Hohe Steuereinnahmen durch BioNTech – Geldregen in Mainz

Der Erfolg von BioNTech spiegelt sich in den Finanzen wider: Nicht nur für das Unternehmen selbst, auch für Mainz und Rheinland-Pfalz. Selbst im Bruttosozialprodukt ziehen Milliarden Euro Kreise.
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BioNTech scheint sich in der richtigen Straße in Mainz angesiedelt zu haben.Foto: iStock
Von 31. Januar 2022
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Das Land Rheinland-Pfalz hat hohe Steuereinnahmen – wegen BioNTech. Nicht nur die Stadt Mainz erfreut sich am Steuergeld des Unternehmens. Zugleich bringt der Geldregen neue Themen auf den Tisch: Im Länderfinanzausgleich der 16 Bundesländer zählte Rheinland-Pfalz bisher zu den Empfängerländern, 2020 flossen 334 Millionen Euro in das Flächenland. Nun wird es wohl ein Geberland werden.

„Wir gehen davon aus, dass diese Einnahmequelle jetzt wegfällt“, konstatierte Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) Ende November 2021. Der Finanzausgleich regelt die Verteilung der Einnahmen zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Bayern zahlt seit Jahren mehr als die Hälfte, weitere Zahler-Länder waren Baden-Württemberg, Hessen und Hamburg. Größter Empfänger ist – gleichfalls seit Jahren – Berlin.

„Es gibt einen deutlichen BioNTech-Effekt“

Auch im Bruttoinlandsprodukt gibt es 2021 einen „deutlichen BioNTech-Effekt“, wie es Sebastian Dullien nennt. Dullien ist Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung. Das BIP wuchs um 2,7 Prozent, ohne den Erfolg von BioNTech hätte es bei rund 2,2 Prozent gelegen. „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ein einzelnes deutsches Unternehmen jemals so stark zum Wachstum beigetragen hat“, kommentiert Dullien.

IfW-Konjunkturchef Nils Jannsen beobachtete ebenfalls diese Entwicklung. Erstmals seien die Lizenzeinnahmen von BioNTech in die BIP-Berechnung eingeflossen: „Sie alleine dürften für rund 0,5 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung verantwortlich sein“, kommentiert Dr. Nils Jannsen. „Dass ein einzelnes Unternehmen das BIP so stark anhebt, ist äußerst ungewöhnlich und dem Umstand geschuldet, dass es im Vergleichsjahr 2020 noch keine entsprechenden Lizenzeinnahmen gab.“ Der Effekt schlage sich unter anderem in Dienstleistungsexporten nieder.

Nach eigenen Angaben hat das Unternehmen zwischen 16 und 17 Milliarden Euro Umsatz gemacht. Vor dem Corona-Impfstoff lag das Unternehmen beim Umsatz unter einer halben Milliarde. Der Corona-Impfstoff ist noch dazu das erste auf dem Markt erhältliche Produkt des Unternehmens seit seiner Gründung im Jahr 2008. Produziert wird unter anderem in Marburg. Hinzu kommen Gebühren von Pfizer, das als Partnerunternehmen in den USA Lizenzvereinbarungen mit den Mainzern abgeschlossen hat. Für eventuelle Impffolgen haftet das Unternehmen nicht.

Laut einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der AfD bei der Bundesregierung wurden bis zum Stichtag 16. Dezember 2021 rund 287,3 Millionen Impfdosen von BioNTech/Pfizer bestellt. Weitere 80 Millionen Dosen folgen für das Jahr 2022. Anfang Dezember 2021 kaufte die deutsche Regierung zusätzlich drei Millionen BioNTech-Impfdosen von Polen, 10,3 Millionen Impfstoffdosen von BioNTech wurden ins Ausland gespendet. 

Die Europäischer Kommission erklärte, dass sich die EU 2,4 Milliarden Dosen Impfstoff von BioNTech/Pfizer gesichert hat. Was bedeutet das für die Preise? Die den Ländern in Rechnung gestellten Preise liegen zwischen 13,02 bis 22,58 € für die Impfstoffe von Moderna und Pfizer, erklärt Prof. Dr. Donald Light in einer peer-reviewte Studie im „Journal of the Royal Society of Medicine“. Genauere Angaben gibt es bislang offiziell nicht.

Zu einer ähnlichen Kleinen Anfrage, die auf die Linken-Bundestagsabgeordnete Kathrin Vogler zurückgeht, heißt es, dass insgesamt von allen möglichen Herstellern mehr als 660 Millionen Dosen Corona-Impfstoffe bestellt wurden, die bis 2023 ausgeliefert werden sollen. Nur ein knappes Viertel davon wurden seit Beginn verimpft. Kathrin Vogler: „Die insgesamt bestellten Dosen entsprechen pro Kopf der Bevölkerung, vom Baby bis zum Greis, fast acht Dosen Corona-Impfstoff“.

Mainz und die Milliarden 

Laut Quartalszahlen des Unternehmens, veröffentlicht am 9. November 2021, rechnet BioNTech mit 7,126 Milliarden Euro Nettogewinn. Die Stadt Mainz ist erfreut, hier befindet sich der Hauptsitz des Unternehmens.

Seit Mitte der 1980er-Jahre ist die Landeshauptstadt hoch verschuldet – und nun nicht mehr lange. In den Gewerbesteuereinnahmen zum Jahresende 2021 wird voraussichtlich ein Überschuss in den kommunalen Finanzen von 1,09 Milliarden Euro auflaufen. Für 2022 wird mit einem Plus von 490,8 Millionen gerechnet. Zum Vergleich: Im Vorjahr nahm Mainz von allen ansässigen Firmen und Betrieben der Region rund 174 Millionen Euro ein. Auch wenn die Stadt nicht erklärt, was und wie viele Millionen BioNTech jetzt dazu beigetragen hat, liegt die Schlussfolgerung nahe, dass der Erfolg der Stadtfinanzen darauf beruht.

Ein Mainzer Wirtschaftsprüfer analysierte den Unternehmensbericht von BioNTech für die ersten sechs Monate 2021 genauer. Allein in dieser Zeit gab das Unternehmen einen Gewinn von 5,66 Milliarden Euro vor Steuern an und dass es damit rechne, 1,75 Milliarden Euro Steuern zu zahlen. Etwa die Hälfte davon fließt mit der Körperschaftssteuer an Bund und Länder, die andere Hälfte (rund 850 bis 900 Mio. Euro) ist Gewerbesteuer.

Gewerbesteuern werden an den jeweiligen Standorten der Unternehmen enthoben und betreffen, was BioNTech angeht, vor allem Mainz, Idar-Oberstein und Marburg. Idar-Oberstein nahm 2019 rund 13,4 Millionen Euro Gewerbesteuer ein – für 2020 wird mit knapp 217 Millionen Euro gerechnet.

Was macht die Stadt damit?

Mainz ist neben den Kassenkrediten mit rund 1,3 Milliarden Euro bislang hoch verschuldet. Zunächst will die Stadt die Altschulden der Kassenkredite abbauen, erklärt Kämmerer Günter Beck (Grüne) in der „Allgemeinen Zeitung“. „So könnten wir ausgeglichene Haushalte aufstellen und würden nicht mehr unter der Knute der Aufsichtsbehörde ADD stehen.“

Die ADD hatte erst im Juni 2021 den Haushaltsentwurf der Stadt für 2021 und 2022 als rechtswidrig und inakzeptabel gerügt, schreibt die Internetzeitung „Mainz&“. Der Haushaltsentwurf für 2022 wurde von der Dienstaufsichtsbehörde in Trier gestoppt und kritisiert, „seine Liquiditätskreditaufnahme sei rechtswidrig, Mainz versuche nicht einmal, Einsparpotenziale oder Mehreinnahmen zu realisieren“. Unter Aufsicht der ADD kann eine Stadt nicht frei über Einnahmen und Ausgaben verfügen, sie müssen sich ihren Haushalt genehmigen lassen.

Anfang der 90er-Jahre lag Mainz, so Kämmerer Beck, noch im Plus. Später habe „insbesondere die Flüchtlingskrise der Stadt erhebliche finanzielle Belastungen beschert“, zitiert ihn die „Welt“.

Nun kann und will die Stadt 643 Millionen Euro Kassenkredite auf einmal tilgen, kündigte der Finanzdezernent an, um da raus zu sein. „Wir sind in der Lage, bis Ende 2022 schuldenfrei zu sein und die Kassenkredite auf null zurückzufahren.“ Ähnlich klingt auch Michael Ebling (SPD), Oberbürgermeister der Stadt. „Nichts ist wichtiger, als die Schulden loszubekommen, so dass die Stadt ohne Fesseln laufen kann.“

Die restlichen Millionen bescheren Mainz ein Luxusproblem: Wie können sie die rund 490 Millionen Euro im Jahresüberschuss anlegen, ohne Geld durch Strafzinsen zu verlieren? Externe Berater blockte die Stadt ab, die Finanzverwaltung und die Sparkasse Mainz sollen den neuen Umgang mit dem Geld aus eigener Kompetenz und Regie schaffen.

Die „Jahrhundertchance“ 

Die Stadt hat vor, die Wirtschaft anzulocken, indem sie die Gewerbesteuer angenehmer macht. Der Hebesatz wurde von 440 Punkte auf 310 abgesenkt. Oberbürgermeister Michael Ebling denkt neben einer nachhaltigen Haushalts- und Finanzpolitik auch daran, den Geldsegen für Bereiche wie Wohnen, den Ausbau des Radwegesystems, nachhaltige Mobilität, öffentliches Grün oder die Kulturförderung zu nutzen.

Nachhaltigkeit bleibe die Grundlinie für die Haushaltspolitik der kommenden Jahre, äußert er in Interviews. Gut sei auch, dass wieder Grundstücke und Gebäude von der Stadt erworben werden können, was unter der Schuldenlast nicht möglich war.

Zukunftspläne hat die Stadt viele, die Wunschliste ist lang. Dazu zählt an erster Stelle der Ausbau eines Biotechnologie-Zentrums, „wir wollen da nicht schludern, sondern eher klotzen“, so der Bürgermeister. Die aktuelle Dynamik müsse man ausnutzen. Rund 30 Hektar Fläche könne man schnell zur Verfügung stellen, teilweise auf dem Gelände der GFZ-Kaserne, teilweise im unmittelbaren Umfeld der Hochschule Mainz.

„Deutschland ist dank BioNTech wieder zur Apotheke der Welt geworden und Mainz soll der Standort in Deutschland sein, an dem es für Forscher attraktiv ist, sich dauerhaft zu engagieren“, erklärt er in der „Welt“.

Jahrelang sperrten sich Grüne und SPD gegen Gewerbeansiedlungen, das Thema sei „jahrelang von SPD und Grünen abgetan worden“, erinnert sich CDU-Wirtschaftsexperte Ludwig Holle. Nun greift der OB in das Arbeitsfeld von Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) ein und kündigt an, eine „Leitstelle Biotechnologie“ in seinem Büro einzurichten.

Der Präsident der Mainzer Universität, Georg Krausch, koordiniert mittlerweile Stadt, Land, Wirtschaft und Wissenschaft. Es sei nicht einfach, Investoren zu gewinnen, die ein entsprechendes Gründerzentrum in der Nähe der Universität bauen. Schließlich möchten Gründer und Start-ups nicht erst ein Haus bauen, um in einem Labor forschen zu können.

Dass BioNTech-Gründerin Özlem Türeci eine Professur für personalisierte Immuntherapie an der Universitätsmedizin der Universität übernommen hat, zeigt, dass das Unternehmen sein ursprüngliches Ziel der Krebsmedikamente nicht aus den Augen verloren hat.

BioNTech hat bereits zugesagt, selbst eine Milliarde Euro in die Stadt zu investieren. Mit rund 2.500 Mitarbeitern zählt das Unternehmen mittlerweile zu einem der größten Arbeitgeber der Stadt. Die Zahl der Baustellen im Stadtgebiet steigt.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 29, vom 29. Januar 2022.



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