BSI sieht Hamburger Hafen als „kritische Infrastruktur“ – Kippt der China-Deal?

Außenministerin Baerbock ist gerade in China. Wird es bei den Gesprächen auch um den Hamburger Hafen gehen? Mit der Einordnung des Hafens als „kritische Infrastruktur“ steht möglicherweise ein erneutes Prüfverfahren vor der Tür.
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Ein Containerschiff wird im Hamburger Hafen entladen.Foto: iStock
Von 14. April 2023

Platzt nun doch noch der China-Deal mit dem Hamburger Hafen? Obwohl Kanzler Scholz wegen des geplanten Einstiegs des chinesischen Unternehmens Cosco intervenierte und das Geschäft durchsetzte, taucht jetzt ein neues Hindernis auf.

Nach einer Recherche von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“ stuft das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) das Terminal Tollerort mittlerweile als kritische Infrastruktur und damit als besonders schützenswert ein.

Hamburger hängen sehr an dem Geschäft mit China

In den Medien taucht die Frage auf, warum diese Einschätzung des BSI erst jetzt publik wird. Wurde die Weitergabe von Informationen bewusst verzögert?

Neben dem Kanzler und Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) liegt dem Hamburger Hafen sehr an dem Geschäft mit China. Fürchtet man doch, dass der Hamburger Hafen von der europäischen Konkurrenz in Rotterdam oder Antwerpen abgehängt wird, wo Peking sich bereits massiv beteiligt. Auch ist China bereits jetzt der mit Abstand größte Handelspartner des Hamburger Hafens, wie es durch den Hafenbetreiber heißt.

Der regierende rot-grüne Hamburger Senat hat grünes Licht für das Geschäft mit Cosco gegeben. Aus der Opposition in der Hansestadt, allen voran der AfD, gibt es jedoch mächtigen Gegenwind. Auch auf Bundesebene standen sechs Bundesministerien gegen den Hafendeal mit Peking auf – sie gingen auf Konfrontationskurs mit Kanzler und Hafenmanagement.

Hafen: Einstufung führt zu keinen wesentlichen Veränderungen

Für das Terminal Tollerort gebe es inzwischen eine Registrierung als kritische Infrastruktur, sagte eine Sprecherin der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) am 12. April in Hamburg.

Aus Sicht des Unternehmens ergäben sich durch die Registrierung jedoch keine wesentlichen Veränderungen. „Der HHLA Konzern ist bereits seit 2018 als kritische Infrastruktur eingestuft und hat sich entsprechend aufgestellt. Die damit einhergehenden Pflichten zur Sicherheit der IT-Infrastruktur erfüllt das Unternehmen bereits seitdem vollumfänglich“, so die Sprecherin.

Aus der Hamburger Bürgerschaft fordern sowohl die AfD als Fraktion als auch einzelne Vertreter von Grünen und FDP eine erneute kritische Überprüfung des Investitionsvorhabens.

So erklärte der hafenpolitische Sprecher und parlamentarische Geschäftsführer der Hamburger AfD, Krzysztof Walczak: „Wir lehnen es weiterhin ab, der chinesischen Kommunistischen Partei Kontrolle über Teile unseres Hafens zu geben.“ Trotz der globalen Entwicklungen seien leider keine Bemühungen von Olaf Scholz und Peter Tschentscher erkennbar, deutsche oder europäische Alternativen zu einem chinesischen Einstieg zu erwägen. „Das Mindeste ist nun, dass der China-Deal erneut auf den Prüfstand kommt.“

Walczak hofft, dass die Weitergabe von Informationen nicht bewusst durch den Hafenbetreiber verzögert wurde, um den durch die SPD-forcierten Einstieg Pekings einfacher durchzusetzen.

Ähnlich äußerte sich die Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge am Mittwoch gegenüber dpa: „Die Bundesregierung sollte diese neue Bewertung zum Anlass nehmen, die Beteiligung von Cosco am Hamburger Hafen noch einmal sehr kritisch zu überprüfen. Die Beteiligung von Cosco am Hamburger Hafen ist ein Fehler.“

Kritische Infrastruktur müsse geschützt werden, so Dröge weiter. „Gerade hier dürfen wir uns von autoritären Staaten nicht abhängig und erpressbar machen. Das gefährdet unsere Sicherheit und Souveränität und schadet am Ende auch der deutschen Wirtschaft.“

Für den Hamburger FDP-Energiepolitiker Michael Kruse mache die Einordnung des BSI eine erneute Überprüfung der chinesischen Staatsbeteiligung „unausweichlich“, berichtet LTO.

Wirtschaftsministerium prüft Auswirkungen

Das Wirtschaftsministerium unter Robert Habeck (Grüne) hält sich derzeit mit konkreten Aussagen zurück. Da sich die Voraussetzungen geändert hätten, prüfe das Ministerium die Auswirkungen auf den Sachverhalt, erklärte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums lediglich am 12. April in Berlin.

Entsprechend der Außenwirtschaftsverordnung eröffnet die Einstufung als „kritische Infrastruktur“ durch den BSI dem Bundeswirtschaftsministerium bei einer erneuten Investitionsprüfung mehr Möglichkeiten, eine Übernahme durch Cosco zu untersagen.

Das Ministerium unter Habeck hat nun auch das letzte Wort. Zuvor entscheidet bei solchen Investitionen das Bundesinnenministerium, was zur sogenannten kritischen Infrastruktur zählt. Dabei geht es um die Frage, ob eine Investition von Unternehmen aus Nicht-EU-Staaten in bestimmte Einrichtungen genehmigt wird oder nicht.

Auf Anfrage der Epoch Times teilte das Bundesinnenministerium mit, dass es am 13. Januar 2023 vom BSI über die neue Einstufung des Hamburger Hafens in Kenntnis gesetzt wurde. Das Bundeswirtschaftsministerium antwortete bisher noch nicht.

Cosco und die bisherigen Regelungen

Cosco gilt als weltgrößter Terminalbetreiber. China-Experten sehen in einem Einstieg des chinesischen Logistik-Giganten in Hamburg Risiken für die Sicherheit Deutschlands. Wichtige Infrastruktur in den Händen der KP China bietet Peking Möglichkeiten, die Wirtschaft anderer Nationen zu schädigen, befürchten sie. Außerdem könnten sie genutzt werden, um der chinesischen Wirtschaft Vorteile zu verschaffen. Die Beteiligung oder Übernahme von Häfen gilt als Teil der langfristigen Strategie der KP Chinas wirtschaftlicher und politischer Weltführer zu werden.

Da sich die Minister mit ihrer Ablehnung einer chinesischen Beteiligung am Hamburger Hafen gegen Kanzler Scholz nicht durchsetzten konnten, einigte man sich bisher auf eine Reduzierung des Übernahmevolumens von ursprünglich 35 Prozent auf unter 25 Prozent. Damit würde Cosco ein Viertel des Containerterminals übernehmen.

Die jetzt bekanntgewordene Einstufung des Hamburger Hafens durch das BSI als „besonders kritische Infrastruktur“ bringt ein wichtiges Argument der Befürworter ins Wanken.

So erklärte SPD-Chef Lars Klingbeil noch vor geraumer Zeit, es gehe um eine Minderheitenbeteiligung an einem Terminal und nicht darum, dass man die Chinesen in die kritische Infrastruktur reinließe.

Ins gleiche Horn blies damals auch Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD): „Weder China noch andere Länder sollten Zugriff auf die kritische Infrastruktur in Deutschland haben.“



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