Steifer Körper: Eine rätselhafte Krankheit und verfügbare Behandlungen

Das Syndrom des versteiften Körpers, im deutschsprachigen Raum eher unter der englischen Bezeichnung Stiff-Person-Syndrom bekannt, ist eine seltene Erkrankung. Sie ist gekennzeichnet durch fortschreitende Muskelsteifigkeit und schmerzhafte Muskelkrämpfe, insbesondere in den Beinen und im Rücken.
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Leben mit Stiff-Person-Syndrom bedeutet eine kontinuierliche Konfrontation mit Schmerzen. Symbolbild.Foto: Jitendra Jadhav/istock
Von 2. Januar 2024

Vor einem Jahr beendete Céline Dion ihre Konzertreisen. Auf ihrem Weg zur Ikone wurde sie mit einem Grammy ausgezeichnet und steht hinter einigen der bekanntesten Songs der Popmusik. Grund für die Beendigung ihrer Tourneetätigkeit: Sie leidet unter dem Stiff-Person-Syndrom (SPS), einer seltenen und kaum verstandenen neurologischen Erkrankung. Wie verschiedene Medien berichten, hat sie inzwischen die Kontrolle über ihre Muskeln und ihren Körper verloren.

Dion ist das öffentliche Gesicht einer obskuren Krankheit geworden, über die die meisten nichts wissen. Ihre internationale Berühmtheit hat ihr eine Plattform geboten, um das Bewusstsein für die Krankheit zu schärfen, die zu lähmender Muskelsteifheit und brennenden Schmerzen führt.

Der hohe Preis des Stiff-Person-Syndroms

SPS entsteht durch einen Angriff des Immunsystems auf das zentrale Nervensystem, insbesondere auf das Gehirn und das Rückenmark. Es ist eine extrem seltene neurologische Störung. Kennzeichnend für diese Erkrankung sind eine zunehmende Muskelversteifung und schmerzhafte Krämpfe, die die Bewegungsfreiheit einschränken. Laute Geräusche, Stress oder Berührungen können vorübergehende, aber quälende Ganzkörpermuskelkrämpfe auslösen.

Zu den Menschen, bei denen SPS typischerweise diagnostiziert wird, gehören folgende Personen:

  • Menschen im Alter zwischen 30 und 50 Jahren
  • Menschen mit anderen Autoimmunkrankheiten, insbesondere Typ-1-Diabetes
  • Frauen

Nur einer von einer Million Menschen in den Vereinigten Staaten ist von dieser wenig verstandenen Krankheit betroffen, was häufig zu Fehldiagnosen führt. Für Deutschland sind keine Zahlen bekannt.

Schwieriger Weg zur Diagnose

Die anfänglichen SPS-Symptome sind von Patient zu Patient sehr unterschiedlich, häufig nicht eindeutig zuzuordnen und ähneln anderen Erkrankungen. Dies erschwert eine genaue Diagnose.

Bei einigen Patienten kann eine erhöhte Berührungsempfindlichkeit oder ein Schreckreflex bei unerwarteten Bewegungen diese Muskelkrämpfe auslösen. Mit der Zeit breitet sich die zunehmende Körpersteifigkeit vom Rumpf auf die Gliedmaßen aus und schränkt die Beweglichkeit stark ein.

Die Schwierigkeit der Diagnosefindung führt dazu, dass es bei manchen Menschen Jahre dauern kann, bis sie die Bestätigung erhalten, dass dies die Ursache ihrer gesundheitlichen Probleme ist, so Dr. Scott Newsome, Direktor des Johns Hopkins Stiff Person Syndrome Center und Professor für Neurologie, gegenüber The Epoch Times. Er nennt den Weg zur Diagnose eine „Odyssee“ für die Patienten.

Auch Fehldiagnosen gebe es zuhauf, sagte Newsome, da häufige Krankheiten wie Morbus Parkinson bis zur Durchführung entsprechender Tests als möglich erscheinen können.

„So werden Menschen mit Fibromyalgie, funktionellen neurologischen Störungen, Multipler Sklerose und Morbus Parkinson diagnostiziert, bevor sie zu jemandem wie mir kommen“, fügte er hinzu.

Es kommt jedoch auch zu Überdiagnosen; einige überwiesene Patienten weisen bei der Laboruntersuchung keine SPS-Marker auf. Um die richtige Diagnose zu erhalten, müssen die Symptome vollständig mit dem klinischen Profil der SPS übereinstimmen.

„In den letzten Wochen gab es in meiner Klinik Patienten, bei denen im Labor SPS diagnostiziert wurde, die aber gar keine SPS haben“, sagte Dr. Newsome. „Es geht also in beide Richtungen“, bemerkte er. „Aber es kommt wirklich darauf an, ob die klinische Symptomatik passt.“

Mögliche Ursachen und Auslöser von SPS

Während die genaue Ursache für SPS noch unbekannt ist, gibt es Hinweise auf einen Autoimmunmechanismus, der bewirkt, dass die körpereigene Immunabwehr fälschlicherweise auf gesundes Gewebe gerichtet ist – insbesondere auf Neuronen, die den chemischen Botenstoff GABA (Gamma-Aminobuttersäure) verwenden, um eine Überaktivität zu hemmen. Bei unzureichender GABA-Regulierung können dann die motorischen Nervenzellen übermäßig feuern, was zu Steifheit und Krämpfen führt.

Bei der Analyse einer großen Anzahl von Fällen wurde festgestellt, dass etwa 30 Prozent der Menschen mit SPS auch an Typ-1-Diabetes, einer anderen Immunstörung, leiden, so Newsome.

Viele Menschen mit SPS haben auch weitere Autoimmunerkrankungen wie perniziöse Anämie – welche Krankheit sich zuerst manifestiert, ist jedoch noch unbekannt. Diese nebeneinander auftretenden Erkrankungen deuten darauf hin, dass auch dem SPS eine Autoimmunerkrankung zugrunde liegt. „Wir können nur sagen, dass sie miteinander verbunden sind“, sagte Dr. Newsome.

Das SPS-Risiko scheint auch bei bestimmten Krebserkrankungen höher zu sein, darunter Brust-, Lungen-, Dickdarm-, Nieren-, Schilddrüsenkrebs und Lymphomen. Die Wissenschaftler müssen noch erforschen, warum SPS bei einigen Krebspatienten auftritt.

Verfügbare Behandlungen

Das Stiff-Person-Syndrom erfordert in der Regel einen mehrdimensionalen Behandlungsansatz, der sich auf die Bewältigung der Symptome und die Verbesserung der Lebensqualität konzentriert.

Die medikamentöse Behandlung kann Muskelrelaxantien, Medikamente gegen Krampfanfälle und Mittel gegen Angstzustände umfassen, um Muskelverspannungen, Krämpfe und die mit den Anfällen verbundene Angst zu lindern.

Eine Linderung der Symptome wurde mit Medikamenten erreicht, die die GABA-Neurotransmission verbessern, so Newsome. Dazu können Diazepam, Vigabatrin und Baclofen gehören. Diese Mittel können die überaktiven motorischen Neuronen beruhigen, die die Steifheit verursachen.

Forschungsergebnisse aus dem Jahr 2021 deuten darauf hin, dass eine intravenöse Immunglobulintherapie (IVIG) bei einigen Patienten einen gewissen Erfolg bei der Unterdrückung der Immunreaktion und der Bewältigung der Symptome haben kann.

Nichtmedikamentöse Optionen wie Physiotherapie und kognitive Verhaltenstherapie haben sich zudem als vielversprechend erwiesen, um den Betroffenen bei der Bewältigung von Mobilitätsproblemen und der psychischen Belastung durch chronische SPS-Schmerzen zu helfen.

Lebenslang, aber (normalerweise) nicht lebensbedrohlich

SPS ist zwar nicht direkt tödlich, beeinträchtigt aber die Lebensqualität der Betroffenen erheblich. Menschen mit fortgeschrittenem Stiff-Person-Syndrom stehen vor erheblichen Herausforderungen. Chronische Schmerzen, seelische Qualen und die radikale Einschränkung der Fähigkeiten erfordern oft ein hohes Maß an Unterstützung im täglichen Leben.

Falls es zum Tod kommt, sind in der Regel SPS-Komplikationen wie immobilisationsbedingte Blutgerinnsel oder Infektionen schuld und nicht SPS selbst, so Dr. Newsome. Schlimmstenfalls können jedoch Muskelkrämpfe in der Brustwand die Atmung tödlich behindern.

Obwohl unheilbar und von fortschreitender Behinderung begleitet, kommt es durch die Seltenheit von SPS nur zu einer minimalen Forschungsfinanzierung. Newsome wies darauf hin, dass die SPS-Forschung stark auf private Spenden angewiesen sei.

„Kein Betrag ist zu gering“, fügte er hinzu und betonte, dass weitere Forschung der Schlüssel für den Sieg im Kampf gegen diese degenerative Erkrankung ist.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „Stiff Person Syndrome: An Enigmatic Disease and Its Potential Causes“ (Deutsche Bearbeitung jw)



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