Heiter und aufmunternd: Die „Wassermusik“ von Händel

Händels Meisterwerk – die „Wassermusik“ – vereinte mehrere Kulturen, machte einen unbeliebten König beliebt und brachte die klassische Musik in die Moderne.
Die Wassermusik von Händel
Georg Friedrich Händel erschuf vor über 300 Jahren die berühmte „Wassermusik“.Foto: iStock
Von 26. Januar 2024

Am 17. Juli 1717 erlebte London ein Spektakel wie kein anderes. Eine Menschenmenge versammelte sich, als 50 Musiker auf offenen Booten entlang der Themse für König Georg I. und seine königliche Bootsfahrtgesellschaft Händels herrliche „Wassermusik“ spielten.

Die majestätische Sammlung von Suiten, die Georg Friedrich Händel eigens für diesen Anlass schrieb, begeisterte die britische Öffentlichkeit durch ihre originelle Kulisse und ihren fröhlichen Klang. Sie erweckte die Unterstützung der Bevölkerung während der Regierungszeit des Königs zu neuem Leben und schuf ein bleibendes kulturelles Erbe der klassischen Musik.

Musik für das Volk

König Georg I. (1660–1727) war zu Beginn seiner Regierungszeit nicht sehr beliebt. Bereits kurz nach der Thronbesteigung sah sich der König im Jahr 1717 mit politischen Gegnern konfrontiert: sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der eigenen Familie. So bildete sich eine gegnerische Partei, die seinen Sohn Georg II. August, den Prinzen von Wales, favorisierte.

Auftraggeber der Wassermusik: Georg I., König von Großbritannien

Porträt von Georg I., König von Großbritannien (1660–1727), in Krönungsrobe von Godfrey Kneller, 1714. Foto: Gemeinfrei

Die Berater des Königs schlugen ihm vor, etwas Großes zu tun, um das Volk für sich zu gewinnen. So entstand die Idee, ein üppiges Sommerfest auf der Themse mit großartiger musikalischer Unterhaltung zu veranstalten. Georg I. inszenierte für seine Untertanen eine königliche Show, die sie so schnell nicht vergessen würden. Und wer wäre besser geeignet, Musik für diesen Anlass zu komponieren, als Georg Friedrich Händel, der königliche Komponist von Georg I.?

Der 1685 in Halle an der Saale geborene Händel siedelte 1712 nach Großbritannien über, wo er später die britische Staatsbürgerschaft annahm. Bis zu seinem Tod im Jahr 1759 lebte er in London und komponierte hier den Großteil seiner Stücke. König Georg I. liebte Händels Musik und so war es klar, dass der Barockkomponist die Musik für das symbolische Comeback des Königs schreiben sollte.

Porträt von Georg Friedrich Händel

Porträt von Georg Friedrich Händel (1685–1759) von Thomas Hudson, 1741. Foto: Gemeinfrei

Eine königliche Aufführung

Die „Wassermusik“ wurde schließlich an einem Sommerabend des Jahres 1717 auf einer Barke auf der Themse uraufgeführt. Das Publikum verfolgte die Aufführung von überfüllten Booten und von den Ufern der Themse aus mit Spannung. König Georg I. und seine Höflinge lauschten der Aufführung vom königlichen Boot aus, als sie von Whitehall nach Chelsea fuhren. Mit durchschlagendem Erfolg, wie die englische Presse titelte:

Am Mittwochabend, ungefähr um acht, begab sich der König bei Whitehall in eine[r] offene[n] Barke […] auf eine Bootsfahrt. Und sie fuhren flussaufwärts nach Chelsea. Viele andere Barkassen mit Personen hohen Ranges nahmen daran teil, die Zahl der Boote war so groß, dass geradezu der ganze Fluss bedeckt war. In einem Schiff der Stadtgilde spielten die Musiker, die über 50 Instrumente jeglicher Art verfügten. Sie spielten den ganzen Weg von Lambeth […] die schönsten, besonders für diesen Anlass von Herr Händel komponierten Sinfonien, welche Seiner Majestät derart gefielen, dass sie auf dem Hin- und Rückweg dreimal wiederholt werden mussten. Um elf ging Seine Majestät in Chelsea an Land, wo ein Abendmahl zubereitet wurde und es sodann eine weitere Musikbegleitung gab, die bis 2 Uhr andauerte; Seine Majestät bestieg wieder seine Barke und legte den gleichen Weg zurück, während die Musik durchgehend erklang, bis sie an Land gingen.“ – The Daily Courant

Händel und König Georg I. bei der Uraufführung der Wassermusik

Georg Friedrich Händel (links) und König Georg I. (rechts) während der Uraufführung in einer Barke auf der Themse; gemalt von Edouard Jean Conrad Hamman. Foto: Gemeinfrei

„Wassermusik“ – heiter und aufmunternd

Mit der „Wassermusik“ schuf Händel ein majestätisches Werk, das perfekt auf seine Uraufführung abgestimmt war. Das Ensemble aus Flöten, Oboen, Fagotten, Trompeten, Hörnern, Bässen und Violinen verbindet einprägsame Melodien mit traditionellen Tanzformen, die typisch für das Genre der barocken Suite sind.

Insgesamt besteht die Komposition aus drei Orchestersuiten und 22 in sich geschlossenen Instrumentalsätzen, wobei in jeder Suite andere Instrumente zum Einsatz kommen, um einen unverwechselbaren Charakter zu schaffen.

Da die Originalpartitur verloren gegangen ist, lässt sich die Reihenfolge der Suiten nicht mehr feststellen. Es herrscht jedoch Einigkeit darüber, dass die erste überwiegend in F-Dur aus zehn Sätzen besteht, die zweite in D-Dur fünf Sätze enthält – darunter die berühmte „Hornpipe“ – und die dritte mit sieben Sätzen in G-Dur und g-Moll geschrieben ist.

Die ersten beiden Suiten in F- und D-Dur sind laut und für das Publikum bestimmt, da in der ersten die Hörner und in der zweiten die Trompeten im Vordergrund stehen. Im Gegensatz dazu ist die dritte Suite mit sanfteren Instrumenten besetzt und soll die Abendmahlsmusik des Königs in Chelsea gewesen sein. Zu den einzelnen Sätzen gehören Ouvertüren, Fanfaren, Instrumentalarien und Tänze.

Händel-Denkmal in Halle (Saale)

Das Händel-Denkmal auf dem Marktplatz von Halle an der Saale. Foto: Gemeinfrei

Ein internationales Vermächtnis

Zusammen mit seinem zweiten königlichen Feststück – der „Feuerwerksmusik“ (1749) – ist die Wassermusik eines der wenigen Instrumentalstücke, die Händel komponierte. Bei beiden Kompositionen handelt es sich um Suiten, kurze, geordnete Instrumentalstücke, die für die Aufführung unter freiem Himmel gedacht waren und aristokratische Tänze und Volkstänze aus ganz Europa mit Fagotten, Hörnern und Trompeten kombinierten, um den Klang zu tragen.

Die Suiten sind populären französischen Tanzformen nachempfunden: Menuette, altfranzösische Tänze, Bourrées genannt, und die britische Hornpipe, während die Sätze wie italienische Konzerte klingen.

Suite Nr. 1 beginnt mit einer großen, majestätischen Ouvertüre im französischen Stil, die einem König würdig ist. Fortgesetzt wird sie mit einer lebhaften Bourrée, einem königlichen Menuett und endet mit der majestätischen Hornpipe.

Durch die Vermischung verschiedener europäischer Genres schuf Händel ein einzigartiges Meisterwerk, welches in seinem beruflichen Lebensstil begründet liegen mag. So studierte der gebürtige Deutsche zunächst in Italien und lebte später in London, einem kosmopolitischen Zentrum, wo er die Wassermusik für einen deutschstämmigen englischen König komponierte.

Außerdem ließ Händel sein Werk erstmals von deutschen, italienischen, französischen und englischen Musikern auf offenen Booten uraufführen.

Uraufführung der Wassermusik auf der Themse

Gemälde zur Uraufführung der „Wassermusik“ von Canaletto (1697–1768). Foto: Gemeinfrei

Konzert unter freiem Himmel

Eine Gruppe von internationalen Musikern, die unter freiem Himmel musizieren, war zu dieser Zeit eine ganz neue Idee. Die „Wassermusik“ war in ihrer Komposition und ihrem Zweck bewusst modern und international, denn sie vermittelte die Vorstellung, dass König Georg I. ein fortschrittlicher und weltoffener König war, der in der modernen Zeit regieren konnte.

Händel beließ es nicht bei dieser Innovation: In diesem Stück kam erstmals das Englischhorn in einem britischen Orchester zum Einsatz.

Nach nur wenigen Jahren geriet Händels Meisterwerk jedoch in Vergessenheit – vor allem, weil keine vollständige Partitur verfügbar war. Nur wenige kannten diese Komposition – außer denjenigen, die sie selbst miterlebt oder in Konzertsälen gehört hatten. Erst 1788, fast 30 Jahre nach dem Tod Händels, erschien die gesamte Sammlung im Druck. Die Öffentlichkeit freute sich über die Wiederentdeckung dieser erhebenden Komposition.

Mit der „Wassermusik“ zeigte Händel – der hauptsächlich Opern und Oratorien schrieb und wenige Instrumentalwerke – sein enormes kompositorisches Talent. Neuere Darbietungen in historischer Aufführungspraxis, bei der zeitgetreue Instrumente und Spieltechniken verwendet werden, zeigen den Besuchern, wie die Musik an einem Sommertag an der Themse geklungen haben könnte.

Bis heute wird die „Wassermusik“ regelmäßig aufgeführt und gilt als eines der größten Werke Händels.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „‘Water Music’: An Instrumental Piece Like No Other“. (redaktionelle Bearbeitung kms)



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