Union bleibt anders: Kritik und Reformgedanken erlaubt

Kritische Äußerungen über den Bundesliga-Neustart waren aus dem Fußball-Business selbst kaum zu hören. Und wenn, dann wurden sie schnell relativiert. Bei Union Berlin lief das anders. Neven Subotic wurde so zum Sinnbild des mündigen Profis.
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Union Berlins Neven Subotic hatte sich kritisch zum Bundesliga-Neustart geäußert.Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa/dpa
Epoch Times16. Mai 2020

Ob solche Äußerungen auch bei den Bayern-Bossen einfach so durchgegangen wären? Im Vorlauf zum Bundesliga-Neustart am Sonntag (18.00 Uhr/Sky) gegen den Rekordmeister aus München haben sich die Union-Profis Neven Subotic und Felix Kroos nachdenklich und kritisch zu Wort gemeldet.

Was anderswo zu Relativierungen und Gegendarstellungen geführt hätte, wurde beim Berliner Aufsteiger recht unaufgeregt zur Kenntnis genommen und als Meinungsfreiheit registriert. Der 1. FC Union Berlin ist im ersten Bundesliga-Jahr immer noch ein bisschen anders – und will es wohl auch bleiben.

Im fließenden Englisch hatte Subotic vor einer Woche bei der BBC sehr wortgewandt Bedenken geäußert über die im Fußball-Business ansonsten laut beklatschte Saisonfortsetzung. Alles ein bisschen zu schnell, alles ein bisschen zu unreflektiert, lautete die Botschaft des 31-Jährigen. Und: „Der finanzielle Aspekt wurde hervorgehoben.“

In mehreren Interviews präzisierte Subotic dann seine Haltung und mahnte unter anderem mehr Mitspracherecht für Profis an – aber auch mehr gelebte Eigenverantwortung. „Ich wünsche mir, dass mehr Fußballer ihr Verhalten hinterfragen und sich ihrer Rolle in der Zivilgesellschaft bewusst werden“, sagte der für sein soziales Engagement bekannte ehemalige serbische Nationalspieler.

Ein Sturm der Entrüstung blieb aus. Im Gegenteil: Mitspieler Felix Kroos sprang dem Verteidiger verbal zur Seite. „Es ging nicht ihm oder es geht den Spielern nicht darum, eine Entscheidung zu treffen, sondern einfach gehört zu werden, um im Prozess der Entscheidungsfindung ein Wort mitreden zu können“, sagte Kroos der Deutschen Presse-Agentur.

Im Endeffekt seien es die Spieler, die sich in Zeiten der Coronavirus-Krise einem Gesundheitsrisiko aussetzen. „Die Leute in der DFL holen sich keinen Kreuzbandriss oder brechen sich kein Bein“, sagte der jüngere Bruder von 2014-Weltmeister Toni Kroos. „Das sind wir, die der Gefahr ausgesetzt sind, was die Gesundheit betrifft. Und da wünscht man sich schon auch, eine Stimme zu haben.“

Kam nun eine glattgebügelte Gegendarstellung? Wieder nicht. Beim 1. FC Köln hatte sich der Belgier Birger Verstraete nach seiner geäußerten Sorge öffentlich relativierend erklärt. Bei Union hatte Trainer Urs Fischer selbst zuvor schon Subotic als mündigen Spieler gelobt. „Ich glaube auch, dass man andere Meinungen zulassen sollte. Neven hat bei mir nie den Eindruck gemacht und sich auch nie so klar geäußert, dass er keine Lust hat“, sagte der Schweizer im Interview des Fernsehsenders RBB.

Die Union-Familie kultiviert den sozialkritischen Ansatz. Die Historie als ostdeutscher Arbeiterverein mit Distanz zum Establishment ist mittlerweile ein Label. Club-Präsident und Unternehmer Dirk Zingler selbst postuliert immer wieder Reformgedanken und tat dies auch schon vor Corona-Zeiten.

„Natürlich ist dem Fußball angeraten, mal über sein Wertegerüst, über seine Organisation an sich, nachzudenken. Wir tun das schon lange. Vor zwei Jahren haben wir ein Positionspapier rausgebracht. Da steht vieles drin vom dem, was heute gefordert wird wie die Deckelung von Gehältern oder eine faire Verteilung von Erlösen. All diese Themen sind ja nicht erst seit der Corona-Krise aktuell“, erklärte der Clubchef kürzlich auf der Vereins-Homepage. Am Sonntag könnte er darüber auch mit den Bayern-Bossen sprechen – mit dem gefordertem Corona-Mindestabstand versteht sich. (dpa)



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