Schloss Kronborg: Schauplatz einer berühmten Tragödie

Wie ein Fels in der Brandung thront Schloss Kronborg am Öresund in der Ostsee – jener Ort, den der englische Dichter William Shakespeare nie persönlich sah, aber den er mit seiner Tragödie weltberühmt machte.
Blick aus das Schloss Kronborg
Das Schloss Kronborg liegt nahe der Stadt Helsingör auf der dänischen Insel Seeland.Foto: Thomas Rahbek, SLKE
Von 28. Januar 2024

„Der holländische Kapitän Cornelis de Jong nähert sich mit seinem mit Gewürzen und Kolonialwaren beladenen Schiff von Norden her dem Sund. Es ist früh am Morgen im Juni, wir schreiben das Jahr 1585 und die Sonne geht gerade auf. Er spürt den frischen Wind […] auf seinem Gesicht und den salzigen Geschmack der Wellen, die gegen die Bordwand des Schiffes schäumen.

Es ist ein wunderschöner Morgen, und an Steuerbord sieht er plötzlich Kronborg mit seinen strahlend weißen Mauern, den glitzernden Kupferdächern und den goldenen Türmen am Horizont auftauchen. Für eine kurze Sekunde verschlägt es de Jong den Atem. Kronborg ist ein beeindruckender Anblick, ein Bauwerk, das sowohl überwältigende Kraft als auch erlesene Eleganz ausstrahlt.

De Jong ruft der Besatzung zu, die Flagge zu hissen und Kurs auf Helsingör zu nehmen. Sie müssen den Öresundzoll bezahlen, bevor sie zu ihren Kunden in der Ostsee weiterfahren können. Er wirft noch einen Blick auf die gerade fertiggestellte Pracht. ‚Das war teuer, sehr teuer‘, denkt er. ‚Ob sie wohl wieder die Sundmaut erhöht haben? Das ist schon mal passiert.‘ De Jong seufzt und legt an“, so beschreiben die Dänen die Erscheinung ihres Schlosses vor über 400 Jahren.

Schloss Kronborg von der Seeseite

An dem Schloss Kronborg führte kein Weg vorbei: Jedes Schiff musste die Sundmaut zahlen, um passieren zu dürfen. Foto: Thomas Rahbek, SLKE

Über mehrere Hundert Jahre war Kronborg ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt für die Schifffahrt und den Seehandel in der Ostsee. Unzählige Augen blickten einst staunend und ehrfürchtig bewundernd auf die dänische Zitadelle. Sogar einen großen englischen Dichter zog Kronborg in seinen Bann – und das, obwohl er Schloss Kronberg nie mit eigenen Augen sah. Wie war das möglich?

Luftbild von Schloss Kronborg

Nach über 400 Jahren haben die glitzernden Kupferdächer inzwischen eine grünliche Färbung angenommen. Foto: SLKS

Schönheit durch Steuern

Im Jahr 1420 errichtete König Erich von Pommern eine uneinnehmbare mittelalterliche Festung namens „Krogen“. Dafür suchte sich der Regent mit der Küstenstadt Helsingör einen strategisch günstig gelegenen Ort am Öresund aus – jener Meerenge, die Schweden und Dänemark trennt.

Mit dem Bau der Festung konnte der König nicht nur die dänischen Gewässer überwachen, sondern setzte auch seine neu ausgedachte Steuer – die Sundzölle – in die Tat um. Mehr als 400 Jahre lang mussten alle Handelsschiffe, die die Meerenge passierten, diese Abgabe entrichten.

Schloss Kronborg von außen

Schloss Kronborg liegt an einem strategisch günstig gelegenen Ort am Öresund, einer Meerenge, die Schweden und Dänemark trennt. Foto: Thomas Rahbek, SLKE

Wenn sie es nicht taten, drohte man mit der Beschlagnahmung der Schiffe oder ihrer Zerstörung durch Kanonen, die auf der Burg und in Bastionen untergebracht waren. Somit legte Erich von Pommern den Grundstein für das spätere Schloss Kronborg und den Schauplatz großer Literatur.

Die Sundmaut brachte in den folgenden 150 Jahren so viel Geld ein, dass König Friedrich II. von Dänemark zwischen 1574 und 1585 die mittelalterliche Festung renovieren und in das Schloss Kronborg verwandeln konnte. Neben ihrem prächtigen äußeren Erscheinungsbild erhielt die Zitadelle zudem die neuesten Waffentechnologien.

Schloss Kronborg war stets mit Kanonen ausgerüstet

Bezahlte man die Steuer nicht, wurde das Schiff beschlagnahmt oder mit Kanonen versenkt. Foto: Thorkild Jensen

Kronborg in aller Munde

Zu Beginn ließ Friedrich II. das Schloss aus rotem Backstein und hellen Sandsteinfriesen erbauen. Doch dies war auch dieselbe Art und Weise, wie der Adel seine Ländereien baute – was dem Regenten bitter aufstieß. Eine Neuerung und Abgrenzung zum gewöhnlichen Adel musste her.

Deshalb veranlasste der König die Verkleidung der Schlossmauern mit schönem weißen Sandstein aus Skåne und Gotland. Ergänzt wurde die pompöse Pracht mit rötlichen Kupferdächern und den goldenen Türmen.

Die Leidtragenden waren die Seefahrer: Denn um den enormen Ausbau finanzieren zu können, hob Friedrich II. mehrfach die Steuern an. Hinzu kam, dass die Zahl der Handelsschiffe im 16. Jahrhundert immer weiter stieg, was zu immer mehr Einnahmen führte.

Speisesaal vom Schloss Kronborg

Durch die Sundmaut konnten die Regenten den prunkvollen Ausbau des Schlosses finanzieren. Foto: Thomas Rahbek, SLKS

So konnte auch das höfische Leben mit seinen ausschweifenden Festen, opulenten Tafeln und Theateraufführungen finanziert werden. Kaufmänner und Diplomaten trugen schließlich die Geschichten über Kronborg in die Welt hinaus und erreichten bald England. Ganz besonders fasziniert war der wortgewandte William Shakespeare (1564–1616) und so machte er die Zitadelle zum Schauplatz für seine Tragödie „Hamlet“.

Im Jahr 1629 zerstörte ein Brand fast das komplette Schloss und das prunkvolle Leben in ihm. Zwar baute König Christian IV. das Schloss wieder auf, allerdings war es ab 1690 keine königliche Residenz mehr.

Das höfische Leben war – wie die Roben der Reichen – bunt und opulent. Foto: Nikki Jeffries

Dänemarks Nationalheld schläft bis heute unter Kronborg

Ebenfalls eng mit dem Schloss verbunden ist Holger Danske und eine der vielen Legenden um den Nationalhelden Dänemarks. Holger soll zur Zeit von Karl dem Großen gelebt haben und Sohn des dänischen Königs Gudfred gewesen sein. In vielen Legenden wird sein Können als Krieger gepriesen, indem er unter anderem einen Riesen namens Brehus besiegt haben soll.

Nach seinen zahlreichen Kriegseinsätzen in ganz Europa soll Holger zurück in seine Heimat Dänemark gereist sein. Dort habe er sich auf einem Schloss niedergelassen, sei in einen tiefen Schlaf gefallen und ruhe seit Hunderten Jahren. Einer weiteren Legende zufolge erwache er erst an dem Tag, an dem Dänemark von Feinden bedroht wird. Erst dann werde er seine Augen öffnen, aufstehen und sein Schwert erheben.

Holger Danske gilt als erfolgreicher Krieger und ist der Nationalheld Dänemarks. Foto: Thomas Rahbek, SLKE

Zwar existieren verschiedene Meinungen, welcher der Ruheort des dänischen Königs ist, allerdings spricht sich die Mehrheit für das Schloss Kronborg aus. Auch in einem Märchen von Hans Christian Andersen aus dem Jahr 1846 wird Holger Danske in den Kellern von Kronborg verortet. Und genau dort befindet sich seit 1906 die Statue von Holger Danske.

Bis heute ist das Schloss Kronborg – auch dank Holger Danske und Hamlet – ein wichtiges Symbol der dänischen Geschichte und der englischen Literatur.

Schloss Kronborg ist der Schauplatz von Shakespeares Hamlet

Schloss Kronborg inspirierte William Shakespeare für seine Hamlet-Tragödie. Foto: Nikki Jeffries

Hamlet in 400 Worten

Hamlet, Prinz von Dänemark, studiert in Wittenberg, als er die Nachricht vom Tod seines Vaters erhält. Er kehrt im Glauben an seine Krönung ins Schloss Kronborg zurück. Dort erfährt er, dass seine Mutter, Königin Gertrud, seinen Onkel Claudius geheiratet hat und dieser jetzt König ist. Claudius nimmt die Politik nicht ernst und will von einem bevorstehenden Treffen mit dem norwegischen Prinz Fortinbras nichts wissen. Eines Nachts begegnet Hamlet dem Geist seines Vaters, der ihm erzählt, dass Claudius sein Mörder ist.

Hamlet will Rache und schmiedet einen Plan. Damit er Zeit gewinnt, gibt er vor, wahnsinnig zu sein – auch gegenüber seiner Geliebten Ophelia. Um den mörderischen Onkel zu entlarven, heuert Hamlet Schauspieler an, die ein Stück über den Königsmord aufführen. „Das Schauspiel sei die Schlinge, in die den König sein Gewissen bringe.“ Claudius besucht die Aufführung – und offenbart seine Schuld, indem er schreiend aus dem Theater rennt.

Polonius, der Berater des Königs und Ophelias Vater, sucht daraufhin die Königin auf, um mit ihr über ihren verrückten Sohn zu sprechen. Sie ruft Hamlet zu sich, während sich der Berater hinter einem Vorhang versteckt. Mutter und Sohn streiten. Als Hamlet ein Rascheln hinter dem Vorhang vernimmt, vermutet er seinen Onkel dahinter. Er greift zu seinem Degen und sticht zu – statt Claudius tötet er seinen zukünftigen Schwiegervater.

Hamlet flüchtet nun mit seinem besten Freund Horatio auf den Friedhof, wo sie einen Totengräber bei der Arbeit treffen. Mit einem Schädel in der Hand philosophiert Hamlet über das Leben – „Sein, oder nicht sein …“. Als eine Trauergesellschaft eintrifft, stellt Hamlet fest, dass die Leiche seiner geliebten Ophelia zu Grabe getragen wird. In ihrem Kummer über den wahnsinnigen Hamlet hat sie sich im Fluss ertränkt.

Ophelias Bruder Laertes macht Hamlet für den Tod von Schwester und Vater verantwortlich – es kommt zu einem Schwertkampf im Thronsaal. In einer Verschwörung versieht Claudius Laertes Schwert mit Gift. Während des Duells werden diese vertauscht, sodass Laertes und Hamlet vergiftet werden. Zur gleichen Zeit trinkt die Königin von einem Glas vergifteten Weins, den Claudius für Hamlet bestimmt hatte. Als Hamlet seine Mutter sterben sieht und merkt, dass auch er bald sterben wird, tötet er Claudius.

Im selben Moment trifft der norwegische Prinz Fortinbras mit seiner Armee ein – da kein Herrscher anwesend ist, besteigt er den dänischen Thron. Alle Hauptfiguren sind tot, außer der Freund Horatio. Kurz bevor Hamlet stirbt, bittet er ihn, die Geschichte zu erzählen, damit sie der Nachwelt erhalten bleibt.

Saal im Schloss Kronborg

Saal im Schloss Kronborg. Foto: Finn Chrostoffersen



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