Habecks Vorschlag zum neuen Sondervermögen im Kreuzfeuer der Kritik

Das Wort „Sondervermögen“ hat seit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil im November viel Aufmerksamkeit erregt. Jetzt hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck überraschend wieder einen Sonderfonds für die Lösung der strukturellen Probleme der Wirtschaft vorgeschlagen. Auch wenn Habeck zur Höhe der Ausgaben nichts sagte, lässt ein Satz aufhorchen.
Vizekanzler Robert Habeck verteidigt den Haushaltskompromiss.
Einsam um Wirtschaftsminister Habeck: Für seinen Vorschlag der Einrichtung eines Sondervermögens für die Wirtschaft findet er wenig Zustimmung.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 3. Februar 2024

Spätestens seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem November lässt das Wort „Sondervermögen“ aufhorchen. Die Richter in Karlsruhe hatten damals Teile des Bundeshaushalts für verfassungswidrig erklärt. Das betraf konkret Kreditermächtigungen in Höhe von 60 Milliarden Euro für den „Klima- und Transformationsfonds (KTF)“.

Am Donnerstag stand das Thema „Sondervermögen“ plötzlich wieder im Raum. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte bei der Haushaltsdebatte im Bundestag vorgeschlagen, die momentanen strukturellen Probleme der deutschen Wirtschaft mit einem schuldenfinanzierten Sondertopf zu lösen. Er wisse, „dass eine Diskussion über die Schuldenbremse in den derzeitigen Möglichkeiten nicht richtig ist“. Es gebe „vielleicht aber dennoch einen Weg, in diesem Sinne zusammenzukommen“, so Habeck in Richtung der Unions-Fraktion.

Dann macht Habeck einen konkreten Vorschlag: „Was wäre, wenn wir ein Sondervermögen einführen würden, um die strukturellen Probleme zu lösen?“ Unternehmen könnten dann Steuervergünstigungen und zusätzliche Abschreibungsmöglichkeiten gewährt werden, was diese selbst wollten. „Das ist das, was ich höre aus der Wirtschaft.“

Ein „Wirtschaftschancengesetz mal 10“ oder 50

Ein genaues Volumen nannte der Grünen-Politiker nicht. Allerdings zeigte er eine Richtung auf. Er höre aus Kreisen der Opposition und der Liberalen, dass man nun Geld in die Hand nehmen müsse. „Ein Wirtschaftschancengesetz mal 10, vielleicht mal 50, um dieses Land nach vorne zu bringen. Was wir dazu brauchen, ist ein gemeinsames Gespräch“, so Habeck im Bundestag.

Über das sogenannte Wachstumschancengesetz konnte bisher keine Einigung erzielt werden. Im Moment steckt es im Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat fest, da die unionsgeführten Bundesländer im Bundesrat ihre Zustimmung verweigert haben. Das Volumen dieses Gesetzes liegt bei rund sieben Milliarden Euro pro Jahr ab 2024 und insgesamt über 32 Milliarden Euro in den nächsten Jahren. Ein „Wirtschaftschancengesetz mal 50“, wie es Habeck ins Spiel gebracht hat, bedeutete die Finanzierung von 1,6 Billionen Euro. Geld, das Habeck dann über Schulden finanzieren müsste, wenn er nicht einfach Luftzahlen genannt hat.

Wirtschaft fordert Unternehmenssteuerreform

Dass etwas passieren muss, dürfte spätestens in den letzten Tagen in Berlin angekommen sein. Die vier größten Wirtschaftsverbände in Deutschland haben sich mit einem Brandbrief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gewandt. Überschrieben ist der Brief mit „Durchstarten für Deutschland“. Die meisten Probleme, so der Vorwurf der Wirtschaft, seien hausgemacht. Notwendige Strukturreformen seien in den letzten Jahren ausgeblieben. Diese Entwicklungen gingen „an den Kern des wirtschaftlichen Fundaments Deutschlands. Es braucht ein Umlenken“.

Unter anderem forderten die Wirtschaftsverbände in ihrem Schreiben eine Unternehmenssteuerreform, um die Wirtschaft kraftvoll zu entlasten. Das hatte im Oktober CDU-Chef Friedrich Merz in einem Interview im „Handelsblatt“ eingefordert. Alle Unternehmen, unabhängig von ihrer Rechtsform, so die Forderung von Merz, werden nur noch nach einem einheitlichen Unternehmenssteuerrecht besteuert, Personengesellschaften nicht mehr nach der Einkommensteuer.

Bis zu 30 Milliarden Euro weniger Einnahmen

Der Staat müsste dann mit weniger Einnahmen von zunächst 20 bis 30 Milliarden Euro rechnen. „Aber natürlich werden wettbewerbsfähige Unternehmenssteuern auch zu mehr Wachstum und damit zu mehr Einnahmen führen. Das lässt sich nur schwer beziffern. Aber klar ist: Wenn wir alles so lassen wie bisher, verlieren wir mittelfristig noch viel mehr“, so Merz damals im Interview. Die letzte große Unternehmenssteuerreform stammt aus dem Jahr 2008.

Habecks Vorschlag im Bundestag zielt allerdings nicht auf eine Unternehmenssteuerreform ab. Dem Wirtschaftsminister schwebt ein Sondervermögen vor, das dann ausgezahlt wird, wenn Unternehmen investieren. Über sogenannte „Tax Credit“-Steuervergünstigungen möchte Habeck steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen schaffen. Die Idee dahinter: Einen bestimmten Anteil von Kosten könnten Unternehmen dann über Steuern zurückerhalten. Dieses System kommt schon in Frankreich und Kanada erfolgreich als Förderinstrument zum Einsatz. So können in diesen Ländern beispielsweise Lohnkosten von Mitarbeitern als “Tax Credits“ abgerechnet werden.

Keine Subventionen auf Pump

Die Idee von Wirtschaftsminister Habeck, ein Sondervermögen für strukturelle Wirtschaftsentlastung einzurichten, wurde innerhalb der Koalition sofort zurückgewiesen. FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler sagte, Habecks Vorschlag, Steuerbelastungen der Unternehmen zu verringern, sei bedenkenswert. Es müssten die Rahmenbedingungen für mehr Wirtschaftswachstum verbessert werden. Köhler machte aber deutlich, dass er den Weg über mehr Schulden für falsch hält.

Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat sich inzwischen gegen den Habeck-Vorschlag ausgesprochen. „Die Idee war in jeder Hinsicht überraschend“, sagte Lindner der „Welt am Sonntag“. Der Vorschlag sei nicht abgesprochen gewesen. „Der Wirtschaftsminister sagt damit ja, dass er mit der bestehenden Wirtschaftspolitik der Bundesregierung unzufrieden ist und er etwas komplett anderes für nötig hält“, sagte Lindner.

Lindner betonte weiter, dass auch er eine „Wirtschaftswende“ für notwendig halte und auch darüber mit sich reden lasse. Vom konkreten Vorschlag sei er jedoch nicht überzeugt, „Hunderte Milliarden Euro Schulden zu machen, um Subventionen auf Pump zu zahlen“. So würde man „die soziale Marktwirtschaft deformieren“, so der Finanzminister.

Der FDP-Chef machte in der „Welt am Sonntag“ dann auch eigene Vorschläge und forderte unter anderem ein „ein Dynamisierungspaket, um private Investitionen, Gründergeist und Wettbewerbsfähigkeit zu entfesseln“. Weiter brauche es mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt, etwa durch weniger Bürokratie, und ein Klimaschutzgesetz, „das die planwirtschaftlichen Vorgaben überwindet“. Außerdem forderte Lindner eine Energiepolitik, die sich vor allem auf Versorgungssicherheit und wettbewerbsfähige Preise konzentrieren solle.

„Innerlich aus der Koalition verabschiedet“

Auch FDP-Vize Wolfgang Kubicki hat den Vorstoß von Wirtschaftsminister Habeck in scharfer Weise zurückgewiesen. „Robert Habeck will wie der Weihnachtsmann mit einem schuldenfinanzierten Subventionsprogramm durch das Land gehen, um damit die Unternehmen zu beglücken“, sagte der FDP-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe am Freitag. „Das ist alles, nur keine Wirtschaftspolitik“, so Kubicki weiter.

Auch die Vorgehensweise von Wirtschaftsminister Habeck stößt Kubicki hart auf. „Wer glaubt, mit dem Oppositionsführer über ein Programm in Gespräche zu gehen, über das er nicht einmal mit den Koalitionspartnern gesprochen hat, hat sich innerlich schon aus dieser Koalition verabschiedet.“

„Keine Verlängerung des Ampel-Elends“

Auch die Opposition zeigte sich wenig erfreut über den Habeck-Vorschlag. Gegenüber der „Deutschen Presse-Agentur“ (dpa) sagte CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt: „Deutschland braucht keine neuen Sonderschulden zur Verlängerung des Ampel-Elends. Unternehmen brauchen jetzt die Ausweitung des Energieangebots statt der Verknappung, die Senkung der Unternehmenssteuern statt Steuererhöhungen und weniger Bürokratie statt immer neuem Ampel-Irrsinn. Habecks Ruf nach immer neuen Schulden bekommt von uns eine klare Absage.“

 



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