Vorabpauschale: Fondsanleger bezahlen 2024 erstmals Steuer auf fiktiven Kapitalertrag

Bereits seit 2018 sieht das Investmentsteuergesetz die Steuer auf eine sogenannte Vorabpauschale vor. Damit sichert sich der Staat im Voraus einen Steuervorschuss auf eine spätere Veräußerung von Fondsvermögen. Bedingt durch die Zinswende entfaltet sie 2024 erstmals ihre Bedeutung.
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Frankfurter Börse.Foto: via dts Nachrichtenagentur
Von 25. März 2024

Über Jahre hinweg hatte die sogenannte Vorabpauschale, die sich seit 2018 in Paragraf 18 Investmentsteuergesetz (InvStG) findet, keine praktische Bedeutung. Im Jahr 2024 wird die darauf erhobene Steuer, die Kritiker als Akt staatlicher Selbstbedienung auf Kosten von Sparern ansehen, erstmals ihre Bedeutung entfalten.

Zielt die Spekulationssteuer auf Anleger, die an der Börse kurzfristig Gewinne realisieren, soll die Vorabpauschale dem Staat Zugriff auf die Erträge von Investoren mit gegenteiliger Strategie sichern. Sie zielt auf die bloßen Kursgewinne von Sparern ab, die Jahr für Jahr immer nur Anteile an Investmentfonds und ETFs kaufen oder halten, diese Gewinne aber nicht durch Verkäufe realisieren.

Wovon die Vorabpauschale abhängt

Um sich dennoch einen Anteil an den Kursgewinnen zu sichern, hat die Bundesregierung mit Paragraf 18 InvStG einen fiktiven steuerpflichtigen Kapitalertrag aus einem offenen Investmentfonds konstruiert. Aus diesem ermittelt man eine Pauschale, von der ein Teil bereits im Voraus versteuert wird. Veräußert der Anleger seine Anteile tatsächlich gewinnbringend, mindert sich die Abgeltungssteuer um die Summe der bereits zuvor entrichteten Steuern auf die Vorabpauschalen.

Im Gesetzestext ist die Vorabpauschale definiert als „der Betrag, um den die Ausschüttungen eines Investmentfonds innerhalb eines Kalenderjahres den Basisertrag für dieses Kalenderjahr unterschreiten“. Entscheidend ist also, wie der Basisertrag definiert wird.

Seine Ermittlung hängt von zwei Faktoren ab: Der Erste ist der Rücknahmepreis, zu dem ein Anleger ein bestimmtes Investment – wie einen Anteil an einem Fonds oder einem ETF – am ersten Börsentag des Kalenderjahres veräußern konnte.

Gesamtbelastung des Anlegers bleibt am Ende gleich

Der andere ist der Basiszins. Dieser richtet sich nach der langfristig erzielbaren Rendite öffentlicher Anleihen. Im Kern geht es dabei um den Zins der 15-jährigen Bundeswertpapiere am ersten Handelstag des Jahres. Die Vorabpauschale errechnet sich aus dem Produkt beider Faktoren, wobei beim Basisertrag ein Abzug von pauschal 30 Prozent erfolgt. Damit will man Belastungen des Anlegers beispielsweise durch Kosten berücksichtigen.

Ausschüttungsbeträge werden bereits vor Errechnung der Vorabpauschale abgezogen. Dies hat zur Folge, dass vor allem Anleger von thesaurierenden Fonds, die die Rendite wieder investieren, am stärksten von der Steuer betroffen sind. Die Gesamtbelastung später realisierter Fondsgewinne, auf die 25 Prozent Abgeltungssteuer, Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer entfallen, bleibt gleich.

Der Bund gönnt sich damit gleichsam ein zinsloses Darlehen aus Steuern, deren exakte Höhe und deren Fälligkeitsdatum noch gar nicht feststeht. Die Vorabpauschale gilt am ersten Werktag des Jahres zugeflossen – entsprechend wird darauf die vorgesehene Steuer fällig.

Basiszins liegt erstmals seit Inkrafttreten nicht bei null

Bis dato fand die Gesetzesbestimmung über die Besteuerung der Vorabpauschale keine Anwendung, weil der Basiszinssatz aufgrund der vorherrschenden Nullzinspolitik bei null lag. Die Zinswende unter dem Eindruck der deutlich gestiegenen Inflation hat diese Situation nun geändert.

Die Bundesbank legte den Basiszins für 2023 auf 2,55 Prozent fest. Dies hat zu Folge, dass auch die Steuer auf die Vorabpauschale fällig wird – vorausgesetzt, der jeweilige Fonds hat im Jahr zuvor eine positive Performance hingelegt.

Wie sieht die Rechnung jetzt in der Praxis aus? Betrug der Gesamtwert der Anteile eines Anlegers an einem Fonds zum Jahresbeginn 2023 noch 15.000 Euro und ein Jahr später 17.500 Euro, läge die Wertsteigerung bei 2.500 Euro. Der Basisertrag, dem eine unterstellte künftige Wertentwicklung zugrunde liegt, errechnet sich aus den 15.000 Euro, die mit dem Basiszins und dem Faktor 0,7 (für 70 Prozent) multipliziert werden.

Im konkreten Fall beliefe sich der Basisertrag auf 267,75 Euro. Dieser wäre gegebenenfalls um Ausschüttungen zu vermindern. Gab es keine solchen, wie im Fall eines thesaurierenden Fonds, wären diese 267,75 Euro als zu versteuernde Vorabpauschale zu verwenden. Die darauf zu entrichtende Steuer würde im Fall eines kirchensteuerpflichtigen Sachsen dann beispielsweise 66,94 Euro plus 6,02 Euro. Wäre auch ein Solidaritätszuschlag fällig, würde dieser weitere 14,73 Euro betragen.

Keine Gutschrift auf Grundlage der Vorabpauschale in Jahren des Wertverlusts

Das Bundesministerium der Finanzen veröffentlicht den maßgebenden Basiszins jährlich im Bundessteuerblatt. Kritiker bemängeln, dass der Gesetzgeber als illiquide gedachte Mittel wie liquide behandelt und damit einen negativen Cashflow veranlasst. Außerdem steht dem Steuerabzug in Phasen der Kurszuwächse keine Gutschrift im Fall von Verlusten gegenüber.

Der bürokratische Aufwand für die Einnahme der Steuer ist ebenfalls erheblich. Allerdings endete mit der Schaffung der Vorabpauschale eine Praxis der Ungleichbehandlung von ausschüttenden und thesaurierenden Fonds.



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