Gaspreisbremse: Milliarden gespart – Will der Bund in die Industrie investieren?

Das Budget für die Gaspreisbremse wurde größtenteils nicht gebraucht. Was passiert mit dem übrig gebliebenen Geld? Es wird vorgeschlagen, dies zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu investieren.
Gaspreisbremse
Ein Gaszähler mit Euroscheinen. Die Gaspreisbremse kostet den deutschen Staat doch nicht so viel, wie ursprünglich angenommen.Foto: iStock
Von 16. August 2023

Die Gaspreisbremse ist für die deutschen Steuerzahler billiger als erwartet. Den Überschuss könnte die Bundesregierung für die Finanzierung eines günstigen Industriestrompreises investieren, um steigende Firmeninsolvenzen zu reduzieren. Doch Stimmen – auch aus der Regierung selbst – stellen den guten Willen des Bundes in Zweifel.

Das Münchner ifo-Institut erwartet für die Gaspreisbremse lediglich Kosten von 13,1 Milliarden Euro, wie es vor etwa einer Woche mitteilte. Das sei ein Drittel der ursprünglich vorgesehenen Summe von 40,3 Milliarden Euro.

„Ursache ist, dass die Gaspreise seitdem stark gefallen sind“, sagte ifo-Experte Max Lay. „Im Jahre 2024 rechnen wir mit null Ausgaben, denn bereits jetzt fallen viele neu abgeschlossene Gasverträge von Normalverbrauchern unter die Preisgrenze von zwölf Cent für die Kilowattstunde.“ Industriekunden müssten schon seit ein paar Monaten nicht mehr als die durch die Preisbremse festgelegten sieben Cent zahlen.

Die Gaspreisbremse war im März in Kraft getreten, galt aber rückwirkend auch schon für Januar und Februar. Der Staat zahlt Haushalten und kleineren Unternehmen für 80 Prozent ihres im September prognostizierten Verbrauchs in diesem Jahr die Differenz zwischen Preisdeckel und Marktpreis.

Energiekosten für Wirtschaft weiter senken

Was geschieht also jetzt mit den übrigen 27,2 Milliarden Euro? Ein Vorschlag kommt von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, wie aus einer Pressemitteilung des Bayerischen Staatsministeriums hervorgeht. „Mit dem nun verfügbaren Geld muss ein Wirtschaftsstrompreis finanziert werden, um die Energiekosten in Deutschland schnellstens weiter runterzubekommen, besonders auch für die Wirtschaft, die im internationalen Wettbewerb steht.“ Aiwanger befürwortet einen Industriestrompreis von vier Cent pro Kilowattstunde netto.

Einen subventionierten Industriestrompreis fordern auch Wirtschaftsverbände, die Grünen und Teile der SPD. Anders Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Er lehnte diesen Vorschlag lange Zeit entschieden ab, nun scheint sich seine Haltung dazu langsam zu ändern.

Aiwanger: Nicht sicher, ob die Ampel die Industrie erhalten will

Aiwanger fordert die Ampelkoalition zum Handeln in Richtung Industriestrompreis auf. „Die Unternehmensinsolvenzen nehmen wieder zu. Wir brauchen jetzt dringend positive Signale der Bundesregierung, dass sie Deutschland überhaupt als Industrieland erhalten wollen. Man ist sich da nicht mehr sicher.“

Falls die Regierung die Industrie erhalten will, müssten laut dem Wirtschaftsminister „entsprechende Taten folgen“. Es braucht einen „wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstrompreis, niedrigere Unternehmens- und Einkommenssteuern, flexible Arbeitszeiten, weniger Bürokratie“.

Zweifel am Wunsch, die deutsche Industrie zu erhalten, weckte im Juni Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Mit Bezug auf das Gastransit-Problem zwischen Russland und der Ukraine sprach er über mögliche Konsequenzen für Deutschland, falls in Osteuropa kein russisches Gas mehr ankäme.

Wörtlich sagte Habeck: „Würde das russische Gas nicht in dem Maße, wie es noch immer durch die Ukraine fließt, nach Osteuropa kommen, gilt, was europäisch verabredet wurde: Bevor die Leute dort frieren, müssten wir unsere Industrie drosseln oder gar abschalten.“

Industriestrompreis kontra Insolvenzen

Ein günstiger Industriestrompreis würde nach Ansicht von Aiwanger dazu führen, dass viele Betriebe in Deutschland weiterarbeiten. Denn etliche würden derzeit ans Aufhören denken oder an die Verlagerung des Standorts ins Ausland. Der Bundesregierung wirft Aiwanger vor, sie hätte zu langsam reagiert. Das hätte sie „noch vor der Sommerpause entscheiden müssen“.

Tatsächlich haben derzeit sehr viele Betriebe Probleme. Wie das Bayerische Landesamt für Statistik am 7. August mitteilte, ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im ersten Halbjahr um 23,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen. Damit ist in etwa wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht, informiert das Landesamt.

Im nationalen Vergleich kommt Bayern noch gut weg. Die Insolvenzquote (Anzahl der Insolvenzen je 10.000 Unternehmen) liegt hier von Januar bis Juni bei 41. Laut einer Ermittlung von „Creditreform“ ist diese Quote nur in Sachsen-Anhalt (38), Brandenburg (35) und Mecklenburg-Vorpommern (35) geringer. Die drei Bundesländer mit der höchsten Insolvenzquote sind Hamburg (82), das Saarland (89) und Berlin (103).

In ganz Deutschland hat es im Juli gegenüber dem Vorjahresmonat 23,8 Prozent mehr beantragte Regelinsolvenzen gegeben. Im Juni hatten diese bereits um 13,9 Prozent gegenüber Juni 2022 zugenommen. Dieser Trend setzt sich auch im August weiter fort.

(Mit Material der Agenturen)



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