Kauft Elon Musk ein totes Pferd? Twitter verliert seine aktivsten Nutzer

Tesla-Gründer Musk will bis Freitag seinen Erwerb von Twitter abschließen. Eine interne Studie attestiert der Plattform eine verheerende Entwicklung.
Titelbild
Elon Musk in einem Twitter- Bürogebäude.Foto: -/Twitter account of Elon Musk/AFP via Getty Images
Von 27. Oktober 2022

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Bis zur gerichtlichen angeordneten Deadline am kommenden Freitag (28. Oktober) will US-Milliardär Elon Musk die Übernahme des Kurznachrichtendienstes Twitter abschließen. Dies machte der Tesla-Chef „Bloomberg“ zufolge bei einer Videokonferenz mit Bankern klar, die bei der Finanzierung des 44 Milliarden Dollar teuren Deals helfen.

Die Banken, die 13 Milliarden Dollar an Krediten bereitstellen sollen, müssen demnach nur noch die letzten Formalitäten regeln, bevor das Geld für Musk freigegeben wird. Bis Freitag um 17 Uhr Ortszeit (23 Uhr MESZ) muss die Transaktion abgeschlossen sein. Andernfalls wird der Gerichtsprozess fortgesetzt, mittels dessen Twitter die Erfüllung des im April abgeschlossenen Kaufvertrages erzwingen will.

Interne Studie bestätigt mehr Schein als Sein

Zuletzt hatte Musk die Erfüllung des Deals von der Finanzierung abhängig gemacht. Im Juli hatte er die Vereinbarung für ungültig erklärt, da Twitter im Vorfeld ihm gegenüber falsche Angaben gemacht habe. Musk hatte der Plattform vorgeworfen, zu einem erheblichen Teil Fake-Accounts mitzuschleppen und diese gewähren zu lassen.

Twitter hatte diesen Vorwurf stets zurückgewiesen. Jüngst abgeschlossene interne Untersuchungen, über die „Reuters“ exklusiv berichtete, machen jedoch deutlich, dass die Plattform tatsächlich mehr Schein als Sein beinhalten könnte.

Dieser Studie zufolge haben vor allem sogenannte Heavy-Twitterer, also Intensivnutzer, seit Beginn der Corona-Krise dem Dienst den Rücken gekehrt. Diese Nutzer stellen weniger als zehn Prozent der Gesamtnutzer, sind aber für 90 Prozent der Tweets und die Hälfte des weltweiten Umsatzes verantwortlich.

Politik und Nachrichten werden für Twitter-Nutzer immer uninteressanter

Bereits im April hatte Elon Musk die Frage „Stirbt Twitter?“ aufgeworfen. Er wies darauf hin, dass die zehn Accounts mit den meisten Followern – darunter Ex-US-Präsident Barack Obama oder Sänger Justin Bieber – kaum aktiv wären.

Nun heißt es in dem internen Dokument mit dem Titel „Where did the Tweeters Go?“, dass die Zahl der Viel-Twitterer seit Beginn der Corona-Pandemie „absolut rückläufig“ sei. Um als solcher zu gelten, reichte es aus, sich zumindest an sechs Tagen der Woche einzuloggen und bis zu viermal zu posten.

Zudem wies die Studie eine Interessensverschiebung aufseiten der aktivsten englischsprachigen Nutzer aus. Mittlerweile sind nicht mehr Nachrichten, Sport und Unterhaltung die Trendthemen in dieser werbewirksamen Zielgruppe. Stattdessen wächst dort das Interesse an Kryptowährungen oder sogenannten „Not Safe For Work“ (NSFW) Inhalten, zu denen unter anderem erotische Angebote zählen.

Größere Toleranz gegenüber Nacktheit zieht ungebetenes Publikum an

Als eine von wenigen großen Social-Media-Plattformen kennt Twitter kein grundsätzliches Verbot von Nacktdarstellungen. Allerdings nimmt das Interesse potenzieller Werbekunden an Plattformen ab, auf denen ihre Produkte in einem halbseidenen Kontext auftauchen.

Der Untersuchung zufolge sollen sogenannte Erwachseneninhalte mittlerweile 13 Prozent des Inhaltsvolumens auf Twitter ausmachen. Erst im September setzten Konzerne wie Dyson, PBS Kids und Forbes ihre Werbung aus, weil Accounts auf Twitter zu Kinderpornografie aufriefen. Twitter bekannte sich zwar infolge des Eklats zu einer „Null-Toleranz-Politik“ gegenüber solchen Inhalten. Der Imageschaden war aber bereits eingetreten.

Für die Twitter-Studie untersuchten die beteiligten Forscher die Anzahl der Viel-Twitterer in englischer Sprache, die ein Interesse an einem Thema zeigten. Die stellten sie anhand der Konten fest, denen sie folgten, und anhand der Veränderungen dieser Anzahl der Nutzer in den vergangenen zwei Jahren.

Twitter verliert an Konkurrenzplattformen wie Instagram oder TikTok

Bezüglich der Kryptowährungen ist das Interesse volatil: Erlebt der Markt einen Einbruch wie zuletzt im Juni, sinkt auch das Interesse vonseiten der Twitter-Nutzer. Es ist aus Sicht der Studienautoren ungewiss, ob dieser Bereich perspektivisch wachsen werde.

Auch das Interesse an Weltnachrichten und liberaler Politik sei nach den Vorfällen vom 6. Januar 2021 in Washington deutlich eingebrochen. Die Studienautoren befürchten auch, dass Musks Ankündigungen, Stellen abzubauen und die Inhaltsmoderation zurückzufahren, nicht zur Attraktivität der Plattform beitragen würden. Immerhin sei dadurch eine weitere Verschlechterung der auf Twitter geposteten Inhalte zu befürchten.

Darüber hinaus verliert der Dienst allerdings auch Nutzer, die sich für Prominente oder für Mode interessieren. Rückläufig sind auf der Plattform auch E-Sports- und Online-Streaming-Communitys. Viele Kunden, so die Analyse, seien zu Konkurrenzanbietern gewechselt – wie Instagram von Meta oder TikTok, dessen Verbindung zum KP-Regime in Peking Fragen aufwirft. Das bittere Fazit eines der Autoren der Untersuchung lautet:

Es scheint, als gäbe es eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem, was ich mir als unsere Unternehmenswerte vorstelle, und unseren Wachstumsmustern.“

(Mit Material der dpa)



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