Wirksam gegen Gruppenzwang? Drogenbeauftragter will Alkoholwerbung verbieten

Um Jugendliche zu schützen, soll ein komplettes Verbot von Alkoholwerbung kommen. Der Konsum von Cannabis wirft jedoch Fragen nach der Sinnhaftigkeit auf.
Die Alkoholsucht unter Beschäftigten steigt im Zehn-Jahres-Vergleich.
Der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert will Alkoholwerbung weiter einschränken.Foto: Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa
Von 3. April 2023

Der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert hat die Ergebnisse einer von ihm selbst in Auftrag gegebenen Umfrage präsentiert. Dieser zufolge befürworten 59 Prozent der Deutschen ein vollständiges Verbot von Alkoholwerbung. Zudem sprechen sich 76 Prozent der insgesamt 1.400 Befragten für Warnhinweise bei alkoholischen Getränken aus – ähnlich wie bei Zigaretten.

Deutsche „zu sorglos mit Alkohol“

Blienert selbst ist es eigenen Angaben zufolge ein Anliegen, zumindest bis 22 Uhr Alkoholwerbung in TV und Internet zu verbieten. In der Praxis kommt diese unter anderem im Kontext des Sponsorings von Sendungen wie der „Sportschau“ oder Sportevents durch Brauereien vor. Blienert ist sich sicher:

Je mehr Werbung, desto früher fangen Jugendliche mit dem Trinken an.“

Die Deutschen, so Blienert, gingen „zu sorglos mit Alkohol“ um. Die Politik handele „fahrlässig“, da sie öffentlichen Plakaten von Herstellern oder dem Sponsoring von Veranstaltungen kaum Grenzen setze.

Neben dem Verbot für Alkoholwerbung forderte Blienert auch die Erschwerung des Zugangs zu Spirituosen und höhere Alkoholsteuern. Diese gehörten in Deutschland zu den niedrigsten – und auch 50 Prozent der Befragten wünschten sich eine höhere Besteuerung von Alkohol.

Enge Schranken für Alkoholwerbung bereits jetzt in Kraft

Bereits jetzt gibt es einige weitreichende Regeln bezüglich der Werbung für alkoholhaltige Getränke. So darf laut § 6 Abs. 5 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag Werbung dieser Art keinen Bezug zu Jugendlichen aufweisen.

Ähnliche Bestimmungen enthält die EU-Richtlinie RL 2010/13/EU über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste. Auch dort finden sich zum Teil detaillierte Vorgaben, was Werbung für alkoholische Getränke nicht enthalten darf.

Dazu gehören unter anderem Bezugnahmen auf Jugendliche. Zudem darf Alkoholwerbung unter anderem keine Verbindung zwischen Alkoholkonsum und einer Verbesserung der physischen Leistung, sozialem oder sexuellem Erfolg oder dem Wohlbefinden suggerieren.

Alkoholwerbung nicht der entscheidende Faktor für Konsum

Einer Erhebung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) aus dem Jahr 2019 zufolge haben elf Prozent der 12- bis 17-Jährigen in Deutschland mindestens einmal im Monat Alkohol getrunken.

Unter jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren sei zudem das Rauschtrinken nach einer rückläufigen Entwicklung Mitte der 2010er-Jahre wieder im Kommen. Mit 37,8 Prozent der Befragten dieser Altersgruppe, die gelegentliches Rauschtrinken einräumen, liegt der Anteil allerdings noch unter jenem von 2004. Damals hatte er noch bei 43,5 Prozent gelegen.

Experten weisen jedoch darauf hin, dass es deutlich wirksamere Faktoren gebe, die Jugendliche zum Alkoholkonsum verführten, als Werbung. Neben dem Vorbild Erwachsener aus dem eigenen Umfeld spiele dabei auch der Gruppenzwang eine erhebliche Rolle.

Gekifft wird auch ohne Werbung

Noch stärker wieder im Kommen ist unter Jugendlichen der Zigarettenkonsum – obwohl es für Tabakwerbung jene Regeln, die Blienert für Alkoholwerbung vorschweben, längst gibt. Laut „DEBRA-Studie“ ist die Zahl der rauchenden Jugendlichen in Deutschland im Vorjahr deutlich gestiegen. Unter den 14- bis 17-Jährigen habe sich der Anteil der Raucher von 8,7 auf 15,9 Prozent fast verdoppelt.

Insgesamt rauchten bereits mehr als 400.000 Minderjährige in Deutschland Zigaretten. Studienleiter Daniel Kotz nennt auch hier nicht Werbung als entscheidenden Faktor. Er sieht diesen eher „im Dauerstress durch Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg und Krisen“.

Cannabis ist entgegen den Ankündigungen der Ampelkoalition bis heute illegal. Entsprechend ist auch Werbung dafür ausnahmslos untersagt. Dennoch haben 7,8 Prozent der 12- bis 17-Jährigen in Deutschland im Jahr 2019 mindestens einmal Cannabis konsumiert. Das ist nur ein knappes Drittel weniger als es gelegentliche Alkoholkonsumenten in dieser Altersgruppe gibt. Blienert hat sich gegenüber dem MDR unterdessen für das Vorhaben einer Legalisierung von Cannabis ausgesprochen.



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