Zahl der Flüchtlinge über Belarus steigt wieder – darunter zahlreiche Ägypter

Die Zahl der Asylsuchenden, die über das osteuropäische Land in die EU streben, nimmt wieder zu. Die Politik befürchtet Verhältnisse wie 2021.
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An der polnischen Grenzmauer warten Migrantenfamilien aus Syrien und dem Irak auf der belarussischen Seite auf die Gelegenheit, nach Polen einreisen zu können.Foto: Wojtek Radwanski/AFP via Getty Images
Von 31. Mai 2023

In der EU wächst die Furcht vor einer Neuauflage der Verhältnisse des Jahres 2021. Damals hatten sich an der Grenze zwischen Belarus und der Staatengemeinschaft dramatische Szenen abgespielt. Mehr als 10.000 Schutzsuchende campten bei niedrigen Temperaturen in Wäldern und warteten auf ihre Chance zum Durchbruch. Auch in diesem Jahr versuchen mehr Asylsuchende über Weißrussland in die EU zu gelangen.

Flüchtlinge nutzen Flughafen von Minsk als Drehscheibe

Wie die „Welt“ berichtet, soll die Anzahl der unerlaubten Einreisen aus Polen in die Bundesrepublik allein im April 2.427 Personen betragen haben. In den Monaten davor waren es weniger, aber jeweils mehr als 1.000 Personen. Bis dato sollen zwischen Juli 2022 und März 2023 bereits 8.700 Personen illegal auf dem Landweg über Belarus in die EU eingereist sein.

Mit 3.000 Asylsuchenden ist Syrien nach wie vor das häufigste Herkunftsland. Weitere 1.632 Flüchtlinge aus Afghanistan sollen sich auf den Weg über Weißrussland gemacht haben. Mit 1.300 Personen stellte Ägypten das drittgrößte Kontingent. Es seien mittlerweile mehr irreguläre Einreisen an der Grenze zu Polen festgestellt worden als an jener zu Österreich. Dabei wird diese allein schon der stationären Grenzkontrollen wegen besser bewacht.

Nach Einschätzung deutscher Sicherheitsbehörden soll wie bereits 2021 der Flughafen Minsk zur Drehscheibe der Wanderungsbewegungen geworden sein. Menschen sollen per Flugzeug von Ferienorten wie Scharm el-Scheich oder Hurghada aus aufgebrochen sein. Einige seien auch über die Türkei nach Minsk weitergereist.

Union will gegen Fluggesellschaften vorgehen

Die verstärkten Wanderungsbewegungen standen auch auf der Tagesordnung des Besuchs von Bundesinnenministerin Nancy Faeser im Gemeinsamen Zentrum der deutschen und polnischen Polizei.

Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz erklärte gegenüber der „Welt“, offenbar sei etwa die Hälfte der illegal von Polen nach Deutschland Eingereisten zuvor über Belarus gekommen. Die Politikerin wittert wie bereits vor zwei Jahren den Ausdruck einer „Strategie, um die EU zu destabilisieren“. Sie forderte die Bundesregierung auf, Fluggesellschaften die Landeerlaubnis zu entziehen, die „illegale Migration über Russland und Belarus ermöglichen“.

Allerdings wären davon auch zahlreiche Airlines betroffen, die eine bedeutende Rolle für Tourismus und Businessreisen von und nach Deutschland spielen – etwa Turkish Airlines.

Spekulationen über angebliche Strategien hinter den Flüchtlingen

Der Repräsentant der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) für Belarus, Christopher Forst, geht von 2.500 Versuchen eines irregulären Grenzübertritts von Belarus in die EU pro Monat aus. Im Jahr 2021 sollen mehr als 11.000 Personen, die von dort nach Polen eingereist waren, nach Deutschland gelangt sein.

Im Westen wirft man dem weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko vor, durch die Duldung von Migrationsbewegungen die EU „erpressen“ zu wollen. Ziel sei es demnach, die Aufhebung von Sanktionen zu erzwingen.

Aber auch Russland soll versuchen, durch Erleichterung von Migration die EU zu „destabilisieren“. Jakob Wöllenstein von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Belarus verweist auf russische Visa, die Migranten mitführten. Dies weise darauf hin, dass der Kreml „Durchgangsmigranten“ in die EU „anwerbe“. Dabei soll er auf fremdenfeindliche Stimmungen setzen. Schließlich wisse Russlands Führung, „dass das Migrationsthema in der EU ein sehr polarisierender Spaltpilz ist“.

Konkrete Beweise legt Wöllenstein nicht vor. Anna Kravtšenko von der Friedrich-Naumann-Stiftung argwöhnt demgegenüber, dass belarussische Sicherheitsdienste in die Migrationsbewegungen involviert seien. Diese würden durch Schlepperei ein Zubrot in eigener Sache verdienen. Immerhin sei „illegale Migration […] ein lukratives Geschäft für alle Beteiligten – außer für die Migranten selbst.“

Scholz will mehr sichere Fluchtrouten ermöglichen

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte unterdessen Ländern und Kommunen im Rahmen des Flüchtlingsgipfels pauschal eine Milliarde Euro Bundesmittel extra zugesagt. Dies solle ihnen mehr Spielraum bei der Bewältigung von Versorgung und Betreuung der Schutzsuchenden geben.

Scholz hatte auf der einen Seite angekündigt, illegale Fluchtrouten schließen zu wollen. Andererseits soll es mehr sichere Anreisemöglichkeiten geben – und auch deshalb wolle er zwei Millionen pro Jahr in die „Seenotrettung“ investieren.

Um auch die Einwanderung aus Afghanistan kontrollierbarer zu gestalten, will Scholz zudem Nichtregierungsorganisationen in die Identifizierung von „Ortskräften“ einbeziehen. Auf diese Weise sollen sowohl über das Mittelmeer als auch aus Afghanistan mehr sichere Routen entstehen.



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