Bundesbank-Verluste: Müssen deutsche Steuerzahler einspringen?

Die Bundesbank hat massive Verluste durch Anleihen erlitten und könnte in Zukunft finanzielle Unterstützung benötigen. Der Bundesrechnungshof befürchtet, dass dem Steuerzahler eine hohe Rechnung auftischt werden könnte. Das Bundesfinanzministerium wiegelt ab.
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel sieht im Kampf gegen hohe Inflation auch Politik und Wirtschaft in der Pflicht.
Bundesbankpräsident Joachim Nagel sieht im Kampf gegen hohe Inflation auch Politik und Wirtschaft in der Pflicht.Foto: Hannes P. Albert/dpa
Von 1. Juli 2023

Muss die Bundesbank in naher Zukunft wegen zu hoher Verluste vom Steuerzahler gerettet werden? Ganz ausgeschlossen ist das nicht. Wie unter anderem die englische Zeitung „The Telegraph“ berichtet, hat die Bundesbank mit Anleihen gigantische Verluste angehäuft. Die Zeitung beruft sich dabei auf einen Bericht des Bundesrechnungshofes, der vor Verlusten von mehr als 650 Milliarden Euro warnt. Dieser Verlust könne aus den Rücklagen der Bundesbank nicht beglichen werden, sodass es passieren könnte, dass der Bundeshaushalt – also der deutsche Steuerzahler – am Ende für den entstandenen Schaden aufkommen muss.

Die Rechnungsprüfer des Bundesrechnungshofes monieren in dem Bericht darüber hinaus, dass Bundesregierung und Bundestag nicht streng genug überwachten, ob sich die Bundesbank bei den Anleihekaufprogrammen an die vom Europäischen Gerichtshof gemachten Regeln hält.

Zinswende bringt Notenbanken in Schieflage

Im Kampf gegen die Inflation hat die EZB seit Sommer letzten Jahres schrittweise die Leitzinsen erhöht. Im Zuge dieser Zinswende sind nun erhebliche Verluste entstanden. Die Notenbanken des Euroraumes hatten in Zeiten einer niedrigen Inflation niedrig verzinste Anleihen angekauft, die nun stark an Wert verlieren. Hinzu kommt, dass die Notenbanken den Geschäftsbanken nun wieder für ihre Einlagen Zinsen zahlen.

Nicht nur die Bundesbank hat die Zinswende dadurch ins Straucheln gebracht. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) musste im vergangenen Jahr den größten Verlust ihrer 115-jährigen Geschichte hinnehmen. Die eidgenössischen Währungshüter machten wegen der fallenden Aktien- und Anleihekurse und der Aufwertung des Franken ein Minus von 132 Milliarden Franken (135 Milliarden Euro). Nach der Verrechnung mit der vorhandenen Ausschüttungsreserve und den Rückstellungen für Währungsreserven erlitt die eidgenössische Notenbank einen Bilanzverlust von etwa 39 Milliarden Franken. Die Bundesbank hatte das vergangene Jahr noch mit einer schwarzen Null, also weder Gewinn noch Verlust, abgeschlossen.

Auch die Bank of England erwartet in den kommenden Jahren Verluste in dreistelliger Milliardenhöhe. Wie die FAZ im April berichtete, heißt es in der neuesten Prognose, die im vierteljährigen Bericht zur sogenannten „Asset Purchase Facility“ (APF) enthalten ist, dass die englische Notenbank bis zum Jahr 2033 einen Nettoverlust von bis zu 100 Milliarden Pfund (116 Milliarden Euro) haben wird. Diese Summe müsste dann vom Finanzministerium als Ausgleich an die englische Zentralbank überwiesen werden.

Anders als in Großbritannien werden die Verluste der Bundesbank in Deutschland nicht automatisch vom Bundesfinanzministerium übernommen. Daher hatte Bundesbankpräsident Joachim Nagel schon Anfang März bei der Vorstellung des Geschäftsberichts darauf hingewiesen, dass „die Belastungen für die Gewinn-und-Verlust-Rechnung der Bank in den kommenden Jahren deutlich zunehmen dürften“.

Rückstellungen der Bundesbank reichen nicht

Die Rückstellungen von 19,2 Milliarden Euro, die die Bundesbank gebildet hat, dürften angesichts der zu erwartenden Verluste schnell aufgebraucht sein. Zwar verfüge die Bank noch über einen separaten Notfallfonds von 2,5 Milliarden Euro – was aber ebenso wenig für den Ausgleich des Verlustes reicht. Nagel warnte deshalb davor, dass die Belastungen in den kommenden Jahren voraussichtlich die finanziellen Puffer übersteigen würden.

Allerdings heißt das nicht, dass die Bundesbank dann Geld vom Steuerzahler braucht. Die Bundesbank würde in diesem Fall Verlustvorträge verbuchen. Das heißt, sie füllt ihr Eigenkapital wieder auf, sobald sie wieder Gewinne erwirtschaftet. Auch im Falle eines solchen Verlustvortrages sei die Bilanz solide, so die Bundesbank. Sie besitze Eigenmittel, einschließlich Bewertungsreserven in beträchtlicher Höhe. Nagels Priorität sei im Moment die Bekämpfung der Inflation. Auf Gewinn oder Verlust in der Bilanz will er dabei keine Rücksicht nehmen.

Finanzministerium wiegelt ab

Etwas skeptischer sieht das allerdings der Bundesrechnungshof. Er warnt vor der Möglichkeit, dass die Rücklagen aufgebraucht sein könnten, wenn die Bundesbank nun mehrere Jahre lang Verluste schreibt. Dann könnte das Eigenkapital der Bundesbank negativ werden. Hier könnte eine teure Rechnung auf den Steuerzahler zukommen.

Gegenüber der „Financial Times“ sagt ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums, dass sein Ministerium eine „andere Einschätzung“ als der Bundesrechnungshof zu den Risiken für den Bundeshaushalt durch die drohenden Verluste der Bundesbank habe. Es sei „höchst unwahrscheinlich“, dass Verluste aus geldpolitischen Geschäften der Bundesbank den Bundeshaushalt belasten.

Notenbanken schaffen sich beispielsweise durch den Ankauf von Anleihen selbst Geld. Anders als Geschäftsbanken sind sie keine Unternehmen, die insolvent gehen können. Vor der Insolvenz sind sie vor allem dadurch geschützt, dass sie selber Geld schaffen und damit auch mit negativem Eigenkapital operieren können. Wenn das Eigenkapital einer Notenbank allerdings aufgebraucht ist und die Verluste trotzdem weiter steigen, dürfte das Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit einer Notenbank haben. Glaubwürdigkeit, die gerade in der Inflationsbekämpfung entscheidend ist.



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