Gegen Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Gesellschaft für bedrohte Völker feiert 50-jähriges Bestehen

2018 feiert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) ihr 50-jähriges Bestehen. Ein halbes Jahrhundert Einsatz für ethnische und religiöse Minderheiten, Nationalitäten und indigene Gemeinschaften, gegen Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, für den Schutz der Zivilbevölkerung in Kriegen. Folgender Bericht fasst wichtige Stationen ihres Engagements zusammen.
Titelbild
Die Gesellschaft für bedrohte Völker erinnerte an die Unterdrückung der Tibeter …Foto: John Macdougall/AFP/Getty Images
Epoch Times11. September 2018

1968 – das ist nicht nur das Jahr der Studentenbewegung, ihres Aufbegehrens gegen verknöcherte Autoritäten, die Elterngeneration und den Vietnamkrieg. 1968 war auch die Geburtsstunde der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Die heute in Göttingen ansässige internationale Menschenrechtsorganisation, die sich für ethnische und religiöse Minderheiten, Nationalitäten und indigene Gemeinschaften stark macht, feiert 2018 ihr 50-jähriges Bestehen. Bis heute engagiert sie sich besonders gegen Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie für den Schutz der Zivilbevölkerung im Krieg.

Der grausame Krieg der nigerianischen Regierung gegen das nach Unabhängigkeit strebende Biafra im Nordosten des Landes, in dem Hunger als Waffe eingesetzt wurde, erschütterte den Studenten Tilman Zülch 1968 so sehr, dass er gemeinsam mit anderen die „Aktion Biafra-Hilfe“ gründete. Sie riefen zu Spenden für die Nothilfe der christlichen Kirchen auf und initiierten Aufsehen erregende politische Aktionen gegen die fortgesetzten Waffenlieferungen Großbritanniens und der damaligen Sowjetunion an Nigeria. Unterstützt wurden diese Menschenrechtsinitiativen von zahlreichen Intellektuellen und Schriftstellern wie Günter Grass, Erich Kästner, Ernst Bloch oder Paul Celan. Der Völkermord an den Igbo in Biafra forderte damals bis zu zwei Millionen Opfer – vor allem Kinder, ältere und schwächere Personen.

Ermuntert von bisherigen Spendern und Unterstützern, wandten sich die Menschenrechtler nach dem Biafra-Krieg anderen ethnischen Minderheiten zu, die blutig verfolgt, vertrieben oder diskriminiert wurden wie die Kurden im Irak, die Südsudanesen unter sudanesischer Gewaltherrschaft oder die Papua unter indonesischem Regime. Aber auch die Rechte der Sinti und Roma in Deutschland, die damals noch abschätzig „Zigeuner“ genannt wurden, galt es durchzusetzen. Aus der „Aktion Biafra-Hilfe“ war die Gesellschaft für bedrohte Völker entstanden. Ihr Motto ist bis heute: „Auf keinem Auge blind“.

Obwohl Alarmrufe heute mit modernsten Kommunikationsmitteln in Echtzeit verbreitet werden können, ist die in Göttingen ansässige Menschenrechtsorganisation wichtiges Sprachrohr für ethnische und religiöse Minderheiten in größter Not und Bedrängnis geblieben. „Eine unserer wichtigsten Aufgaben ist es bis heute, Opfern schwerer Menschenrechtsverletzungen Gehör zu verschaffen, Politiker an ihre Verantwortung zu erinnern und die Rechte der Betroffenen auch vor internationalen Gremien einzufordern“, sagt Ulrich Delius (59), der seit Frühjahr 2017 Direktor der GfbV ist. Die GfbV hat beratenden Status bei den Vereinten Nationen und reicht dort Stellungnahmen zur Lage bedrohter Minderheiten und Nationalitäten ein. So werden Menschenrechtsverletzungen öffentlich angeprangert, auch wenn sie von Gewaltherrschern vertuscht werden sollen.

GfbV-Gründer Tilman Zülch (79) war fast fünf Jahrzehnte lang unermüdlicher und unbestechlicher Anwalt für verfolgte ethnische und religiöse Minderheiten. Als unbequemer Mahner bekannt kämpfte er stets mit Blick auf die Menschen und nicht auf die Ideologie für Minderheitenrechte sowie gegen Völkermord und Vertreibung. Er stand an der Spitze vieler Menschenrechtskampagnen: für die offizielle Anerkennung des Völkermordes der Nazis an den Sinti und Roma, gegen die Verfolgung der Yeziden, Kurden und assyrisch-aramäisch-chaldäischen Christen im Nahen Osten oder für die Durchsetzung der Rechte der First Nations in den Staaten des amerikanischen Kontinents, die dank der GfbV 1977/78 in ganz Europa über die Lage ihrer Gemeinschaften informieren konnten. Ihre Vorträge füllten ganze Hörsäle. Ende der 80-er Jahre deckte die GfbV die Beteiligung deutscher Firmen am Aufbau einer Giftgasindustrie im Irak auf. Beim Giftgasangriff der irakischen Armee unter Diktator Saddam Hussein auf die kurdische Stadt Halabja 1988 waren rund 5.000 Menschen qualvoll ums Leben gekommen.

Im Bosnienkrieg (1992-1995) war die GfbV die nachdrücklichste Stimme im deutschen Sprachgebiet, die die Verbrechen serbischer Truppen an bosnischen Muslimen beim Namen nannte: Völkermord und Massenvertreibung, Konzentrations- und Vergewaltigungslager, standrechtliche Erschießungen, die gezielte Tötung von Zivilisten durch Heckenschützen. „Wir waren entsetzt, dass das Europa des ausgehenden 20. Jahrhunderts nicht schnellstens einen Weg fand, diesen Verbrechen gegen die Menschlichkeit Einhalt zu gebieten“, erinnert sich Delius an diese Zeit. Damals arbeitete manchmal ein großer Teil der GfbV-Belegschaft gemeinsam an der Vorbereitung von Demonstrationen, Großkundgebungen oder Menschenrechtsaktionen gegen die Lethargie der Politik. Sie organisierten Kongresse, Anhörungen und Informationsveranstaltungen, befragten überlebende Augenzeugen, alarmierten die Medien. Das in Den Haag eingerichtete internationale Kriegsverbrechertribunal bestätigte in seinen Urteilen später viele der schweren Vorwürfe der GfbV gegen die serbische Führung.

Aber auch das Engagement für andere ethnische und religiöse Minderheiten und Nationalitäten in aller Welt wurde und wird bei der GfbV nicht vernachlässigt. Es gibt schlagkräftige Menschenrechtskampagnen für die von illegalen Holzfällern und Drogenbaronen bedrohte indigene Gemeinschaft der Ashaninka im brasilianisch-peruanischen Amazonasgebiet, für die um ihr Land ringenden Mapuche in Chile, für Maya-Bürgerrechtler und –Umweltschützer in Guatemala, für die unter ständig neuer Vertreibung leidenden Nuba und Darfuri im Sudan, für unterdrückte Tibeter und Uiguren in China, für bedrängte Christen in Pakistan, Indonesien oder Nigeria, für die gejagten muslimischen Rohingya aus Burma oder für die Befreiung der Sklaven in Mauretanien bis hin zum Einsatz für Roma, die vor Verelendung aus den Staaten Osteuropas flüchten, um ihren Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Ein ganz großes Thema war in den vergangenen Jahren die Lage der Kurden, Christen und Yeziden in Syrien, der Türkei und im Irak, aber auch der Kopten in Ägypten.

Getragen wird die GfbV von ihren rund 15.000 Mitgliedern, Förderern und Spendern. Sie garantieren mit ihren Beiträgen die Unabhängigkeit der Menschenrechtsorganisation mit ihren 17 hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ehrenamtliche Unterstützung wird gern angenommen: So sind bundesweit 15 Regionalgruppen aktiv, die Vorträge organisieren, kritische Filme zeigen, Flüchtlinge oder politische Gefangene unterstützen oder zu ausgewählten Themenfeldern aktiv sind. 2017 verfügte die GfbV über ein Budget in Höhe von rund drei Millionen Euro. Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen hat der GfbV mit seinem Spendensiegel bescheinigt, mit den ihr anvertrauten Geldern sorgfältig und verantwortungsvoll umzugehen.



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