Beijing 2008 war nicht im Sinne des olympischen freien Geistes

Nachdem die Olympia-Teilnehmerin im Fechten, Imke Duplitzer, im Viertelfinale gegen Ildiko Mincza-Nebald mit 11:15 unterlag, sprach Epoch Times nach ihrer Ankunft in Deutschland mit der erfolgreichen Athletin über Olympia, über den „Über-Service” und miese E-Mails.
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(Steffen Andritzke/ETD)
Epoch Times23. August 2008

ETD: Frau Duplitzer, wie kam es zu Ihrer Niederlage?

Duplitzer: Tja, das ist eben Fechten. Es ist ein Sport, der auch in hohem Maße von der Tagesform abhängig ist. Eigentlich war ich, nachdem ich den Jetlag überwunden hatte, in Peking gut drauf. Doch der 13. war dann einfach nicht mein Tag. Eigentlich habe ich mich beim Einfechten schon wahnsinnig gequält. Beim ersten Gefecht gegen die Panamaerin habe ich mich auch nicht gut gefühlt, es aber trotzdem noch relativ souverän nach Hause gebracht.

Dann dachten wir alle, jetzt rollt die Lokomotive. Aber dann hat es gegen Frau Mincza-Nebald eben doch nicht gereicht. Aber die ficht ja auch nicht erst seit gestern. Das sind eben die Tage, an denen man das Gefühl hat, es läuft alles nicht zusammen: der Kopf passt nicht zu den Beinen, die Beine passen nicht zur Hand und die Hand passt zu überhaupt nichts. Manchmal kann man sich dann zwar noch einmal zurückkämpfen, aber im Endeffekt wird solch ein Tag selten noch von Erfolg gekrönt.

ETD: Enttäuscht?

Duplitzer: Ja, ein bisschen – ich hatte schließlich über ein Jahr gerackert, um mich zu qualifizieren… um dann wieder einmal Fünfte zu werden. Aber es kann auch nicht jeder eine Medaille gewinnen; es gibt ja nur drei.

ETD: Wie war denn Ihr Eindruck von Peking?

Duplitzer: Wir haben nicht so viel mitgekriegt, denn es waren für uns die Spiele der kurzen Wege. Wir haben direkt um die Ecke bei der Fechthalle gewohnt und man hätte auch bequem zu Fuß hingehen können. Zu Fuß hätten wir fünf Minuten gebraucht – mit dem Shuttle-Bus waren es aber gefühlte 20 Minuten, weil der noch um 500 Ecken und durch 300 Sicherheitsschleusen fahren musste. Von der Organisation her gesehen haben sie es sehr gut hinbekommen.

Auf der anderen Seite war es überorganisiert. Viel Aufwand bei den Sicherheitskontrollen und ein „Über-Service”, der doch recht gewöhnungsbedürftig war. Man konnte noch nicht einmal seinen Kaffeebecher alleine unter das Kaffeegerät stellen, weil dies für einen getan wurde. Es gipfelte dann im Shuttle-Bus in der Frage der Busbegleiterin: „Do you know the way out of the bus?“ Das sind Momente, wo man sich fragt: „Häh? Geht´s noch?“

ETD: Es gab auch Journalisten, die sich darüber beschwerten, dass dieser „Über-Service“ einer totalen Überwachung gleicht?

Duplitzer: Was mehr als aufgefallen ist, war, dass man nie allein war. Wenn man sich im olympischen Dorf bewegt hat oder sich in den olympischen Garten setzen wollte; es war immer ein Chinese da und alle Naslang kam dann noch jemand vorbei und zupfte Unkraut oder schnitt Blätter irgendwo heraus. Immer wuselte jemand um dich herum.

Dann stellt man sich schon einmal die Frage: Sind die jetzt wirklich da, um hier gerade diese Blätter abzuschneiden oder gucken die, was wir gerade tun. Teilweise haben die auch noch sehr grimmig dreingeschaut. Es ist permanent jemand um einen herum gewesen. Die einzigen ruhigen Plätze in Peking waren wahrscheinlich die sogenannten „Protestparks”.

Wir Sportler haben auch davon gehört, dass eine Tibet-Organisation versucht hat, in einem Hotel eine spontane Pressekonferenz abzuhalten. Diese wurde dann von „Hotelangestellten” mit Schlägermethoden hochprofessionell innerhalb weniger Minuten aufgelöst … aber offiziell waren es ja nur „Hotelangestellte”.

Wir hatten auch einen offenen Brief an Hu Jintao geschrieben, in welchem dazu aufgefordert wurde, die Menschenrechte zu beachten. Der wurde auch in einigen Zeitungen veröffentlicht, aber da waren dann die Internetseiten gesperrt. Es gab auch einige Probleme, da man Seiten der „Zeit” und der „Süddeutschen” nicht aufrufen konnte, weil darin kritische Berichte standen. Auch diese Dinge führen dazu, dass man permanent das Gefühl hat, man ist nicht frei und wird überwacht.

Es nahm wirklich groteske Züge an. Ich habe mich mit einem italienischen Kollegen unterhalten, der ziemlich treffend sagte, dass das alles nur ein surrealistisches Theater ist, was da in Peking aufgeführt wird. Alles wirkte sehr künstlich, wie eine Fassade. Ich habe mich auch mit vielen Athleten aus anderen Ländern unterhalten, die gleichfalls der Meinung waren, dass dies eben nicht im Sinne des olympischen, freien Geistes ist.

Es war aber auch Spiele, bei denen sich das IOC mit Teilen der Führung der Kommunistischen Partei Chinas „gefunden” hat. Praktisch, denn das IOC bietet die Marke Olympia und die KP Chinas verkauft sie dann.

Bezeichnend war auch, wie Herr Rogge bezüglich der Internetzensur gesagt hat: „… da waren wir wohl ein bisschen naiv“. Komisch, wenn es um solche Sachen geht, sind sie ein bisschen naiv, aber wenn es ums Geld geht, dann sind sie plötzlich gerissen wie…

ETD: Sie gelten als engagierte Athletin, die sich ihre Meinung nicht verbieten lässt und sich schon mal zu Olympia in Peking und Sotschi äußert. Gab es darauf Reaktionen?

Duplitzer: Ja, die überwiegende Mehrzahl findet es gut, dass sich Sportler nicht den Mund verbieten lassen oder nicht ihr Gehirn in der Umkleidekabine im Schrank einschließen. Aber ich habe auch viele miese E-Mails bekommen. Es gipfelte darin, dass ein völlig Verwirrter nach meinem Ausscheiden geschrieben hat: „Haha – Gott ist Chinese“. Damit meinte er wohl, dass es eine Art Gerechtigkeit war, dass ich rausgeflogen bin, weil ich selbständig denke und eine Meinung habe.

In diesen E-Mails beschimpfen die Leute mich, werden polemisch und artikulieren sich sehr undifferenziert. Manche schreiben auch, es könne in China gar nicht so sein und was mir überhaupt einfiele, mich dazu zu äußern. Zum Teil stellen die Leute auch wirre Zusammenhänge her – man glaubt es nicht. Manches lese ich schon gar nicht mehr.

In dem Zusammenhang möchte ich sagen, dass es sehr schade ist, dass Britta Heidemann und ich immer so konträr dargestellt werden. Da machen es sich manche sehr einfach. Britta und ich haben zwar in machen Dingen verschiedene Meinungen, aber wir sind eine Mannschaft. Ich habe mich sehr über ihre Goldmedaille gefreut.

ETD: Was haben Sie eigentlich während der Eröffnungsfeier in Peking gemacht?

Duplitzer: Mit einem kleinen Bierchen und einem guten Buch im Bett gelegen. Passenderweise war es ein Buch über den kalten Krieg.

ETD: Und wie geht es bei Ihnen in der nächsten Zeit weiter?

Duplitzer: Ende der Woche fahre ich in den Süden in den Urlaub. Das habe ich mir verdient.

ETD: Herzlichen Dank für das Gespräch, Frau Duplitzer, und weiterhin viel Erfolg.

Das Interview führte Steffen Andritzke.

(Steffen Andritzke/ETD)
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