Von der Resignation zur „Schwarm-Intelligenz“

Von 16. November 2010

Deutschland ist unterwegs zu mehr Demokratie und Gemeinsinn. Ob Stuttgart 21 oder die Großdemo in Gorleben für eine andere Energie-Politik, Deutschlands Bürger sind wieder aktiv. Die Resignation der vergangenen Jahre hat einer gewissen Hoffung Platz gemacht, die Jung und Alt, Arm und Reich, Konservativ und Fortschrittlich in gemeinsamen Aktionen vereint. Der Ruf „Wir sind das Volk!“, tönt immer öfter unüberhörbar dort, wo sich die Menschen unseres Landes von den Regierenden übergangen fühlen.

Twitter und Internet

Ebenso übergangen und dem Anschein nach ein wenig hilflos reagieren unsere Machthaber, wenn das Volk, vor allem aber das junge Volk, ganz spontan zu Demonstrationen und Aktionen aufruft mit Hilfe der neuen Medien wie Twitter oder Blogs. Dort wird alles frei und offen diskutiert und Tausende von Leuten werden mit entsprechenden Vereinbarungen auf einen Schlag mobilisiert. Und das alles nicht einmal im Geheimen, jeder kann daran teilnehmen, keiner ist verpflichtet. Dabei nutzen die Politiker von heute selbst und zu genau den gleichen Zwecken diese Blogs und Twitter zur Meinungsmache mehr oder weniger erfolgreich. Wer weiß, ob sich auf diese moderne Art nicht irgendwann einmal Volksbefragungen in kürzester Zeit verwirklichen lassen? Diskussionen über die Umsetzung gehen davon aus, dass der Staat das Monopol auf Erstellung des Gemeinwohls verliert und es zum Mitmach-Regieren der Bürger kommt in nicht allzu ferner Zukunft. Demokratie direkt.

Karotten statt Boykott

Eine besonders originelle und wirksame Art, als Konsument etwas zu bewirken, hat gerade in Frankfurt zum zweiten Mal Furore gemacht: Carrotmob. Dazu titelte das Hamburger Abendblatt: „Der Esel läuft am besten mit einer Karotte.“ Gemeint ist damit eine globale Bewegung, die zeigt, dass sich die Stimmung auch in unserem Land umgedreht hat und nicht mehr im Selbstmitleid feststeckt.

Kein Boykott mehr: Jetzt gibt’s den Anti-Boykott!!! Carrotmob Berlin beschreibt das Prinzip so: „Alle reden von der Macht der Verbraucher – wir machen Ernst! Wir drehen das Prinzip des Boykotts um und belohnen Geschäfte, die bereit sind, etwas zum Positiven hin zu verändern.“ Und so lehren die Carrotmobber manche das Fürchten, ob in Berlin, Frankfurt, Bonn, Bielefeld, Passau oder sonst wo. Wer Interesse hat, meldet sich in seiner Stadt per E-Mail auf Carrotmob.de an und bekommt dann punktgenau Informationen, wo er Geld ausgeben kann und damit der Umwelt oder zumindest der Idee nützt. Das kann eine Party in einer Öko-Bar sein, eine Currywurst-Bude in Berlin, ein Reformhaus in Passau. Und Do-it-yourself-Anleitung zum Selbermachen eines Carrotmobs gibt’s im Internet obendrein. Als Krönung wurde die Idee des Carrotmobs mit dem FIZZZ Award 2010 in der Kategorien „Beste Business Idee“ ausgezeichnet.

„Gib Dein Geld nicht irgendwem!“

Greenpeace rief das Thema im letzten Jahr ins Leben mit dem Titel „Carrotmob: Gib Dein Geld nicht irgendwem!“, und erklärt den karottigen Namen mit einem englischen Sprichwort. Da heißt es, dass es genau zwei Arten gibt, einen Esel zum Laufen zu bringen: Entweder durch einen Tritt ins Hinterteil oder indem man ihm eine Karotte vor die Nase hält. Analog ist der Kunde die Karotte, die dem Geschäftsmann als Anreiz für Gewinn vor die Nase gehalten wird. Viele Karotten = viel Gewinn. Und davon darf er dann eine Spende in vereinbarter Höhe für ein vorher festgelegtes Projekt abgeben, das ihm selbst auch nutzt.

Beispielsweise gewann ein Gastronom in Frankfurt die Ausschreibung für den zweiten Frankfurter Carrotmob. Er bot an, sogar 100 Prozent des Erlöses für die klimafreundliche Sanierung seines Gasthauses zu verwenden. Es kamen etwa 200 Leute, der Umsatz betrug 1.752 Euro und war damit über viermal höher als an vergleichbaren Tagen. Dazu spielte eine Band und die Frankfurter Umweltdezernentin Manuela Rottmann verteilte als ökologischen Anreiz 100 Energiesparlampen im Restaurant.

Ganz moderne Social-Networker sprechen bereits von „Schwarm-Intelligenz der Zukunft“. Da bekommt man wirklich die wunderbaren Bilder von Vogelschwärmen oder Fischschwärmen vor die Augen oder auch, wie sich bei Fahrradrennen die Biker alle ohne zu schauen bei Höchstgeschwindigkeit instinktiv harmonisch miteinander in die Kurven legen, ohne einander zu gefährden, sondern sich gegenseitig fördern.

„Werden Sie ein Geldverbesserer!“

Auch wenn es von der Wortwahl immer noch ein bisschen altbacken daherkommt und schon durch diese Barriere als Zielgruppe die eher Braven und Biederen im Auge hat, so ist doch die neueste Kampagne „Werden Sie ein Geldverbesserer“ der altgedienten Recken von der „Aktion Gemeinsinn“, Deutschlands ältester überparteilicher Bürgerinitiative, ganz im Trend. Es geht um Klimawandel, Umweltbelastungen, Armut, Hunger, Kindersterblichkeit, ausbeuterische Arbeitsbedingungen und soziale Missstände in der Dritten Welt, Ressourcenverbrauch und Energieverschwendung.

Mit Flyern und einer Podiumsdiskussion zur Vorstellung ihrer neuesten Kampagne sollen die Verbraucher zum Denken und verantwortlichem Handeln ermutigt werden. „Wie weit reicht die Macht der Verbraucher? – Waren und Dienstleistungen ökologisch und sozial verantwortungsvoll auswählen“, dieses Motto wird sicherlich über den Multiplikator DGB (Deutscher Gewerkschaftsbund) diejenigen Verbraucher finden, die bisher vielleicht eher in anderen Bereichen „Gemeinsinn“ entwickelten. Wie diese Entwicklung genau aussehen könnte, wird auch gleich mitgeliefert per Faltblatt.

Macht der Verbraucher

Es gibt bereits seit längerem Erfolge in diesem Bereich, denn auch die Verbraucher-Minister – ob Künast, Seehofer oder Aigner – forderten immer wieder ihre Klientel zum konkreten Handeln auf: Stromanbieter wechseln, Gasanbieter wechseln, Gammelfleisch-Skandal, ab kommendem Frühjahr sogar ein Internet-Portal gegen Etikettenschwindel, gegen Datenmissbrauch von Facebook und Google-Street-View und Unzähliges mehr, damit der interessierte Konsument sich informieren kann.

Heimlich und leise beginnt ein Umdenken an allen Ecken und Enden der Republik. Es geht immer mehr um ein offenes Miteinander und das Aufdecken von lichtscheuen Vereinbarungen. Es geht wieder darum, Eigenverantwortung zu übernehmen im kleinen privaten Kreis ebenso wie im großen Zusammenhang für die Zukunft unserer Menschheit.

Weitere Informationen:

Greenpeace_Carrotmob: Gib Dein Geld nicht irgendwem!

carrotmobfrankfurt

berlin.carrotmob

Aktion Gemeinsinn

 



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