Verfassungsschutz beobachtet seinen Ex-Chef – die Geheimdienstakte von Hans-Georg Maaßen

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat umfangreiche Datensätze über seinen früheren Chef Dr. Hans-Georg Maaßen angelegt. Maaßen beschuldigt Innenministerin Nancy Faeser, das Amt zur Bekämpfung eines politischen Gegners missbraucht zu haben.
Für Hans-Georg Maaßen geht es in Erfurt um einiges.
Über den ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten Dr. Hans-Georg Maaßen existiert beim Inlandsgeheimdienst eine umfangreiche Datensammlung.Foto: Martin Schutt/dpa
Von 1. Februar 2024

Vom Beobachter zum Beobachteten: Das öffentliche Leben des ehemaligen Verfassungsschutzchefs und aktuellen WerteUnion-Vorsitzenden Dr. Hans-Georg Maaßen wird offenbar schon seit Monaten vom Inlandsgeheimdienst ausspioniert. Am Nachmittag des 31. Januar veröffentlichte der Jurist auf seiner Website persönlich ein Schreiben des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) an seinen Kölner Rechtsbeistand, das auf Mitte Januar 2024 datiert. Der Anwalt hatte zuvor ein Auskunftsersuchen gemäß Paragraf 15 (1) BVerfSchG an das Amt gestellt.

Aus der BfV-Stellungnahme geht hervor, dass die Verfassungsschützer um den amtierenden BfV-Präsidenten Thomas Haldenwang (CDU) ein umfangreiches Dossier über Haldenwangs Vorgänger Maaßen erstellt hatten. Kurz vor 16:00 Uhr kommentierte der Beobachtete auf seinem X-Kanal:

Die #Bundesregierung hat offenkundig Angst vor mir und der #WerteUnion, so dass sie mich durch den #Verfassungsschutz beobachten und verfolgen lässt. Die nachfolgende Auskunft des #BfV enthält keinerlei substantiierte Belege, die eine Beobachtung rechtfertigen. Frau #Faeser! Das ist ein Missbrauch des Verfassungsschutzes zur Bekämpfung politischer Gegner und ein Angriff auf die freiheitlich demokratische Grundordnung. #Bürgerrechte“

Darunter postete er einen Link zur PDF-Datei des BfV-Schreibens auf seiner privaten Website.

Nach Angaben des „Focus“ wurde Maaßen „im nachrichtendienstlichen Informationssystem des Verfassungsschutzes im Bereich Rechtsextremismus gespeichert“. Er gelte damit „auch als Beobachtungsobjekt“. Das BfV habe „mit Verweis auf Persönlichkeitsrechte“ keine Stellungnahme abgeben wollen. Gemeinsamen Recherchen des ARD-Magazins „Kontraste“ und der Onlineplattform „t-online“ zufolge habe der „Verfassungsschutz in geheimer Sitzung auch zuständige Abgeordnete im Deutschen Bundestag über den Vorgang“ informiert.

Eine „Bearbeitung als Extremist“ könnte nach Informationen des „Focus“ erhebliche Konsequenzen für Maaßen nach sich ziehen: Die „Anforderungen zur Verfassungstreue von politischen Beamten im einstweiligen Ruhestand“ seien erst vor Kurzem verschärft worden. Es ermögliche nun eine „Entfernung aus dem Staatsdienst“ und die „Aberkennung des Ruhegehalts“. Das entsprechende Gesetz greife aber erst am 1. April 2024.

Durchleuchtung einer öffentlichen Person

Die Verfassungsschützer, darunter mutmaßlich auch frühere Weggefährten Maaßens, hatten offensichtlich viel Mühe aufgewendet, um alle möglichen Informationen über ihren Ex-Präsidenten zusammenzutragen. Besonders große Aufmerksamkeit schenkten sie auch den Worten, die Maaßen selbst, aber auch seine Gesprächspartner, Fans oder Gegner irgendwann einmal geäußert hätten – sei es in den sozialen Netzwerken, bei Vorträgen, in Interviews oder in irgendeiner Diskussionsrunde.

Sogar alte Papiere, die Maaßen in seiner Zeit als BfV-Chef zu sichten hatte, fanden nach BfV-Angaben Eingang in die Datenbank der dem Bundesinnenministerium unterstellten Haldenwang-Behörde. Selbst Zitate von rechten Regierungskritikern wie dem thüringischen AfD-Chef Björn Höcke oder dem österreichischen IB-Vordenker Martin Sellner, in denen Maaßens Name erwähnt wurde, finden sich in der Sammlung des Verfassungsschutzes.

Insgesamt seien dort 1.000 Dokumente auffindbar, die in irgendeiner Weise einen Bezug zu dem Beobachtungsobjekt „Dr. Maaßen“ herstellten, hieß es in der BfV-Stellungnahme. Höchstwahrscheinlich gibt es noch mehr Material über ihn, denn „ab dem 1000. Dokument“ werde „die Suche systemseitig automatisiert abgebrochen“.

Im August 2023 hatte unter anderem die „Bild“ berichtet, dass das BfV auf Antrag des Bundeskriminalamts (BKA) Informationen über Maaßen gesammelt habe. Zuvor solle das BKA eine sogenannte „Erkenntnisanfrage“ an den Verfassungsschutz gestellt haben. Laut „Bild“ könnte Maaßen den Kriminalbeamten wegen eines abgehörten Telefonats im Kontext der Ermittlungen zum sogenannten „Reichsbürgerputsch“ vom Dezember 2022 aufgefallen sein. Maaßen selbst hatte damals mit Empörung reagiert. Er kündigte an, Auskunft darüber verlangen zu wollen, „welche Daten meine früheren Mitarbeiter über mich speichern“. Nun weiß er zumindest in Teilen Bescheid.

Eine Stellungnahme des Bundesverfassungsschutzes oder des Bundesinnenministeriums war für die EPOCH TIMES bis zum Redaktionsschluss nicht zu bekommen.

Maaßen strebt Politikwende für Deutschland an

Maaßens politische Einstellung zur aktuellen Lage in Deutschland ist spätestens seit seiner Wahl zum Vorsitzenden der WerteUnion im Januar 2023 und dem anschließend von CDU-Chef Friedrich Merz vergeblich auf den Weg gebrachten Parteiausschlussverfahren kein Geheimnis. Auch die EPOCH TIMES berichtet zuweilen über die Erkenntnisse und Meinungen des langjährigen CDU-Mitglieds Maaßen, die häufig scharfe Kritik an der aktuellen und früheren Bundesregierung transportieren.

Nach monatelangen Versuchen, Friedrich Merz zu einer Kurskorrektur zu bewegen – weg von der „ökosozialistischen“ Politik der Kanzlerin Angela Merkel, hin zu den traditionellen Werten eines Helmut Kohl, Konrad Adenauer oder Ludwig Erhardt –, entschied sich Maaßen, seine alte Partei zu verlassen. Als Begründer der künftigen WerteUnion-Partei wolle er nun zu einem Regierungswechsel beitragen, wie er selbst immer wieder erklärt hatte. Die Partei sei deshalb auch offen für ein Bündnis mit der AfD.

Schon am Vorabend des Parteigründungsbeschlusses vom 20. Januar 2024 hatte Maaßen mit der EPOCH TIMES über die Chancen und Erwartungen gesprochen, die er mit seiner neuen politischen Heimat verbindet. Dass die Neugründung mit „Gegenwind“ rechnen müsse, bestätigte er dabei ausdrücklich.

Jähes Karriereende nach Vorfall in Chemnitz

Der Rechtsanwalt Dr. Hans-Georg Maaßen (CDU), Jahrgang 1962, war zwischen August 2012 und November 2018 Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV). Seine abweichende Einschätzung zum Protestgeschehen in Chemnitz im Sommer 2018 infolge der Ermordung eines jungen Deutsch-Kubaners durch einen Syrer kostete ihn den Rückhalt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): Sie ließ ihren obersten Verfassungsschützer vom damaligen Innenminister Horst Seehofer (CSU) in den einstweiligen Ruhestand versetzen.

Maaßen hatte im Einklang mit der örtlichen Polizeibehörde und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) die Meinung vertreten, dass es infolge des Mordes keine Hetzjagden auf Ausländer in Chemnitz gegeben hatte.

In einer früheren Version des Artikels wurden Björn Höcke und Martin Sellner aufgrund eines Kopierfehlers als „Rechtsextremisten“ bezeichnet. Die EPOCH TIMES bittet den Fehler zu entschuldigen.



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