Wer islamistischer Gefährder ist, bestimmt allein die Polizei – nicht das Recht

Nach Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) vom Dienstag soll es bundesweit etwa 190 solcher Gefährder auf freiem Fuß geben. Die Polizeien des Bundes und der Länder entwickelten für sie laut BKA-Chef Holger Münch ein "abgestimmtes Maßnahmenkonzept" bis hin zur Observierung rund um die Uhr.
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Demonstration gegen IslamistenFoto: TOBIAS SCHWARZ/Getty Images
Epoch Times10. Januar 2017

Der Berliner Weihnachtsmarktattentäter Anis Amri ist von den Sicherheitsbehörden als sogenannter islamistischer Gefährder geführt worden. Nach Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) vom Dienstag soll es bundesweit etwa 190 solcher Gefährder auf freiem Fuß geben. Die Polizeien des Bundes und der Länder entwickelten für sie laut BKA-Chef Holger Münch ein „abgestimmtes Maßnahmenkonzept“ bis hin zur Observierung rund um die Uhr. Eine Gesetzesdefinition des Gefährderbegriffs gibt es bislang jedoch nicht. Ein Überblick:

POLIZEILICHE DEFINITION

Der Bundesregierung zufolge einigte sich die Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Landeskriminalämter und des BKA (AG Kripo) 2004 auf eine einheitliche Definition. Ein Gefährder ist demnach „eine Person, bei der bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung (…) begehen wird.“ Da nach dieser Definition keinerlei gerichtsfesten Beweise für das geplante Begehen einer Straftat vorliegen, können Gefährder auch nicht angeklagt und verurteilt werden. Sie sind nach geltendem Rechtsverständnis insoweit noch unschuldige Menschen.

KEINE ALLGEMEINE GEFÄHRDERDATEI

Zum Straftatenkatalog der Gefährderdefinition zählen neben dem islamistischen Terrorismus auch drohende Taten von Rechts- oder Linksextremisten. Laut BKA sind bundesweit 22 Rechtsradikale und fünf Linksradikale als Gefährder auf dem Schirm der Polizei. Eine allgemeine Gefährderdatei existiert nicht. Vielmehr gibt es einige Präventivdateien und Datenbanken, in denen personenbezogene Daten nach verschiedenen Kriterien erfasst werden. Das BKA speichert laut Wissenschaftlichem Dienst des Bundestags Daten von islamistischen Gefährdern in der sogenannten Datenbank Islamismus (Dabis).

DIVERSE POLIZEILICHE MAßNAHMEN

In der Datenbank werden die konkreten Fälle in acht Stufen kategorisiert, wobei die erste der acht Gefährdungsstufe die höchste ist. Die Einschätzung als Gefährder kann für die Betroffenen unterschiedliche Folgen haben. Die polizeilichen Maßnahmen reichen je nach Brisanz des Falls etwa von der Überprüfung der Meldedaten oder dem Entzug des Reisepasses bis hin zur Speicherung und Auswertung von Telekommunikationsdaten der Betroffenen oder ihrer Überwachung durch Observationsteams rund um die Uhr.

GEFÄHRDERANSPRACHE ALS ABSCHRECKUNG

Ein ebenfalls von der Polizei genutztes Mittel ist die sogenannte Gefährderansprache. Sie soll Betroffene von der Begehung einer Straftat abschrecken. Gefährdern wird in der Ansprache deutlich gemacht, dass sie längst im Blick der Sicherheitsbehörden sind und die Lage ernst genommen wird. Gefährderansprachen gibt es aber nicht nur zur Prävention politisch motivierter Kriminalität. Auch gewaltbereite Fußballfans oder sogenannte Stalker werden von der Polizei angesprochen oder angeschrieben, um Straftaten zu verhindern. (afp)



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