Wegmarken des Niedergangs der SPD

Das einstellige Ergebnis der SPD bei der Bayern-Wahl markiert einen neuen Tiefpunkt in der Geschichte der Sozialdemokraten. Seinen Anfang nahm der Niedergang der Partei allerdings schon viel früher.
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Andrea Nahles.Foto: Matthias Balk/dpa
Epoch Times16. Oktober 2018

Das einstellige Ergebnis der SPD bei der Bayern-Wahl markiert einen neuen Tiefpunkt in der Geschichte der Sozialdemokraten. Seinen Anfang nahm der Niedergang allerdings bereits in der Endphase der Regierungszeit von SPD-Kanzler Gerhard Schröder.

Die Ära Schröder:

40,9 Prozent – mit diesem Bundestags-Wahlergebnis löste Schröder 1998 den langjährigen CDU-Kanzler Helmut Kohl ab. Vier Jahre später reichten 38,5 Prozent zur Fortsetzung von Rot-Grün.

In der zweiten Phase seiner Kanzlerschaft stemmte sich Schröder mit der Agenda 2010 gegen Wirtschaftskrise und Zustimmungsverlust. Wirtschaftlich ging die Rechnung auf, doch der Preis für harte Einschnitte bei Sozialsystem und Arbeitsmarkt waren eine tiefe Verunsicherung bis in den Kern der Sozialdemokratie hinein und das Erstarken der neu gebildeten Linkspartei.

Die erste „GroKo“:

Es folgte 2005 der Verlust der Regierungsführung an die heutige CDU-Kanzlerin Angela Merkel. Als Juniorpartner in einer großen Koalition wurde die SPD für unpopuläre Maßnahmen wie Mehrwertsteuererhöhung und Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 in Mithaftung genommen.

Gang in die Opposition:

Mit Frank-Walter Steinmeier als Kanzlerkandidat stürzte die SPD 2009 auf nur noch 23 Prozent. Sigmar Gabriel wurde Parteichef, Andrea Nahles Generalsekretärin. Tatsächlich gelang es Gabriel, wieder Ruhe in die Partei zu bringen. Die SPD dümpelte jedoch trotz wachsender Unpopularität der nun schwarz-gelben Bundesregierung um die 25-Prozent-Marke herum.

Erneute „GroKo“:

Für neuen Schwung sollte 2013 die Nominierung von Peer Steinbrück zum Kanzlerkandidaten sorgen. Er schaffte jedoch nur einen mageren Stimmenzuwachs auf 25,7 Prozent. Erneut wurde die SPD Juniorpartner der Union. In den Koalitionsverhandlungen konnte die SPD Mindestlohn und Doppelpass für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern durchsetzen. Ihre Zustimmungswerte stiegen jedoch nicht spürbar an.

Ab Herbst 2015 wurde der Zuzug zehntausender Flüchtlinge beherrschendes Thema. Die überraschte SPD trug Merkels Entscheidung für die Grenzöffnung mit, schwankte dann aber zwischen Humanität etwa beim Familiennachzug und Zustimmung zu der schnell restriktiver werdenden Asylpolitik der Union. Die Angst vor dem Aufstieg der AfD ging um.

Das Drama um Schulz:

Anfang 2017 überließ Gabriel Martin Schulz SPD-Vorsitz und Kanzlerkandidatur. Die euphorisierte Partei stieg in Umfragen kurzzeitig über 30 Prozent. Umso schneller war der Absturz, erst ein maues Landtagswahlergebnis im Saarland, dann der Regierungsverlust in Schleswig-Holstein und im Stammland Nordrhein-Westfalen. 20,5 Prozent bei der Bundestagswahl waren ein neues Rekordtief.

Statt Opposition wieder „GroKo“:

Noch am Wahlabend kündigte Schulz den Gang in die Opposition an, wo sich die Partei erneuern solle. Das Scheitern der Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition durchkreuzte diesen Plan, die Entscheidung für den nochmaligen „GroKo“-Eintritt zerriss fast die Partei.

In den Koalitionsverhandlungen erzielte die SPD erneut Achtungserfolge wie Beitragsparität in der Krankenversicherung und Stabilisierung des Rentenniveaus. Ungeschicktes Taktieren um seine Ministerambitionen kostete Schulz aber den Parteivorsitz. Die bereits zur Fraktionschefin gewählte Nahles rückte an seine Stelle.

Chaotische Koalition:

Danach überlagerte der Richtungsstreit in der Union, besonders zwischen Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer die Regierungsarbeit. Wochenlang beherrschte die Auseinandersetzung um Zurückweisungen von Flüchtlingen an den Grenzen die Debatten.

Ein wildes Hin und Her gab es im September um die SPD-Forderung nach Ablösung des umstrittenen Verfassungsschutz-Chefs Hans-Georg Maaßen. Erst stimmte Nahles zu, Maaßen stattdessen zum Staatssekretär zu ernennen, dann zog sie dies nach innerparteilichem Druck wieder zurück. Als fauler Kompromiss zu Lasten der Verbraucher wurde weithin der Koalitionsbeschluss zur Diesel-Krise empfunden.

Seit dem Debakel in Bayern mit 9,7 Prozent tobt nun in der SPD eine neue Diskussion über den Verbleib in der „GroKo“. Offiziell ist die Debatte vertagt bis zu einer Vorstandsklausur Anfang November und damit nach der Landtagswahl in Hessen am 28. Oktober. (afp)



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