„Welle von Schauprozessen“ in China – EU-Parlament debattiert über Resolutionsantrag

Ein Schauprozess in einem Klima von Angst und Unterdrückung. Ein Berliner kämpft für die Freilassung seines Vaters in China. Sein Schicksal hängt – wie das von Millionen anderer Falun Gong-Praktizierender – tagtäglich am seidenen Faden. Nun diskutieren die Abgeordneten im Europäischen Parlament in Straßburg über das Thema. Es soll über eine Resolution abgestimmt werden.
Titelbild
Das Europäische Parlament in Straßburg.Foto: Christopher Furlong/Getty Images
Von 18. Januar 2024

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Der einfache Teebauer, Yuande Ding, aus einem Dorf mit dem nahezu unaussprechlichen Namen Yanjiazhuang, nahe der ostchinesischen Hafenstadt Rizhao. Verschleppt, verschwunden und schon längst vergessen wäre Herr Ding, wenn nicht sein Sohn Lebin im fernen Berlin immer wieder und vehement an das Schicksal seines verhafteten – und nun auch verurteilten – Vaters erinnern würde.

MdEP Gahler fordert zum Handeln auf

Kürzlich bekam Lebin Ding Unterstützung durch den EU-Abgeordneten Michael Gahler. Der CDU-Politiker verlinkte den Fall auf X und forderte konkrete Schritte von der EU-Kommission, namentlich von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU): „Die aktuelle Welle von Schauprozessen darf nicht unbemerkt bleiben. Die KPC-Strukturen sollten sich darüber im Klaren sein, dass sie auch nach chinesischem Recht Menschen ohne rechtliche Grundlage verfolgen. Wir sollten die Täter bestrafen, indem wir Visa verweigern und ihre Vermögenswerte im Ausland beschlagnahmen. @vonderleyen“, so das Mitglied des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament.

Verhaftung und „Schauprozess“

Yuande Ding wurde gemeinsam mit seiner Frau am Vormittag des 12. Mai 2023 beim Arbeiten auf der kleinen Teeplantage der Familie wegen ihres Glaubens festgenommen. Anschließend wurde das Haus durchsucht, wo man Falun-Gong-Bücher und -Flugblätter fand. Während die Behörden seine Frau aufgrund internationaler Aufmerksamkeit auf den Fall unter inoffiziellen Hausarrest gestellt hatten, brachten die Beamten der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) ihren Ehemann in Untersuchungshaft.

Gegen Ding, der Opfer einer Verhaftungswelle geworden war, die mindestens 70 chinesische Bürger betraf, die Falun Gong praktizieren, wurde am 28. November ein Schauprozess abgehalten. Nach Angaben seines Sohnes Lebin Ding, der seit elf Jahren in Deutschland lebt, hatte die Familie keine offizielle Information oder Unterlagen über den Prozessbeginn oder gar eine Einladung dazu bekommen. Erst über andere Wege hatten Quellen die Familie über den Prozess informiert. Das Urteil wurde nach dem Prozess jedoch noch nicht verkündet.

Am 15. Dezember soll das Urteil entschieden worden sein. Erfahren hatte die Familie davon erst am 20. Dezember. Der Gerichtshof der Kreisstadt Wulian verurteilte Yuande Ding zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren. Zusätzlich muss der Teebauer eine Geldstrafe von 15.000 Yuan (rund 2.000 Euro) für die Staatskasse erbringen.

Der Berliner Lebin Ding fordert vor der chinesischen Botschaft in Berlin die Freilassung seines Vaters in China. Foto: The Epoch Times

Genozidexpertin: „Pseudo-juristische Farce“

Einen Tag vor Prozessbeginn sprach Jasna Causevic, Referentin für Genozidprävention und Schutzverantwortung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), in einem Pressestatement von einem „Schauprozess“. Sie nannte das Ganze eine „pseudo-juristische Farce“ als Teil der „erbarmungslosen Repressionskampagne, die die chinesische Regierung seit 24 Jahren gegen Angehörige von Falun Gong fährt“.

Den eigentlichen Grund für die Verhaftung des Familienvaters sah die Menschenrechtsexpertin auch eher in einer tiefen Verbundenheit mit den jahrtausendealten Traditionen Chinas: „Als Praktizierender der Meditationsbewegung Falun Gong hat er für sich selbst einen Meditations- und Kultivierungsweg gefunden, der dem Atheismus und Materialismus der diktatorischen Kommunistischen Partei Chinas entgegensteht“, erklärte Causevic.

Im Europäischen Parlament in Straßburg sollte heute Abend eine Debatte über einen Resolutionsentwurf bezüglich der Verfolgung von Falun Gong und des Falls von Yuande Ding stattfinden.

Der parteiübergreifende Resolutionsantrag fordert das kommunistische Regime in China auf, die Verfolgung von Falun-Gong-Praktizierenden sowie anderen Minderheiten einschließlich Uiguren und Tibetern in China sofort zu beenden und Yuande Ding sofort bedingungslos freizulassen.

Am Donnerstagvormittag findet die Abstimmung über den Antrag im Parlament statt.

Partei und Sozialismus als „Über-Gott“

Im US-Jahresbericht 2022 zur internationalen Religionsfreiheit in China wird unter anderem dargestellt, wie die Kommunistische Partei per Gesetz versucht, sich den gläubigen Menschen im Staat als höchste Instanz ihres Glaubens aufzuzwingen – selbst im überweltlichen Sinne.

Chinas Staatliche Administration für religiöse Angelegenheiten (SARA) hat klare Verwaltungsvorstellungen. Sie verlangt unter anderem, dass alle Geistlichen in China „das Mutterland lieben, die Führung der Kommunistischen Partei Chinas unterstützen, das sozialistische System unterstützen, sich an die Verfassung, die Gesetze, Vorschriften und Regeln halten, die Grundwerte des Sozialismus praktizieren, das Prinzip der unabhängigen und selbstverwalteten Religion in China einhalten, sich an die Richtung der Sinisierung der Religion in China halten und sich für die Aufrechterhaltung der nationalen Einheit, der religiösen Harmonie und der sozialen Stabilität einsetzen sollten“, zitiert das US-Außenministerium.

Mehr „Kultivierung“ und Wissenschaft als Religion

Heute ist neben den USA und Kanada auch Australien ein bei Chinesen beliebtes Land, um auszuwandern. In einer Analyse des australischen Außenministeriums (DFAT) vom Dezember 2021 wird inhaltlich zu Falun Gong erklärt, dass die Ausübenden ihren Weg „nicht unbedingt als Religion [an]sehen, sondern als eine Methode zur ‚Kultivierung‘ oder Wissenschaft“.

In China ist Falun Gong seit dem 20. Juli 1999 verboten und die Praktizierende, die nicht auf diese Praxis mit den Prinzipien Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht verzichten wollten, werden verfolgt.

Zu jener Zeit sollen in China insgesamt rund 1,2 Milliarden Menschen gelebt haben. Laut Falun-Gong-Angaben praktizierten damals dort etwa 100 Millionen Menschen diese buddhistische Schule. Nach Schätzungen der chinesischen Staatsführung von 1998 sollen es rund 70 Millionen gewesen sein, wie die „New York Times“ damals berichtete.

In dem DFAT-Bericht wird zudem hinsichtlich der Verfolgung in China auf Klagen von Falun-Gong-Praktizierenden und ihren Anwälten verwiesen, dass die verfolgten Menschen teils Opfer von psychiatrischen Experimenten und Organentnahmen geworden seien. Das DFAT gibt an, dass man nicht in der Lage sei, diese Behauptungen zu überprüfen. Man sei jedoch im Mai 2020, nach der Veröffentlichung des Berichts des Londoner China-Tribunals zur Organentnahme, mit dem Vorsitzenden des Tribunals, Sir Geoffrey Nice QC, zusammengekommen, „um die Ergebnisse weiter zu erörtern“.



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