Brasilien wählt – es droht ein politisches Erdbeben

Bolsonaro, der "Donald Trump Brasiliens" : Viele Brasilianer setzen bei der kommenden Präsidentschaftswahl große Hoffnungen auf Bolsonaro. Die Frustration über korrupte Machteliten ist groß, Gewalt und Kriminalität bestimmen den Alltag.
Titelbild
Unterstützer des rechten Präsidentschaftskandidaten Jair Bolsonaro auf der Paulista Avenue, in Sao Paulo, Brasilien, 30. September 2018.Foto: MIGUEL SCHINCARIOL/AFP/Getty Images
Epoch Times5. Oktober 2018

Bei der Präsidentschaftswahl am Sonntag entscheiden die Brasilianer darüber, ob ihr von Korruptionsskandalen und Gewaltkriminalität erschüttertes Land nach rechts rückt: Jair Bolsonaro hat in Umfragen deutlich zugelegt und könnte die erste Wahlrunde mit Abstand gewinnen.

Eine Umfrage sah den 63-jährigen Ex-Offizier am Donnerstag bei 35 Prozent – 13 Punkte vor Lulas Ersatzkandidat Fernando Haddad. Die anderen Kandidaten landen weit abgeschlagen dahinter. Für die mögliche Stichwahl am 28. Oktober wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Bolsonaro und Haddad vorhergesagt.

Brasilien ist vor dem Urnengang, bei dem auch das nationale Parlament, die Regionalparlamente und die Gouverneure der Bundesstaaten neu bestimmt werden, tief gespalten. Die Armen trauern dem für seine Sozialprogramme gerühmten Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva nach, der wegen Korruption und Geldwäsche im Gefängnis sitzt und nicht zur Wahl antreten darf. Andere begeistern sich für die Null-Toleranz-Rhetorik von Bolsonaro.

Null-Toleranz-Politik gegen die Gewalt im Land

Wegen Bolsonaros letzten Aussagen gingen vergangene Woche hunderttausende Frauen in Brasilien auf die Straße. Bolsonaro selbst wurde Anfang September bei einem Wahlkampfauftritt Opfer eines Messerangriffs. Seither stiegen seine Umfragewerte rasant.

„Die Brasilianer haben wirklich genug von dieser Gewalt“, sagt der Polizist Ericky Tostes, der Bolsonaro wählen will. „Ich habe aufgehört, die Toten in unseren Reihen und die Beerdigungen von Freunden und Kollegen zu zählen.“

Auch der Taxifahrer Carlos Alberto da Silva will seine Stimme dem Bolsonaro geben. „Er ist dafür, Vergewaltiger kastrieren zu lassen und Soldaten an Schulen zu postieren, damit Lehrern mit Respekt begegnet wird“, sagt der 50-Jährige.

Bolsonaro setzt im Wahlkampf auf die sozialen Netzwerke. Über die konventionellen Verbreitungswege hätte er es deutlich schwerer, die Wähler anzusprechen, denn in Brasilien bestimmt die Größe einer Partei im Parlament die Dauer der Wahlwerbung ihres Kandidaten im Fernsehen.

Bolsonaros Sozialliberale Partei stellt lediglich acht der 513 Abgeordneten im Unterhaus. Bei der Parlamentswahl dürfte sich diese Zahl nicht nennenswert erhöhen. Der Präsidentschaftskandidat jedoch könnte ein politisches Erdbeben auslösen.

Große Hoffnungen – viel Frust bei den Brasilianern

Viele Brasilianer setzen große Hoffnungen auf Bolsonaro. Die Frustration über korrupte Machteliten ist groß, Gewalt und Kriminalität bestimmen den Alltag. Bolsonaro wird scherzhaft auch der „Donald Trump Brasiliens“ genannt. Über die Militärdiktatur der Jahre 1964 bis 1985 sagte er einmal, deren Fehler habe darin bestanden, „zu foltern, aber nicht zu töten“.

Bolsonaro äußerte sich eher respektlos über Schwarze, Homosexuelle und Frauen. Er habe eine Siedlung von Afrobrasilianern besucht, und der leichteste Bewohner habe 80 Kilogramm gewogen, sagte er einmal. Seine Schlussfolgerung: „Sie tun nichts.“

Seine Frauenfeindlichkeit brachte Bolsonaro nicht nur in der Frage der Berufstätigkeit zum Ausdruck, sondern auch beim beim Thema Vergewaltigung: Zur linken Abgeordneten Maria do Rosario sagte er einmal: „Ich würde Sie nicht vergewaltigen, Sie verdienen es nicht.“

Darauf angesprochen bekräftigte Bolsonaro in einem Interview 2014, sie sei „hässlich“ und „nicht sein Typ“. Wäre er ein Vergewaltiger, „würde ich es bei ihr nicht tun, weil sie es nicht verdient“. (afp)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion