeit denkbar – und die Union wird in den kommenden Wochen keine Gelegenheit auslassen, vor einem Linksbündnis zu warnen.

Immer wieder versuchte Laschet, den SPD-Kandidaten zu einer klaren Absage an eine Koalition mit der Linken zu bewegen. Scholz wich dem Thema aber aus: So sehr ihm persönlich eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei auch missfallen dürfte – die Führung seiner deutlich nach links gerückten SPD will ein solches Bündnis nicht ausschließen. „Sie eiern und reden“, entgegnete Laschet. (afp/oz)



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