Nicaraguas Armee geht auf Distanz zu Staatschef Ortega – Auswärtiges Amt rät von Reisen ab
In dem seit Wochen andauernden Konflikt in Nicaragua ist das Militär auf Distanz zu Staatschef Daniel Ortega gegangen. Der Armeesprecher Manuel Guevara sagte der Nachrichtenagentur AFP am Samstag (Ortszeit), es gebe keinen Grund, regierungskritische Demonstrationen zu unterdrücken.
Der Oberst fügte hinzu: „Wir denken, dass die Lösung im Dialog liegt“. Bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften wurden seit Mitte April nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Cenidh 51 Menschen getötet und mehr als 400 verletzt.
In einer Erklärung riefen die Streitkräfte dazu auf, keine Gewalt anzuwenden und Aktionen zu unterlassen, die zur Destabilisierung führen könnten. Zugleich drückten sie den Angehörigen der Opfer ihr Mitgefühl aus. Soldaten werden in dem zentralamerikanischen Land unter anderem zum Schutz strategisch wichtiger Einrichtungen eingesetzt.
Proteste gegen den autoritären Regierungsstil von Ortega und seiner Frau
Unterdessen weiteten sich die Proteste aus. Die heftigsten Zusammenstöße gab es in der Stadt Masaya südöstlich der Hauptstadt Managua. Demonstranten bauten dort Barrikaden. Die Sicherheitskräfte gingen mit Schüssen und Tränengas gegen die Regierungsgegner vor.
Die Menschenrechtsgruppe ANPD sprach von mehr als hundert Verletzten. Der Vorsitzende der nicaraguanischen Bischofskonferenz, Leopoldo Brenes, erklärte, er habe Informationen über einen Todesfall. Der Kardinal rief die Konfliktparteien auf, nach einer friedlichen Lösung zu suchen.
Rentenkürzung wegen Massenprotesten zurückgezogen
Der linke und frühere Guerilla-Führer Ortega sprach sich in einer im Fernsehen verlesenen Erklärung für ein Ende des Blutvergießens und ein friedliches Zusammenleben aus. Die Regierung verurteilte zugleich, dass „vandalische Gruppen“ zwei Bürgermeisterämter, ein Büro der sandinistischen Regierungspartei und einen Lastwagen in Brand setzten.
Die Massenproteste gegen die Regierung hatten sich am 18. April an Plänen für Rentenmaßnahmen entzündet, die Ortega angesichts des Widerstands dagegen schon bald wieder zurückzog. Das Projekt sah eine Steigerung der Beiträge von Unternehmern und Beschäftigten bei gleichzeitiger Kürzung der Renten um fünf Prozent vor. Damit sollte das Defizit in Nicaraguas Sozialsystem verringert werden.
Im östlichen Chontales errichteten mehr als tausend Bauern Straßensperren und blockierten den Verkehr von Lastwagen mit Nahrungsmitteln für die Märkte der Hauptstadt.
Dort schützten sich Händler mit Barrikaden aus Pflastersteinen gegen Plünderer. Auch Universitätsstudenten protestierten in Managua erneut gegen die Regierung.
Auswärtiges Amt rät von Reisen nach Nikaragua ab
Der Unmut der Demonstranten richtet sich inzwischen aber auch gegen den autoritären Regierungsstil Ortegas und seiner Ehefrau, Vizepräsidentin Rosario Murillo. Die Demonstrationen mit zehntausenden Teilnehmern waren die bislang heftigsten Proteste in Ortegas Amtszeit.
Der 72-jährige Politiker der Nationalen Sandinistischen Befreiungsfront (FSLN) und ehemalige Guerillakämpfer regiert Nicaragua seit elf Jahren.
Das Auswärtige Amt in Berlin riet unterdessen von nicht erforderlichen Reisen nach Nicaragua ab. Demonstrationen, Mahnwachen und Protestaktionen könnten „aufgrund von Zusammenstößen mit Schlägertrupps oder Polizeikräften jederzeit in gewaltsame Auseinandersetzungen umschlagen“. (afp)
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