Grundsteuer-Reform: Wohnen in angespannter Lage könnte noch teurer werden

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) will am Mittwoch zwei Modelle zur Neuberechnung der Grundsteuer vorstellen, wobei eines die Nettokaltmiete berücksichtigt.
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In der Altstadt von Rothenburg ob der Tauber, Bayern.Foto: iStock
Epoch Times26. November 2018

Wohnen in angespannter Lage könnte durch die Reform der Grundsteuer noch teurer werden. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) will den Ländern am Mittwoch zwei Modelle zur Neuberechnung der Grundsteuer vorstellen, wobei eines die Nettokaltmiete von Wohnungen berücksichtigt.

Möglich sei eine Mehrbelastung in Höhe eines „mittleren zweistelligen Eurobetrags“ pro Jahr, hieß es am Montag aus Regierungskreisen. Vom Mieterbund und der Immobilienwirtschaft sowie der Opposition kam Kritik, die SPD verteidigte die Pläne.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die Bemessung der Grundsteuer in ihrer aktuellen Form im April für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert, sie bis Ende 2019 neu zu regeln. Hintergrund ist, dass die Einheitswerte der Grundstücke seit über 50 Jahren nicht mehr angepasst wurden und damit überholt sind.

Die Bundesländer sollen den Einheitswert von Grundstücken bestimmen

Die Grundsteuer auf Immobilien ist zwar eine bundeseinheitliche Steuer. Allerdings ist es Sache der Länder, den sogenannten Einheitswert von Grundstücken zu bestimmen. Dieser wird dann mit einer Steuermesszahl und mit dem von der Gemeinde festgesetzten Hebesatz multipliziert. Die Grundsteuer ist mit rund 14 Milliarden Euro im Jahr eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen.

Am Ende sollen auch weiterhin 14 Milliarden Euro an Einnahmen stehen. Ziel sei es, eine „sozial gerechte“ und verfassungsmäßige Lösung zu finden, hieß es aus Regierungskreisen. Die Modelle sollen am Mittwoch mit den Länderfinanzministern diskutiert werden.

Wertabhängiges Modell

In dem vorgeschlagenen wertabhängigen Modell soll nun zur Berechnung des Grundstückswerts unter anderem die Nettokaltmiete unter Berücksichtigung des Alters der Immobilie eingerechnet werden.

Bei selbst genutzten Immobilien soll eine fiktive Miete anhand des Mikrozensus gelten. Den Steuermessbetrag würde der Bund neu festlegen, den Hebesatz können die Kommunen weiter selbst bestimmen. Da Eigentümer die Grundsteuer auf die Mieter umlegen können, drohen in den Fällen, in denen die Steuer steigt, höhere Mieten.

Wertunabhängiges Modell

Bei dem anderen, dem wertunabhängigen Modell, geht es um die Fläche der Immobilien und Grundstücke. Dieses Modell befürwortet vor allem Bayern.

Früher war die Rede von Bodensteuer oder Grundsteuer

Die Bodensteuer würde einer Studie zufolge die Belastung für Mehrfamilienhäuser senken und damit Mieter entlasten, auf die die Steuer umgelegt wird. Besitzer von Villengrundstücken in teuren Lagen müssten spürbar mehr zahlen. Bei beiden Modellen würden die Steuern für Ein- oder Zweifamilienhausgrundstücke etwa gleich hoch liegen.

Beim Bundesratsmodell wäre die Besteuerung von Neubauten dagegen überproportional hoch und könnte damit den Wohnungsbau insgesamt dämpfen. Mit der Bodensteuer würde dagegen das Bauen auf leeren Grundstücken in Innenstädten gefördert, weil für sie genauso viele Steuern fällig würden wie für ein bebautes Grundstück.

Der Mieterbund plädierte für eine Bemessung der Grundsteuer ausschließlich am Grundstückswert. Solch eine Reform wäre nicht nur schnell umzusetzen. Grundstücke in Innenstädten, die als Spekulationsobjekt unbebaut bleiben, könnten dann als Bauanreiz deutlich höher besteuert werden.

Bedrohlich: In Einzelfällen steigt die Grundsteuer bis um das 50-Fache

„In Einzelfällen steigt die Grundsteuer bis um das 50-Fache, in manchen mehr um als das 30-Fache“, erklärte Joachim Keiler, Pressesprecher des AfD-Kreisverbandes Dresden auf Facebook im April 2018.

Dabei treffe dies vorallem die Eigenheimbesitzer und gerade auch die, die vor kurzem gebaut haben – denn in die Bemessungsgrundlage fließen die Herstellungskosten mit ein. Ein weiterer umstrittener Punkt sei das Schonvermögen, dass lt. SPD erhöht werden sollte.

Joachim Keiler schreibt: „Eine Heranziehung der Herstellungskosten zu Anschaffungszeiten stellt die junge Generation der Eigenheimersteher gegenüber Alteigentümern ungleich schlechter und wirkt so einer sinnvollen Vermögensbildung der gesellschaftstragenden Leistungsträger diametral entgegen. Wieder einmal hätte die „sandwich generation“ die looser-Karte gezogen.“

Der Zorn der Menschen würde sich gegen die Kommunen richten. Bislang nehmen die Kommunen 14 Milliarden Euro mit der Grundsteuer ein. Werden im Kommunalfinanzausgleich die Städte kurz gehalten müssten die Kommunen – um überhaupt zu überleben – die Hebesätze zu erhöhen.

Und „Da die Finanzsteuerung über EZB und Bundesbank auf Immobilien – ohne Transferprozeß=Eigentümerwechsel=Verkauf- nicht auf die Wertsubstanz der Grundstücke zugreifen kann, wäre dies ein Beitrag die schwarze Null im Bund zu halten. Der Betroffenenzorn würde sich gegen die Städte und Gemeinden richten und der Bund könnte sich als ‚Retter in der Not‘ zeigen, natürlich nur bei Aufgabe des letztverbliebenen Restes an kommunaler Selbstverwaltung ( Art.28 GG).“

Was sagen die Parteien?

Die SPD verteidigte die Pläne. Die Reform müsse die „finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen sichern“, erklärte der Wohnungsexperte Bernhard Daldrup. Ziel sei es, die „Ungerechtigkeiten bei der derzeitigen Grundsteuerbemessung“ zu beseitigen.

Der Geschäftsführer des Deutschen Mieterbunds, Ulrich Ropertz, sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, so wie der Vorschlag jetzt angelegt sei, werde er „insbesondere in den Städten zu einer Anhebung der Grundsteuer führen“. Der Mieterbund fordert, die Grundsteuer aus dem Betriebskostenkatalog zu streichen. Diese sei eine Eigentumssteuer und es sei nicht ersichtlich, warum Mieter sie bezahlen sollten.

Der Eigentümerverband Haus & Grund bezeichnete es als „bürokratischen Irrsinn“, künftig für jede Wohnung einzeln einen Grundsteuerbescheid erstellen zu müssen. Er spricht sich für das Flächenmodell aus. Der Immobilienverband ZIA erklärte, der Gesetzgeber schaffe mit dem wertabhängigen Modell ein „Beschäftigungsprogramm für Steuerbeamte“.

Die Grünen forderten ebenso wie die Linke den Gesetzgeber auf, sicherzustellen, dass die Grundsteuer generell nicht mehr auf die Mieter umgelegt werden darf. Die FDP warnte vor allem vor einem „Bürokratiemonster“. (afp)



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