Zwei Drittel der Böden sind nicht gesund – Auflagen für Landwirte gehen EU nicht weit genug

Der Rechnungshof der EU hat überprüft, ob die finanziellen Mittel zur Verbesserung des Bodens gut eingesetzt wurden. Zufrieden sind sie nicht. Die Auflagen, die von den Landwirten erfüllt werden sollen, um Fördermittel zu erhalten, gehen der EU nicht weit genug.
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Die jetzige Art, den Boden zu bewirtschaften, führt oft zur Erschöpfung des Bodens.Foto: iStock
Von 12. Juli 2023

Die Staaten haben die finanziellen und gesetzgeberischen Mittel nicht ausreichend genutzt, um den Boden zu schützen. Zu diesem Ergebnis gelangt der EU-Rechnungshof in seinem aktuellen Bericht. Die bisherigen Bemühungen sehen die Hüter der EU-Finanzen kritisch.

Zum einen seien die EU-Standards häufig nicht besonders ehrgeizig, zum anderen ließen die Mitgliedstaaten die Mittel nicht den Gebieten mit den dringendsten Bodenproblemen zukommen.

Wichtig zu wissen ist: die Kompetenzen für den Bodenschutz liegen bei den Mitgliedsstaaten. Die aktuellen Handlungen der EU sind der zweite Versuch Brüssels, sich beim Bodenschutz durchzusetzen. Ein vor gut einem Jahrzehnt geplanter Vorschlag der Kommission für ein EU-Bodengesetz scheiterte bereits vorher am energischen Widerstand einiger Mitgliedsländer, darunter Deutschland.

Ungesunde Böden

Laut den Prüfern befinden sich 60 bis 70 Prozent der Böden in Europa in einem ungesunden Zustand, was von den Autoren des Berichts teilweise auf falsche Methoden der Bodenbewirtschaftung und des Dungmanagements zurückgeführt wird. Der Abschlussbericht wurde am 10. Juli veröffentlicht.

„Böden sind lebenswichtig und stellen eine nicht erneuerbare Ressource dar“, erklärt Eva Lindström, die für den Bericht des Rechnungshofs zuständig ist. Jedoch befänden sich ein Großteil der Böden in Europa in einem schlechten Zustand. „Dies sollte die EU alarmieren und zum Handeln bewegen, damit sich die Qualität der Böden wieder verbessern kann, gerade auch mit Blick auf künftige Generationen.“

Lidström schlägt vor: „Die anstehende Überarbeitung der EU-Vorschriften könnte von den EU-Gesetzgebern dazu genutzt werden, die Bodenstandards in ganz Europa anzuheben.“

Rund 85 Milliarden Euro

Zwischen 2014 und 2020 wurden den Prüfern zufolge im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) 85 Milliarden Euro bereitgestellt, um die Bodengesundheit zu verbessern. Die Nitratrichtlinie, die in diesem Zusammenhang zu beachten ist, schränke bereits den Einsatz von Stickstoff aus Dung in belasteten Gebieten ein.

Allerdings gingen die Auflagen, die von den Landwirten erfüllt werden sollen, um Fördermittel zu erhalten, der EU nicht weit genug. Sogenannte Cross-Compliance-Vorschriften, die sicherstellen sollen, dass die Auflagen der EU zur Umwelt von den Landwirten eingehalten werden, könnten helfen.

Der EU-Rechnungshof beobachtete, dass die festgelegten Anforderungen an die Bodengesundheit bei den Landwirten nur selten zu einer Änderung der Anbaumethoden geführt hat. Die Staaten hätten die Fördermittel besser Gebieten zuweisen sollen, die akute Bodenprobleme haben. Zudem hätten die Länder nur unvollständige Daten geliefert, sodass die Kommission keinen genauen Überblick über die Anwendung der Vorschriften für das Management von Dung hat.

Was sich hinter einer „nachhaltigen Bodenbewirtschaftung“ verbirgt, ist auf EU-Ebene noch nicht einheitlich definiert. Bis zum Jahr 2050 will die EU eine Gesundung der Böden erreichen. Forschern zufolge werden sich jedoch die Böden weiter verschlechtern, Gründe dafür seien unter anderem Erosion, Verlust biologischer Vielfalt, Stickstoffmangel bzw. -überschuss und Wasserverschmutzung.

Für ihre Studie untersuchten die Prüfer Deutschland, Irland, Spanien, Frankreich und den Niederlanden im Zeitraum 2014 bis 2022. Bewertet wurde, ob die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten die EU-Instrumente zur Förderung einer nachhaltigen Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Böden und eines nachhaltigen Dungmanagements wirksam eingesetzt haben.

Was ist möglich?

Derzeit erfordern die Gesetze – mit Blick auf die Zukunft – kaum Änderungen von den Landwirten. Der Rechnungshof stellte fest, dass sich die Situation für den Zeitraum 2023-2027 etwas verbessert hat. Dennoch werden diese Verbesserungen nur „wenig Einfluss auf eine nachhaltige Boden- und Düngerbewirtschaftung haben“.

Um bis 2050 die Bodenqualität wieder herzustellen, bereitet die Kommission eine Gesetzesinitiative für den Schutz, die Bewirtschaftung und die Wiederherstellung der Böden in der EU vor.

Vor Kurzem wurde bereits ein Vorschlag für eine neue EU-Richtlinie zur Bodengesundheit veröffentlicht. Dieser wird in den kommenden Monaten vom Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union diskutiert.

Was könnte getan werden?

Um den Boden zu verbessern, gibt es verschiedene Ansätze, die auf traditionellen Verfahren beruhen. Einer davon ist die „Terra Preta“, die von südamerikanischen Ureinwohnern stammt und bei Gärtnern und Biolandwirten bereits kleinräumig zum Einsatz kommt. Das Substrat besteht aus Garten- und Küchenabfällen, Kohle und Mikroorganismen und gilt als besonders fruchtbar.

Ein anderer Ansatz ist die „regenerative Landwirtschaft“ (Regenerative Agriculture), die auch für große Flächen geeignet ist. Diese beruht darauf, den Prozess zu imitieren, mit dem die Natur selbst gesunde Böden geschaffen hat. Das bedeutet, den Boden so wenig wie möglich zu stören. Hinzu kommt eine kontinuierliche organische Bedeckung des Bodens mit sogenannten „Deckpflanzen“.

Der wichtigste Unterschied zur herkömmlichen Art der Bodenbearbeitung ist, dass nicht gepflügt wird. Der Einsatz von Pflügen ist tabu. Ohne den Boden umzubrechen, können sich Wurzelsysteme, Pflanzenreste und ihre organischen Nährstoffe im Boden anreichern.

Vor allem werden die natürliche Bodenentwicklung und das Netzwerk der Mykorrhizapilze, der wichtigsten wurzelassoziierten Pilze im Boden, nicht zerstört.

„Wer sein Land pflügt, muss damit rechnen, dass sich die Humusbildung im Boden für mindestens drei bis vier Jahre verringert“, erklärt Attila Kökény. Der Landwirt und Referent aus Ungarn setzt sich seit Jahren für die Methode ein. Düngung und Nährstoffnachschub sind nach seinen Erfahrungen so lange nötig, bis die Fruchtbarkeit im Boden hergestellt ist.

Die Bodenbedeckung ist entscheidend für eine regenerative Landwirtschaft. Foto: iStock

Sein Handeln sei hierbei eher ein Nichthandeln und ein Mitdenken mit der Natur, sagt Kökény. Schließlich gehe es bei dem Prozess letztlich darum, zu versuchen, jede physische Störung zu beseitigen oder zumindest zu minimieren. „Was die Natur in Tausenden Jahren geschaffen hat, scheinen wir selbst machen zu können, und zwar in viel kürzerer Zeit, weil wir die technischen Mittel dazu haben.“

Erfahrungen in Regenerative Agriculture zeigen, dass bis zu 15 Jahre notwendig seien, um die Böden zu verbessern.

Etwa ein Fünftel der landwirtschaftlichen Nutzfläche in den USA wird bereits seit Jahrzehnten nicht mehr gepflügt. Landwirte bevorzugen die „No-Till“-Philosophie (Ohne-Pflügen-Philosophie) und säen direkt ihre nächsten Pflanzen ein. Immer mehr von ihnen setzen auch Deckpflanzen ein, um fruchtbarere, humusreichere Böden zu erhalten.

Je dicker die Humusschicht (ganz oben) ist, desto besser für den Lebensmittelanbau. Foto: iStock



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