Terroranschläge: Wie gefährdet ist Deutschland wirklich? Generalbundesanwalt Peter Frank gibt Auskunft

Der Terrorismus sei schon über zehn Jahre in Deutschland, sagt Generalbundesanwalt Peter Frank. Deutschland stehe seit langem im Fadenkreuz des Terrorismus. Szenarien wie in Nizza wären durchaus auch in Deutschland denkbar. Die Strafverfolgungsbehörden müssten deshalb in die Lage versetzt werden, Kommunikation von Beschuldigten effektiver überwachen zu können.
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Ein pakistanischer Journalist beim Besuch eines Geschäftes, in dem der Name des afghanischen Taliban-Führers Mullah Mohammad Omar an der Wand geschrieben steht.Foto: BANARAS KHAN / AFP / Getty Images
Von 30. November 2016

Im Interview mit dem „Focus“ plädiert Generalbundesanwalt Peter Frank für neue Befugnisse im Kampf gegen Terroristen und Schwerkriminelle. Seiner Meinung nach sollen Messenger-Dienste wie WhatsApp künftig überwacht werden können.

„Focus“ spricht von Würzburg, Ansbach und dem Sprengstoff-Fund in Chemnitz und fragt, wie groß die Gefahr für Terroranschläge wirklich sei. „Der islamistische Terrorismus ist nicht erst vor vier Monaten in Deutschland angekommen“, so Frank. „Er ist seit mehr als zehn Jahren hier! Denken Sie an die Anschlagspläne der Sauerlandgruppe, die Kölner Kofferbomben, den Sprengsatz am Bonner Hauptbahnhof oder den Mordanschlag auf zwei US-Soldaten am Flughafen Frankfurt am Main. Deutschland steht seit Langem im Fadenkreuz des Terrorismus. Die Attentate von Würzburg und Ansbach haben das wieder augenfällig gemacht.“

Würzburg habe allerdings gezeigt,  dass wir es mit einer neuen Qualität von Anschlägen zu tun hätten, bei denen Alltagsgegenstände wie Äxte, Messer, Beile oder Autos benutzt würden. Man denke auch nur an den LKW in Nizza. Für Frank ist so ein Szenario auch durchaus für Deutschland denkbar.

Was wird aus den ausländischen Kämpfern, wenn sie Syrien wieder verlassen?

Steigt das Anschlagsrisiko durch den Niedergang der Terrormiliz IS in Syrien und im Irak? Peter Frank: „Der sogenannte Islamische Staat ist in den letzten Wochen unter Druck geraten. Daraus ergeben sich natürlich verschiedene Fragen. Eine davon lautet: Was wird aus den ausländischen Kämpfern? Werden sie Syrien verlassen? Und wenn ja, wohin? Allein aus Deutschland sind etwa 900 Personen nach Syrien ausgereist. Einige von ihnen sind schon zurückgekehrt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass noch weitere in unser Land zurückkommen. Aber wir dürfen nicht vergessen: Die Terrorgefahr ist auch unabhängig von dieser Entwicklung hoch.“

Ob die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung zu dieser Gefahr beigetragen habe, darüber wollte sich der Chef der Bundesanwaltschaft nicht äußern. Aber nach Ermittlungen der französischen Nachbarn müsse man davon ausgehen, „dass der IS Terroristen unter anderem über die sogenannte Balkanroute nach Westeuropa geschickt hat.“

Bei der Frage der Terrorbekämpfung ist Frank im Unklaren darüber, „ob die rechtlichen Befugnisse und die technischen Möglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden den aktuellen Anforderungen entsprechen.“ Wenn nicht, dann müsste die Politik überlegen, „ob sie nachjustiert“.

Die Telekommunikation sei lange Zeit ein Eckpfeiler in der Bekämpfung des Terrorismus gewesen. Die technische Entwicklung habe das aber nun erschwert, meint Frank.

Messenger-Dienste bräuchten effektivere Überwachung

Der Generalstaatsanwalt sieht es als seine Pflicht an, „auf die bestehenden Defizite hinzuweisen“. Die Strafverfolgungsbehörden müssten wieder in die Lage versetzt werden, Kommunikation von Beschuldigten effektiv überwachen zu können. Beschuldigte nutzten zum Beispiel Messenger-Dienste, auf die Strafverfolger oft nicht zugreifen könnten. Hier brauche es eine rechtliche Anpassung. Eine Empfehlung an das Bundesjustizministerium und den Justizministerien der Länder stehe laut Frank zur Verfügung.

Frank verweist aber gleichermaßen darauf, dass dabei Persönlichkeitsrechte weiterhin ausreichend geschützt werden müssten. Wie das gewährleistet werden könne, sei Sache der Politik. Das Gesetz müsse nicht geändert werden, aber es bedürfe einer gesetzlichen Klarstellung.

Ob Angesichts der Terrorlage noch zähe Debatten geleistet werden könnten, ob Fahnder den Chat eines Bombenbauers mitlesen dürften, beantwortet Frank mit den Grundlagen einer freiheitlichen Demokratie, in der Meinungen diskutiert würden. „Wenn wir anfangen zu sagen, ab jetzt wird nur noch von oben herab entschieden, dann geben wir unsere pluralistische Gesellschaft auf, also genau das, wofür unsere Vorväter und Vormütter gekämpft haben.“

Für eine weitere Ausdehnung der Gesetze zur Terrorbekämpfung sieht der Generalbundesanwalt momentan keinen Bedarf.



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