Trotz Druck durch Grüne und FDP tritt Lauterbach auf der Stelle

Für die selbsternannte „Fortschrittskoalition“ aus SPD, Grünen und FDP ist die Legalisierung von Cannabis ein symbolträchtiges Projekt. Wie schon vorher die Grünen, machte nun auch die FDP Druck auf Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach stellt die Ampel-Pläne zur Cannabis-Legalisierung vor.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach stellt die Ampelpläne zur Cannabislegalisierung vor.Foto: Britta Pedersen/dpa
Von 20. Januar 2023

Die Koalitionspartner scheinen langsam unruhig zu werden. So hatten am Jahresanfang schon die Grünen mehr Tempo bei der Umsetzung eingefordert. „Die kontrollierte Freigabe von Cannabis ist im Koalitionsvertrag vereinbart. Der Gesundheitsminister muss nun zeitnah einen Gesetzentwurf vorlegen“, sagte damals die grüne Gesundheitsexpertin Kirsten Kappert-Gonther, die für das Thema Cannabis in ihrer Fraktion zuständig ist.

Wir wollen schnellstmöglich einen Gesetzentwurf

In der vergangenen Woche zog nun auch die FDP nach. „Wir haben als Zukunftskoalition in unserem Koalitionsvertrag die kontrollierte Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken als Ziel formuliert. Wir wollen entsprechend schnellstmöglich einen Gesetzentwurf“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion Andrew Ullmann dem „Tagesspiegel“.

Für Ullmann ist klar, dass der Weg der Ampelkoalition „legal und legitim“ sei und auch in Europa bestehen werde. Man könne daher „nicht ewig darauf warten, dass wir vorab Signale aus Europa bekommen, bis wir endlich gesetzgeberisch tätig werden.“

EU kann Legalisierungsträume platzen lassen

Tatsächlich ist die Europäische Kommission auf dem Weg der Legalisierung die große Unbekannte. Im sogenannten Notifizierungsverfahren (Prüfung) könnte die Kommission ein Veto gegen die deutschen Pläne einlegen. Das ist zu erwarten, wenn das supranationale Organ der Europäischen Union zur Auffassung kommt, dass die Pläne aus Berlin EU- und internationalem Recht widersprechen.

Die Eckpunkte der Bundesregierung sehen vor, dass Cannabis zukünftig nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft wird. Erwerb und Besitz von bis zu 30 Gramm Cannabis sollen straffrei, privater Eigenanbau in begrenztem Umfang erlaubt und ein Verkauf an Erwachsene in „lizenzierten Fachgeschäften“ und möglicherweise auch Apotheken möglich werden. Ein Gesetz will Lauterbach aber nur auf den Weg bringen, wenn die Pläne einer europa- und völkerrechtlichen Prüfung in Brüssel standhalten.

Lauterbach sucht nach „guten Argumenten“ für Brüssel

Die Europäische Kommission sieht durchaus Probleme bei den deutschen Plänen. Auf einer Pressekonferenz im November hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigt, dass sein Ministerium die Vergabe eines Gutachtenauftrags plane. „Wir geben ein Gutachten in Auftrag, um die EU-Kommission davon zu überzeugen, dass durch unser geplantes Gesetz der Cannabis-Konsum begrenzt werden kann“, so der Minister damals.

In vertraulichen Gesprächen mit der EU-Kommission habe sich gezeigt, dass „sehr gute Argumente“ benötigt würden, um sie vom eingeschlagenen Weg zu überzeugen, so der SPD-Politiker weiter.

Hamburger Institut soll Gutachten verfassen

Inzwischen ist dieser Auftrag an das gemeinnützige Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD Hamburg) gegangen. Das berichtete am vergangenen Mittwoch das „Deutsche Ärzteblatt“, das sich dabei auf eine Information eines Ministeriumssprechers beruft.

Das Gutachten soll bis zum 31. März vorliegen. Der Auftrag sei schon Ende letzten Jahres vergeben worden. Ziel sei es, dem Ministerium rund zwei Wochen vorher die Ergebnisse zu präsentieren, sagte Projektleiter Jakob Manthey vom ISD Hamburg dem „Deutschen Ärzteblatt“ auf Nachfrage. Das Forscherteam habe acht Fragen aus dem Ministerium erhalten, die unter verschiedenen Gesichtspunkten beleuchtet werden sollen. Mit dem Gutachten erhofft sich die Bundesregierung, in Brüssel ihren Standpunkt wissenschaftlich untermauern zu können.

Vorprüfung angekündigt, die nie möglich war

Was das Verfahren auf dem geplanten Weg der Legalisierung angeht, so scheint Lauterbach inzwischen eine Rolle rückwärts gemacht zu haben. Im Oktober, bei der Vorstellung der Eckpunkte, hatte der Gesundheitsminister angekündigt, dass die Eckpunkte in Brüssel zu einer Vorabbegutachtung eingereicht werden. Sollte es in Brüssel Bedenken zu den Regelungen geben, dann würde es keinen Gesetzentwurf geben.

Nicht einmal zwei Monate später, im Dezember, ist alles plötzlich völlig anders. In einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des CSU-Politikers Stephan Pilsinger räumt sein Ministerium ein, dass es rechtlich gar nicht möglich ist, die Ende Oktober vom Bundeskabinett beschlossenen Eckpunkte von der EU-Kommission zunächst freigeben zu lassen, um erst danach einen konkreten Gesetzentwurf zu erarbeiten. Darüber berichtete unter anderem das Magazin „Focus“. „Gemäß den europarechtlichen Vorgaben können nur konkrete Regelungsentwürfe notifiziert werden“, heißt es in der Antwort. Das Ministerium gab weiter an, dass man im Moment an einem Gesetzentwurf arbeite, der dann „im Anschluss der Europäischen Kommission vorgelegt werden soll“.

„Es ist einfach peinlich für einen deutschen Gesundheitsminister, eine Vorabprüfung durch die Europäische Kommission anzukündigen, die von Anfang an so nie möglich war“, sagte Pilsinger dem RND. „Karl Lauterbach ist vielleicht ein guter Theoretiker, aber ein lausiger Praktiker“, so Pilsinger weiter. An diesem Vorgehen sehe man deutlich, dass aus Lauterbach „nicht mehr als ein reiner Ankündigungsminister“ werde.



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