„König des deutschen Privatfernsehens“: Helmut Thoma wird 85 Jahre alt

Krawalltalk, Seifenoper und Frühstücksfernsehen: Der ehemalige RTL-Geschäftsführer Thoma hat die Fernsehlandschaft verändert.
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Während des zweiten Semifinales der TV-Show „Das Supertalent“ von RTL am 07. Dezember 2013 in Köln, Deutschland.Foto: Peter Wafzig/Getty Images
Epoch Times29. April 2024

Ein ranghoher Branchenkollege nannte Helmut Thoma einst den „König des deutschen Privatfernsehens“ – und tatsächlich prägten wohl wenige Menschen die jüngere deutsche Fernsehlandschaft so wie der gebürtige Wiener, der am Freitag 85 Jahre alt wird. Als ehemaliger RTL-Geschäftsführer etablierte der für seinen Geschäftssinn ebenso wie für seine provokanten Sprüche bekannte Thoma maßgeblich das Privatfernsehen hierzulande mit.

Thoma, der in Interview auch in jüngerer Zeit immer wieder gern über das von ihm als „Rentnerfernsehen“ titulierte Programm öffentlich-rechtlicher Sender herzieht, stand maßgeblich hinter der Einführung von Formaten wie Krawalltalk, Seifenoper und Frühstücksfernsehen. Heute aus dem Fernsehen nicht wegzudenken, ist dies in den 80er und 90er Jahren noch Neuland.

„Der Wurm muss dem Fisch schmecken“

„Ich wundere mich auch hin und wieder über die Wahl, aber der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler“, lautet einer der bis heute gern kolportierten Sprüche des um Zuspitzungen selten verlegenen Thoma. Kritik an kultureller Programmverflachung durch das Schielen auf Einschaltquoten kritisiert er als elitären Standesdünkel, ja sogar als „undemokratisch“.

Unter der Regie von Thoma startet RTL mit „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ 1992 unter anderem auch die allererste Daily Soap im deutschen Fernsehen. Die Serie bringt es inzwischen auf mehr als 8.000 Folgen. Vorreiter ist RTL auch mit dem Boulevardmagazin „Explosiv“, der Diskussionssendung „Der heiße Stuhl“, deutschsprachigen Serienproduktionen wie „Hinter Gittern“ und „Alarm für Cobra 11“ oder der Nachrichtensendung „RTL Nachtjournal“.

Thoma wird am 3. Mai 1939 in der österreichischen Hauptstadt Wien geboren und wächst als Einzelkind bei der Mutter auf. Seinen im Krieg gefallenen Vater lernt er nie kennen. Er startet sein Berufsleben zunächst mit einer Ausbildung in einer Molkerei, holt dann aber an einem Abendgymnasium das Abitur nach und studiert Jura. Zunächst ist er als Rechtsanwalt tätig.

Beginn war am 2. Januar 1984 – als „Garagensender“

Später geht er zum Österreichischen Rundfunk, bei dem er es bis zum Leiter der Rechtsabteilung bringt. 1973 wechselt Thoma zum Sender „Radio Luxemburg“, der unter dem Namen RTL ein auch in Teilen Westdeutschlands empfangbares beliebtes Radioprogramm für junge Leute ausstrahlt. Dieses wird von ihm als Geschäftsführer geleitet. Nach der Liberalisierung des Fernsehmarkts beauftragt ihn RTL 1983 mit dem Aufbau eines Fernsehsenders.

Thoma gewinnt den Gütersloher Bertelsmannkonzern als Finanzpartner für das ehrgeizige Projekt. RTL startet den Sendebetrieb am 2. Januar 1984, in der ersten Stunde mit dabei sind unter anderem der Komiker Mike Krüger und der Moderator Hans Meiser. Die Anfänge sind bescheiden, wie Thoma später erzählt. RTL sei damals „weniger als ein Garagensender“ gewesen. Es habe Momente gegeben, in denen „wussten wir nicht, was wir übermorgen senden“.

Thoma agiert als nüchterner Unternehmer und Zahlenmensch. Hinter seinem Konzept, das RTL innerhalb weniger Jahre zum erfolgreichen und profitablen Sender macht, steht die Einschaltquote. Er weiß, dass insbesondere die Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen für den Werbemarkt interessant ist.

Vor allem in den ersten Jahren nach dem Sendestart 1984 setzt Thoma auch auf das, was weniger wohlmeinende Beobachter „Unterschichtenfernsehen“ nennen. Dafür stehen etwa die Spielshow „Der Preis ist heiß“ mit Harry Wijnvoord, die Nachmittagstalksendung „Hans Meiser“ oder die Erotikshow „Tutti Frutti“. RTL investiert zudem massiv in Sportübertragungsrechte.

Beißende Kritik auch als Berater

Thoma ist seit 1994 in dritter Ehe mit seiner langjährigen Assistentin Danièle Milbert verheiratet, aus erster Ehe hat er einen Sohn. Milbert und Thoma leben zeitweise getrennt, versöhnten sich aber später wieder. Bekannt ist außerdem, dass Thoma leidenschaftlich Antiquitäten sammelt.

Trotz seiner prägendem Rolle beim Aufbau des Unternehmens trennen sich Ende der 90er Jahre die Wege von Thoma und RTL. Zeitweise steigt RTL zwar zum Sender mit dem größten Marktanteil auf, aber andere Sender holen später massiv auf. Zwischen Thoma und Miteigentümer Bertelsmann kriselt es. Thoma zieht sich 1998 aus der Geschäftsführung zurück. Einige Jahre ist er noch Berater für RTL, parallel übernimmt er weitere Beraterposten.

Von sich reden macht Thoma später insbesondere nochmals als Chefaufseher der Mobilfunkanbieter Mobilcom und Freenet. Den Aufsichtsratsposten bei Freenet gibt er 2022 ab. Mit seiner Meinung zur Entwicklung bei RTL hält er sich noch Jahre nach der Trennung nicht zurück, übt öffentlich teils beißende Kritik. „Ich würde ungern sehen, dass RTL untergeht“, sagt er 2021 in einem Interview zur Begründung. Der Sender sei sein „Baby“ gewesen. (afp/red)



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