Manchmal gibt es nur kaltes Wasser: Der Sturz des Wiesbadener Immobilieninvestors

Der Wiesbadener Immobilieninvestor d.i.i. hat Insolvenz angemeldet, was potenziell über 13.000 Mieter in Deutschland betrifft sowie einige prominente Investoren. Die Hintergründe dieser Pleite werfen allerdings Fragen auf.
Modell des Viktoria-Viertels in Wiesbaden: Die Insolvenz der D.i.i.-Gruppe wirft auch Fragen auf.
Modell des Viktoria-Viertels in Wiesbaden, das von der d.i.i-Gruppe geplant wurde: Die Insolvenz wirft auch Fragen auf.Foto: Deutsche Invest Immobilien
Von 10. April 2024

Bis zum Schluss hatte das Management mit Finanzierungspartnern verhandelt. Eine Lösung gab es am Ende allerdings nicht: Die Deutsche Invest Immobilien AG (d.i.i.) ist zahlungsunfähig. Schon vor zwei Wochen hat der Fondsspezialist aus Wiesbaden beim zuständigen Amtsgericht ein Insolvenzverfahren beantragt. 

„Leider ist uns der lange Atem ausgegangen, die aktuell zurückhaltende Investoren- und Käuferseite zu überbrücken“, sagte Vorstandsvorsitzender Frank Wojtalewicz gegenüber dem „Handelsblatt“. Gestiegene Baukosten, Planungsunsicherheiten der Fördergelder, ein hohes Zinsumfeld und der weggebrochene Transaktionsmarkt hätten zu einer starken Kostenerhöhung geführt und „zu einer zeitlichen Verschiebung von benötigten Umsätzen und Einnahmen“.

Gespräche mit Gesellschaftern und Finanzierungspartnern zur Überbrückung der Liquiditätsengpässe seien in den vergangenen Monaten „sehr vielversprechend“ verlaufen, letztlich jedoch gescheitert.

Insolvenz wirft auch Fragen auf

In diesem Jahr ist das inzwischen die zweite Insolvenz eines Großvermieters. Zuletzt hatte im Januar der Immobilienkonzern Omega aus München Insolvenz angemeldet. Wie Omega auch ist auch d.i.i. auf Wohnimmobilien spezialisiert. Die Insolvenz des Wiesbadener Konzerns wirft Fragen auf. 

Einerseits liegt das an der besonderen Konstruktion der d.i.i.-Gruppe: Das Unternehmen besitzt die verwalteten Immobilien nicht selbst, sondern hat nach eigenen Angaben mehr als 20 geschlossene Fonds aufgelegt, in denen die von der Firmengruppe rund 13.000 Wohnungen verwaltet werden. Auch Neuprojekte, die von der d.i.i.-Gruppe entwickelt wurden, sind an diese Fonds gekoppelt worden. Wie das Wiesbadener Unternehmen auf seiner Website mitteilt, verwaltet es so Anlagen im Wert von vier Milliarden Euro an 50 Standorten in ganz Deutschland. 

Unter anderem sind auch Wohnungen in Köln-Bayenthal im Besitz der Deutsche Invest Immobilien AG. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) schreibt, hätten die Mieter dort schon länger bemerkt, dass mit dem Investor irgendetwas nicht stimmt. Manchmal habe es in den dortigen „Wohnparks“ nur kaltes Wasser gegeben, immer öfter hätten die Aufzüge in den Blocks nicht funktioniert. Auch die Grünflächen, schreibt die SZ weiter, seien immer schlechter gepflegt gewesen. Renoviert wurde in letzter Zeit wohl kaum noch. Wenn man dann versuchte, die Hausverwaltung oder den Eigentümer der mehr als 600 Wohnungen zu erreichen, dann blieb man in der Warteschleife hängen. So berichten zumindest Mieter laut der SZ. 

Prominente Investoren gaben Geld

Die Liste der Investoren, die man im Handelsregister finden kann, ist prominent: Der ehemalige Vorstandschef von Siemens, Joe Kaeser, hat ebenso sein Geld investiert wie der FC-Bayern-Fußballer Serge Gnabry oder Verena von Mitschke-Collande, die Erbin des Gelddruck-Konzerns Giesecke+Devrient. Außerdem haben Institutionen wie das Erzbistum Berlin, der Versicherer Arag oder die Stiftung Frieder Burda in das d.i.i.-Geflecht investiert.

Je nach Fonds, in den sie investiert haben, floss ihr Geld in Neubauten oder Bestandsobjekte. So unter anderem auch in die Wohnblocks in Bayenthal. Der Stadtteil im Kölner Süden gilt eigentlich als eine gutbürgerliche Wohngegend. Der Rhein ist in unmittelbarer Nähe. In den 1970er-Jahren war es die Allianz, die damals die Wohnungen finanziert und gebaut hat. Vor über 20 Jahren gingen die Objekte dann an den Vorläufer des Wohnungskonzerns Vonovia. 2022 übernahm dann d.i.i die Wohnungsblocks. Damals versprachen die neuen Eigentümer, man wolle die Wohnungen aufmöbeln und auf den Grünflächen vier zusätzliche Wohnhäuser bauen. Bei den Anwohnern stießen diese Pläne auf Protest. 

Gegenwärtig ist unklar, wie es mit diesem Projekt weitergeht. Ein Sprecher des Unternehmens betont gegenüber der „Süddeutschen“, dass die Fonds, die Eigentümer dieser Anlagen seien, nicht von der Insolvenz betroffen seien. Der Sprecher gibt allerdings zu, dass sich vier Fonds innerhalb des Konstrukts im Moment in einer finanziell angespannten Lage befinden. Man verhandele aber im Moment mit Investoren und Geldgebern und sei optimistisch. Lediglich die Konzernmutter und drei operative Töchter, die sich unter anderem um die Verwaltung der Immobilien oder die Betreuung der Fonds kümmern, sind insolvent.

Verhaftung von zwei Gesellschaftern

Allerdings könnten die Ursachen für die d.i.i.-Pleite nicht nur im Marktumfeld zu suchen sein. Das jedenfalls lässt ein Bericht des Blogs „Investmentcheck“ von Stefan Loipfinger vermuten. Dem Bericht zufolge gehören oder gehörten laut Aktionärsliste vom September 2022 Frank Wojtalewicz sowie den Unternehmensberatern Stefan Sanktjohanser und Dr. Stephan Goetz jeweils mittelbar 33,3 Prozent der Aktien der Deutsche Invest Immobilien AG. 

Laut einem Bericht des „Handelsblatts“ wurden Sanktjohanser und Goetz am 18. März 2024 festgenommen und am nächsten Tag dem Ermittlungsrichter vorgeführt. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft bestätigte damals, dass der Richter die Fortsetzung der Untersuchungshaft angeordnet hat.

Für beide Männer war es die zweite Festnahme. Wegen eines Ermittlungsverfahrens wegen Betrugs wurden beide Unternehmensberater schon Ende September letzten Jahres in Untersuchungshaft genommen. Die Richter sahen damals eine Flucht- und Verdunkelungsgefahr. Nach neun Tagen wurden beide Männer gegen Kaution freigelassen. Auch darüber berichtete damals zuerst das „Handelsblatt“

Gegen die Kautionsauflagen sollen sie nun verstoßen haben, was zur sofortigen Verhaftung führte. Gegen beide Unternehmensberater wird nicht im Kontext des Immobilienkonzernes ermittelt. Es geht um einen Millionenbetrug beim Textilunternehmen Sympatex, das beiden Beratern gehört. 

Im Jahr 2017 deutete sich an, dass die Holding, die hinter dem Textilunternehmen steht, eine Anleihe über 13 Millionen Euro nicht zurückzahlen konnte. Daher bat das Management die Anleger, in einem Schuldenschnitt auf 90 Prozent ihres Geldes zu verzichten. Dies sollte ermöglichen, dass ein Investor das Unternehmen übernimmt und einen Konkurs verhindert. Die Gläubiger stimmten zu, obwohl unklar war, wer dieser potenzielle Retter sein könnte.

Der geplante Verkauf scheiterte jedoch, doch die Insolvenz blieb aus. Ermittler untersuchen nun den Verdacht, dass die Anleger getäuscht wurden, damit einige auf ihre Kosten profitieren konnten. Nachdem erste Informationen über die finanziellen Probleme von Sympatex bekannt wurden, fiel der Wert der Anleihe rapide. Es wird vermutet, dass Strohmänner die Wertpapiere zu niedrigen Preisen erwarben, um die erforderliche Mehrheit für den Schuldenschnitt zu sichern. Die Männer haben bisher alle Vorwürfe bestritten. 

Wie die „Süddeutsche“ aus dem Umfeld der d.i.i. erfahren haben will, seien die Verhaftungen und Ermittlungen unter anderem wegen Marktmanipulation, versuchten Betrugs und Untreue „nicht gerade hilfreich“ bei den Verhandlungen mit möglichen Geldgebern gewesen.

Scheinrechnungen rufen Finanzaufsicht auf den Plan

Die Verhaftung der Gesellschafter ist aber nicht das einzige Problem von d.i.i. Erst vor einigen Wochen war ein peinlicher Vorfall bekannt geworden: Dem Unternehmen waren von Handwerkern und einem Insider offenbar Scheinrechnungen untergejubelt worden. Die BaFin veranlasste daraufhin eine Sonderprüfung.

Die BaFin möchte sich durch die Sonderprüfung Einblick in die Organisation und Wirksamkeit der Compliance-Struktur der Fondsgesellschaft verschaffen und prüfen, wie der Betrugsfall intern aufgearbeitet wurde und wird.

Ein d.i.i.-Sprecher bestätigte der SZ den Fall und bezifferte ihn auf „insgesamt etwa 140.000 Euro“. Die Summe sei von der Gruppe in den einzelnen Fonds aber vollständig ausgeglichen worden und der Vorfall habe auch nichts mit der Insolvenz zu tun. Trotzdem kann man davon ausgehen, dass der Vorfall in Verhandlungen mit potenziellen Geldgebern nicht hilfreich gewesen sein dürfte. 

Wie es nun für die Deutsche Invest Immobilien AG weitergehen wird, ist unklar. Die Insolvenzanträge liegen im Moment beim Amtsgericht in Frankfurt. Eine Sprecherin sagte gegenüber der SZ, es sei noch nicht über die Anträge entschieden worden. Daher ist auch noch kein vorläufiger Insolvenzverwalter berufen worden. Für das Unternehmen, aber auch für die Investoren und Mieter, stellen sich daher weiter Fragezeichen.



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