Russland verhängt Exportverbot für Kraftstoffe – CNN: „Für Europa schlechter Zeitpunkt“

Das überraschend verkündete Exportverbot Russlands für Benzin und Diesel wird den Spritpreisen auch in der EU einen Auftrieb geben. Der Schritt hat vor allem innenpolitische Gründe. Experten halten ihn für eine kurzfristige Maßnahme.
Ein Öltanker liegt im Hafen von Noworossiysk.
Ein Öltanker im Hafen von Noworossiysk. Seit 21. September gilt in Russland ein weitreichendes Exportverbot für Diesel und Benzin.Foto: ---/AP/dpa
Von 26. September 2023

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Am Donnerstag, 21. September, verkündete der Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin, ein Exportverbot von Diesel und Benzin aus Russland. Die Maßnahme gilt für alle Länder, mit Ausnahme der Eurasischen Wirtschaftsunion. Außer Russland gehören dieser noch Armenien, Belarus, Kasachstan und Kirgisistan an. Über die Dauer der Maßnahme äußerte sich der Präsident nicht. Sie bleibe in Kraft, solange die Regierung es für erforderlich halte.

Exportverbot als Preistreiber auf dem Weltmarkt – und in Europa

CNN zufolge hätte die Entscheidung insbesondere für Europa „zu keinem schlechteren Zeitpunkt kommen können“. Der Sender sieht die Maßnahme als den „jüngsten Versuch Putins, Europa wehzutun“.

Zwar hat die EU im Rahmen ihrer Sanktionspolitik infolge des Ukrainekrieges seine direkten Importe von Öl und Raffinerieprodukten mit Beginn des Jahres gestoppt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass kein russisches Öl mehr nach Europa gelangt. Vielmehr hat sich die EU auf Ersatzlieferanten wie Saudi-Arabien, die Türkei oder Indien verlegt.

Allerdings verhält es sich dabei nicht selten so, dass die Ersatz-Lieferländer das für die EU bestimmte Öl günstig aus Russland gekauft haben. Anschließend verkaufen sie es gegen Aufschlag weiter, was in Europa ohnehin schon die Preise steigen lässt.

Russland nach wie vor unter bedeutendsten Dieselexporteuren

Nun könnte das russische Exportverbot in Europa einen weiteren Preisschock auslösen. Die Nachfrage nach Diesel und weiteren Ölprodukten steigt gerade jetzt im Vorfeld der Heizsaison. Die Treibstoffpreise bewegen sich ohnehin schon auf einem hohen Niveau, ebenso wie die Inflation.

Fehlendes russisches Öl auf dem Weltmarkt senkt jedoch das Gesamtangebot – und treibt den Preis weiter in die Höhe. Ersatzlieferländer könnten nun auf den Gedanken kommen, die gelagerten russischen Ölimporte oder selbst gefördertes Öl bevorzugt für den eigenen Bedarf zu nutzen. Dies führt jedoch zu einer weiteren Verknappung der europäischen Versorgung.

Das Exportverbot gilt für alle Arten von Diesel-Kraftstoffen. Bis dato war Russland ungeachtet der EU-Sanktion bis Mitte September weltgrößter Exporteur – noch vor den USA. Pro Tag verschiffte das Land nach Angaben von „Bloomberg“ mehr als eine Million Barrel. Der Kraftstoff findet in Transport und Heizung ebenso Verwendung wie in industriellen Prozessen.

Schaden für Europa durch Exportverbot nur Nebeneffekt

Inwieweit die Schädigung Europas durch weiter steigende Preise Absicht oder nur Nebeneffekt der Maßnahme ist, bleibt jedoch ungewiss. Analysten rechnen nicht mit einer langen Dauer des Exportverbots. Zudem sehen Experten hauptsächlich innenpolitische Motivationen hinter der Veranlassung.

Wie das „Handelsblatt“ schreibt, will der Kreml den eigenen Markt sättigen, um Unternehmen und Verbrauchern eine günstige Möglichkeit zum Erwerb zu sichern. Das hängt nicht nur mit dem bevorstehenden Winter zusammen, sondern zuerst noch mit der Rekordernte, die in den kommenden Wochen verarbeitet werden muss.

Dazu kommt der zusätzliche Bedarf, den der Krieg in der Ukraine und die Versorgung der von Russland kontrollierten Gebiete fordert. Dort ist weder die Förderung von Öl noch der Betrieb eigener Raffinerien möglich. Die „Finanzmarktwelt“ zitiert Schätzungen, wonach allein im September des Vorjahres etwa 220.000 Tonnen Diesel für den militärischen Bedarf erforderlich gewesen seien. Diese Menge bezog sich auf sechs russische Grenzregionen zur Ukraine sowie die von Russland annektierten Gebiete Donezk und Lugansk.

Im Sommer hingegen hatten Wartungsarbeiten die verfügbare Kraftstoffmenge im Inland gedrosselt. Noch in der ersten Septemberhälfte habe die tägliche Raffinerieproduktion bei durchschnittlich 5,44 Millionen Barrel gelegen. Dies sind etwa 108.000 Barrel pro Tag weniger als der Durchschnitt des gesamten Monats August. Auch dies habe zu inflationären Tendenzen und dadurch steigenden Lebenshaltungskosten im Land beigetragen.

Russland muss Exportgewinne und Deckung des Inlandsbedarfs ausbalancieren

Auf Dauer ist es nach Einschätzung von Experten jedoch unwahrscheinlich, dass das Exportverbot in der gegenwärtigen Form über Monate aufrechterhalten bleibe. Anonymen Quellen aus dem Beamtenapparat selbst zufolge werde es nur gelten, bis ein neuer Marktmechanismus zur Regulierung der inländischen Kraftstoff-Lieferungen vorhanden sei. Dies berichtete die „Finanzmarktwelt“.

Ein dauerhaftes Exportverbot würde dem eigenen Raffineriesektor schaden, meinen Experten – und das sogar noch, bevor es Abnehmer in Europa treffe. Sie verdienen mit dem Export deutlich mehr als mit der Versorgung des eigenen Marktes.

Zur weltweiten Stabilisierung eines Ölpreisniveaus, das Russlands Export gewinnträchtig erhält, hat der Kreml bereits auf Ebene der OPEC+ beigetragen. Dort hatte man zusammen mit Saudi-Arabien eine Drosselung der Fördermenge durchgesetzt.

Perspektivisch wird Russlands Regierung Lösungen finden müssen, um die Deckung des heimischen Bedarfs zu angemessenen Preisen sicherzustellen. Derzeit gehen 50 von 90 Millionen Tonnen Diesel, die Russland jährlich produziert, in den Export. Angedacht sind etwa präventiv hohe Ausfuhrzölle oder höhere nachgelagerte Subventionen. Allerdings belasten diese auf Dauer den Staatshaushalt. Kurzfristig dürfte das Exportverbot jedoch der Inlandsnachfrage Erleichterung verschaffen.



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