Nach „Gefährderansprache“ bei 16-Jähriger: CDU fordert Erklärung – Schule beklagt „Hetzkampagne“

Die „Gefährderansprache“ einer 16-jährigen Schülerin in Ribnitz-Damgarten wegen AfD-freundlicher TikTok-Beiträge wird möglicherweise ein Nachspiel im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern haben. Unterdessen beklagt die Schule heftige Reaktionen auf den Vorfall.
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Polizeiauto.Foto: via dts Nachrichtenagentur
Von 16. März 2024

Die sogenannte Gefährderansprache einer 16-jährigen Schülerin des Richard-Wossidlo-Gymnasiums in Ribnitz-Damgarten wird voraussichtlich ein Nachspiel im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern finden. Der vor drei Jahren aus Aachen an die Einrichtung gewechselte Schulleiter Jan-Dirk Zimmermann hatte die Polizei über Inhalte informiert, die die Schülerin auf ihren Social-Media-Kanälen gepostet hatte. Zuvor waren ihm diese offenbar selbst via E-Mail zur Kenntnis gebracht worden.

Gefährderansprache sollte der Warnung vor möglichen Anfeindungen dienen

Es stellte sich heraus, dass die Schülerin auf ihrem TikTok-Account zwar Inhalte veröffentlicht hatte, auf der in positiver Weise auf die laut Verfassungsschutz in Teilen rechtsextreme AfD Bezug genommen wurde, strafbare oder staatsschutzrelevante Aussagen fanden sich jedoch nicht. Dennoch hielt es der Schulleiter für angebracht, die Schülerin aus dem Unterrichtsraum zu bitten.

Im Beisein der Beamten habe man die 16-Jährige daraufhin auf den Sachverhalt angesprochen. Dies sei am 27. Februar geschehen. Laut Polizei soll es darum gegangen sein, sie auf mögliche Anfeindungen anzusprechen, die aus ihren Social-Media-Aktivitäten herrühren könnten. Gleiches soll auch in einem Telefongespräch mit der Mutter geschehen sein.

Warum sich der Schulleiter nicht in diskreterer Form – etwa in Form eines Anrufs oder der Bitte um ein persönliches Gespräch außerhalb der Schulzeit – an die Familie gewandt hatte, bleibt offen. Die Mutter wandte sich in weiterer Folge an eine Wochenzeitung. Sie erklärte, ein allegorisches „Schlumpf-Video“, das für die AfD werben sollte, und die Aussage ihrer Tochter, Deutschland sei „nicht nur ein Ort, sondern ihre Heimat“, seien Auslöser gewesen.

Die Polizei selbst stellte erst am Donnerstag, 14. März, in Reaktion auf die Presseberichterstattung eine Pressemitteilung zum Einsatz online. Darin war die Rede von einem „Aufklärungsgespräch mit präventivem Charakter“. Dieses habe bei der Schulleitung stattgefunden.

CDU sieht „unbefriedigende Erklärungen“ aufseiten der Landesregierung

Als Zimmermann die Schülerin zu sich gebeten hatte, seien die Beamten in der Nähe auf dem Flur gewesen, hieß es in der Erklärung weiter. Mitschüler der Klasse hätten keinen Zusammenhang zwischen beiden Ereignissen herstellen können. Es könne jedoch „zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, dass der Polizeieinsatz an dem Gymnasium von anderen Personen öffentlich wahrgenommen wurde“.

Exakt das könnte nun zu einem politischen Nachspiel führen. Der CDU-Landtagsabgeordnete Daniel Peters, der in Kürze den Fraktionsvorsitz übernehmen soll, erklärte laut „Deutscher Presse-Agentur“: „Das Ganze wirkt ungeheuerlich.“

Er sprach von „unbefriedigenden Erklärungen“ vonseiten der Landesregierung. Ein Sprecher der Landtagsfraktion brachte mögliche Sondersitzungen des Innen- und Bildungsausschusses ins Spiel. Es sei zudem möglich, dass die Unionsfraktion eine Sondersitzung des Parlaments beantrage.

Die AfD-Fraktion hat für kommenden Dienstag auch bereits eine Sondersitzung des Bildungsausschusses beantragt. Dies äußerte deren bildungspolitischer Sprecher, Enrico Schult.

Minister halten Gefährderansprache für vertretbar und sehen Verhältnismäßigkeit als geachtet

Innenminister Christian Pegel (SPD) verteidigte das Vorgehen der Beamten im Landtag und gab seiner Überzeugung Ausdruck, dass „die Verhältnismäßigkeit gewahrt“ geblieben wäre. Wenn die Polizei gerufen werde, komme sie, so Pegel. Auch Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linkspartei) wies in einer Erklärung darauf hin, dass Schulleitungen in Mecklenburg-Vorpommern unter bestimmten Umständen nahegelegt sei, diese zu informieren.

Dies sei unter anderem der Fall, wenn „bei Besitz, Erstellung und/oder Verbreitung von Textnachrichten, Fotos oder Videos ein strafrechtlicher Hintergrund nicht zweifelsfrei ausgeschlossen“ werden könne. Schulleiter Zimmermann habe in diesem Kontext seine Information der Polizei „zur Klärung des Sachverhalts“ übergeben. Pikanterie an der Formulierung: Die Bitte um „Klärung eines Sachverhalts“ war zu DDR-Zeiten regelmäßig der Aufhänger für Vorführungen zu Verhören bei der damaligen Staatssicherheit.

Die Polizei hat einen Anfangsverdacht von vornherein ausgeschlossen. Offen bleibt vor diesem Hintergrund die Frage, ob und inwieweit es nicht Schulleiter Zimmermann auch selbst erkennbar sein konnte, dass kein strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegen konnte. In diesem Fall wäre auch von vornherein kein Anlass gegeben gewesen, die Polizei einzuschalten.

Polizeilicher Staatsschutz ermittelt nach „Drohanrufen und Schmäh-E-Mails“

Unterdessen hat sich die Schule abermals an die Polizei gewandt. Hintergrund sind offenbar heftige Reaktionen auf den Vorfall in sozialen Medien, die zu „Drohanrufen und Schmäh-E-Mails“ geführt haben sollen. Dies berichtet der NDR.

Auf X warnt die Polizeidirektion Neubrandenburg vor „Aufrufen zu Straftaten, Beleidigungen und Ähnlichem“. Diese könnten strafrechtlich verfolgt werden. Bereits jetzt ermittele der polizeiliche Staatsschutz. Die Behörde mahnt dazu, „die Persönlichkeitsrechte aller Beteiligten zu wahren“.

Die Aussage traf auf Kritik vieler X-Nutzer. Diese betonen, es wäre angebracht gewesen, nach Sichtung des Materials unverrichteter Dinge wieder abzuziehen – oder eine Ansprache an den Schulleiter selbst zu richten:



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