Atomwaffenfreie Zone im Nahen Osten

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Aktivisten bilden Menschenkette bei einer Protestkundgebung gegen ein geplantes AKW in der Türkei.Foto: Mustafa Ozer / AFP / Getty Images
Epoch Times22. Juni 2011

Abschreckung ist der offiziell angegebene Grund, weswegen die Vereinigten Staaten ein nukleares Arsenal von insgesamt über 9.000 Sprengköpfen aufrechterhalten. Die anderen Atommächte haben sich die Theorie der Abschreckung ebenfalls mehr oder weniger zu eigen gemacht.

Das Grundprinzip der Abschreckungsstheorie ist der Gedanke, dass kein rational denkender Führer die Vereinigten Staaten mit atomaren Waffen angreifen würde aus Angst, dass die Vereinigten Staaten zurückschlagen würden und seine Angreifer auslöscht.

Obwohl die Schlagzeilen, die aus dem Nahen Osten kommen, über Revolutionen und Repressionen berichten, bleiben die Atomwaffen in dieser Region ein zentrales Problem. Das iranische Atomprogramm hat dabei bisher die meiste Aufmerksamkeit erhalten.

Der Iran sollte nicht mehr über Kernwaffen verfügen und die aktuellen Atommächte sollten das auch nicht. Aber wenn die Abschreckungstheorie funktioniert, sollte Israels Atomwaffenarsenal von mindestens 200 Waffen, und nicht zu vergessen das viel größere US-Arsenal, den Iran davon abbringen, auch nur an einen nuklearen Angriff zu denken.

Der einzige Grund, weshalb die Abschreckung vielleicht nicht greift, könnte darin liegen, dass die im Iran herrschenden Mullahs irrational sind und sich daher nicht wie die „rationalen“ Herrscher von anderen Ländern abschrecken lassen. Das ist jedoch schlicht falsch. So wie andere angeblich „verrückte“ Regimes wie Libyen, Burma und Nordkorea rational handeln, um ihre Macht zu erhalten, tun die Mullahs das auch. Die Entscheidungen, die sie treffen, mögen wir vielleicht nicht, aber zu ihrer Selbsterhaltung handeln sie ganz rational.

Atomwaffenfreie Zone

Es geht nicht darum, die Theorie der Abschreckung irgendwie zu stützen, sondern sie durch die globale Abschaffung von Atomwaffen obsolet werden zu lassen. Im Nahen Osten wird 2012 in diesem Zusammenhang eine Konferenz unter dem Vorzeichen des Atomwaffensperrvertrags abgehalten, um eine massenvernichtungswaffenfreie Zone in der Region zu schaffen, wie sie bereits in Lateinamerika, der Karibik, in Afrika, Zentralasien, Südostasien, im Südpazifik und in der Antarktis eingerichtet wurden.

Süd- und Südwestasien sind die einzigen Bereiche der südlichen Erdhalbkugel, die derzeit nicht Teil einer atomwaffenfreien Zone sind.

Entgegen der derzeitigen Lage und der Tatsache, dass der Iran für sein Atomprogramm damals Unterstützung von den USA erhielt, hatte der Iran 1974 ironischerweise als erstes Land eine atomwaffenfreie Zone im Nahen Osten gefordert. Er spricht sich immer noch für eine solche aus, wie alle anderen Länder der Region – mit Ausnahme von Israel. Aber Israels Position ist da nicht völlig unverrückbar.

Im September 2009 unterstützte Israel eine Resolution der Internationalen Atomenergiebehörde für eine solche Zone. Und es entstanden Gerüchte, dass Israel vielleicht nur an der Konferenz teilnehmen würde, um nicht als Quertreiber angesehen zu werden. Israel würde sicherlich von einer Massenvernichtungswaffen-freien Zone profitieren, da es keine nukleare Aufrüstung in der Region haben will.

Das Problem der Atomwaffen im Nahen Osten erstreckt sich weit über Israel und den Iran hinaus. Die Türkei, Saudi-Arabien, Ägypten, Syrien, die Vereinigten Arabischen Emirate und vielleicht andere Länder in der Region könnten sich auch Atomenergie nutzbar machen.

Die neuen, mehr demokratischen Regierungen, die gerade aus dem aktuellen arabischen Frühling entstehen, könnten helfen, sich mit diesen schwierigen Fragen der regionalen Sicherheit zu befassen. Hoffnung hierzu besteht insoweit, als sie ihren Bürgern gegenüber mehr Transparenz und Verantwortung zeigen als ihre Vorgänger.

Washington und die Zone

Es ist unwahrscheinlich, dass sich die Vereinigten Staaten im Jahr der Präsidentschaftswahl für die Frage einer atomwaffenfreien Zone im Nahen Osten in einer offenen Art und Weise engagieren werden. Tatsächlich könnten die Vereinigten Staaten geringe Erwartungen in die Konferenz setzen oder eine Führungsrolle bei der Einberufung der Konferenz anbieten, aber nur, um Israel zu schützen. Dennoch arbeiten internationale Gruppen der Zivilgesellschaft und Friedensaktivisten zur Gründung einer solchen Zone zusammen. Darunter viele aus der Region.

Da durch den relativen Niedergang der amerikanischen Macht und dem Aufstieg anderer regionaler Mächte die Entwicklung zu einer multipolaren Welt tendiert, können die Vereinigten Staaten und Israel nicht weiterhin die anderen Länder der Region ignorieren.

Die Einrichtung einer massenvernichtungswaffenfreien Zone im Nahen Osten könnte einen Dominoeffekt für den regionalen Frieden auslösen. Die Zone könnte für Israel über eine größere Transparenz eine Stärkung des Vertrauens in die regionale Sicherheit bewirken.

Diesen Monat hat die Obama-Regierung dem Senat zwei Protokolle zur Gründung ähnlicher Zonen in Afrika und der Südsee unterbreitet. Jetzt ist es an der Zeit, sich dem Nahen Osten zuzuwenden, wo eine massenvernichtungswaffenfreie Zone helfen könnte, schreckliche Alternativen abzuwenden – einen potenziellen Israel-Iran-Konflikt, ein regionales Wettrüsten oder einen katastrophalen Weltkrieg.

Kevin Martin ist Geschäftsführer von Peace Action und Mitarbeiter von Foreign Policy in Focus. Die 1957 gegründete Peace Action (vormals SANE / Freeze) ist die größte US-Friedens- und Abrüstungsorganisation.

Artikel auf Englisch: Zoning Out Nukes in the Middle East

 



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