Zweifel an Generationenkapital – „Gravierende Fragen“

Es soll ein Herzstück der nächsten großen Rentenreform werden: Das Generationenkapital mit Anlagen auf dem Aktienmarkt. Doch an den Plänen gibt es Zweifel – auch innerhalb der Koalition.
DGB-Chefin Yasmin Fahimi warnt die Regierung davor, an der sozialen Flanke zu sparen.
Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi sieht ein Anlagesystem für die Rente „sehr skeptisch“.Foto: Hannes P. Albert/dpa
Epoch Times2. August 2023

Grüne und Gewerkschaften kritisieren das geplante Generationenkapital – ein Herzstück der Rentenpläne der Bundesregierung. „Dass das Rentensystem von einem Beitragssystem teilweise zu einem Anlagesystem reformiert werden soll, sehen wir sehr skeptisch“, sagte DGB-Chefin Yasmin Fahimi der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Mit dem Grünen-Rentenexperten Markus Kurth stellte ein Vertreter der Koalition das Generationenkapital sogar grundsätzlich infrage.

„Die Aktienrente nach dem Konzept des Bundesministeriums der Finanzen wirft nach dem aktuellen Stand zahlreiche gravierende finanzielle, beihilferechtliche, vor allem aber verfassungsrechtliche Fragen auf“, heißt es in einer Analyse Kurths, die der dpa vorliegt. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) und das „Handelsblatt“ berichteten zuerst darüber. Ob das Vorhaben in der bisher geplanten Form umgesetzt werden könne, sei deshalb „noch offen“.

Zentrales Element der Rentenreform

Das Generationenkapital ist ein zentrales Element der geplanten Rentenreform, die Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) demnächst vorlegen wollen. Dabei sollen zunächst 10 Milliarden Euro aus öffentlichen Krediten am Kapitalmarkt angelegt werden. Lindner hatte als Ziel angegeben, jährlich weitere 10 Milliarden dazuzugeben. Mit den Erträgen soll ein Anstieg der Rentenbeiträge in Zukunft abgemildert werden. Die Anlage soll von einer unabhängigen Stiftung gemanagt werden.

Kurth verweist in seiner Analyse auf den ähnlich konstruierten Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (Kenfo) für die Entsorgung von Atommüll. Der Kenfo verzeichnete im Jahr 2022 laut Geschäftsbericht einen Marktwertverlust von 12,2 Prozent. Das Fondsvolumen fiel von zunächst 24 auf 21,7 Milliarden Euro. Dies zeige, „wie schwierig es ist, mit der Aktienrente überhaupt eine positive Rendite zu erwirtschaften“, so der Bundestagsabgeordnete.

Fahimi kritisierte: „Die Finanzmärkte sind sehr volatil. Darauf kann man keinen Generationenvertrag aufbauen.“ Sie habe nicht viel Hoffnung, dass dies wirklich einen Beitrag zur Stabilisierung der Alterseinkommen leisten werde.

Kurth äußert zudem Zweifel daran, dass die Pläne mit der Schuldenbremse im Haushalt und mit dem EU-Beihilferecht vereinbar sind. Er stützt sich dabei auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Diensts des Bundestags, das er dazu in Auftrag gegeben hatte.

Arbeitgeberpräsident: „Reformen sind bitter nötig“

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger warnte unterdessen vor steigenden Steuer- und Beitragslasten für die Rente. „Reformen sind bitter nötig“, sagte er der dpa. „Mehr als 100 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt fließen jedes Jahr in die Finanzierung der Rente. Wenn die Babyboomer nachrücken, wird es noch teurer.“ Die Lohnzusatzkosten insgesamt hätten nun die 40-Prozent-Grenze überschritten. Dulger forderte: „Da gehört eine Sozialabgabenbremse installiert.“

Dulger forderte eindringlich Schritte gegen vorzeitigen Renteneintritt. „Es braucht mit Blick auf die Demografie weniger Anreize, vorzeitig in Rente zu gehen“, sagte der Arbeitgeberpräsident. „Sofort abschaffen sollten wir die abschlagsfreie Rente mit 63 Jahren.“

Aus Sicht des baden-württembergischen Finanzministers Danyal Bayaz (Grüne) wird auch ein regulärer Renteneintritt mit 67 Jahren nicht dauerhaft zu halten sein. „Meine Generation muss sich auf längeres Arbeiten im Alter einstellen – auch wenn wir unseren Wohlstand halten wollen“, sagte der Grünen-Politiker der dpa in Stuttgart. „Ich halte das für viele Berufe auch zumutbar, da sich die Arbeitswelt in den kommenden Jahren fundamental verändern wird, körperlich anstrengende Arbeit wird weniger, Wissensarbeit wird mehr.“ (dpa/dl)



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