Identitäre Bewegung von AfD als „rechtsextrem“ gekennzeichnet – trotzdem Mitarbeiter im Bundestag?

Der Bayerische Rundfunk will jetzt über 100 Rechtsextreme im Bundestag als Mitarbeiter der AfD entdeckt haben. Epoch Times findet auf einer AfD-Unvereinbarkeitsliste von Ende 2023 weit über einhundert als „rechtsextrem“ eingestufte Organisationen. Wie passt das zusammen?
Titelbild
Mitglieder der AfD-Fraktion im Bundestag während einer Sitzung am 13. März 2024.Foto: Michele Tantussi/Getty Images
Von 14. März 2024

Der vom „Bayerischen Rundfunk“ (BR) als „BR-Recherche“ veröffentlichte Artikel „AfD im Bundestag: Mehr als 100 rechtsextreme Mitarbeiter“ ist – jedenfalls der Konstruktion nach und  bezogen auf seine große Medienresonanz – durchaus vergleichbar mit der von „Correctiv“ veröffentlichten mittlerweile umstrittenen „Geheimplan-Recherche“.

Die „Tagesschau“ schreibt jetzt Bezug nehmend auf den BR-Artikel, die AfD-Fraktion und ihre Abgeordneten beschäftigten „mehr als 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in Organisationen aktiv sind, die von deutschen Verfassungsschutzämtern als rechtsextrem eingestuft werden.“ Unter ihnen befänden sich Aktivisten aus dem Umfeld der „Identitären Bewegung“, ideologische Vordenker aus der „Neuen Rechten“ und mehrere Neonazis.

Beachtenswert ist hier, dass der Veröffentlichungstermin des „Bayerischen Rundfunks“ zusammenfällt mit einem viel beachteten Berufungsverfahren um die Einstufung der AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster (OVG).

Hier sind Parallelen erkennbar zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Correctiv-Recherche. Das sogenannte „Geheimtreffen“ hatte bereits im November 2023 stattgefunden, der Artikel wurde aber erst am 10. Januar 2024 und auf dem Höhepunkt der Bauernproteste veröffentlicht. Ergebnis: Die mediale Aufmerksamkeit für das Anliegen der Bauern und weiterer relevanter Kritiker der aktuellen Regierungspolitik fiel vom Zeitpunkt der Correctiv-Veröffentlichung an stark ab und wurde von einer umfangreichen Berichterstattung über „Proteste gegen Rechts“ überlagert.

„RE“ steht in dieser Liste für „rechtsextrem“

Jetzt sind also vom BR behauptete „100 Rechtsextreme“ in den Abgeordnetenbüros und den Fraktionsbüros der AfD. Einer davon soll Mario Müller sein. Jener Müller, über den der ehemalige Feuilleton-Chef des „Spiegels“, Matthias Matussek, einmal via Facebook „Mein identitärer Freund Mario“ schrieb und der Matusseks 2019er Geburtstagsfeier in Hamburg zu einem Medienereignis machte, weil seine Anwesenheit die Freundschaften zwischen Matussek und Jan Fleischhauer sowie zwischen Matussek und Reinhold Beckmann erlöschen ließ, die sich beide für eine rechtspolitische Sache instrumentalisiert fühlten.

Besagter Mario Müller spielte bei der Identitären Bewegung von Martin Sellner eine tragende Rolle. Er war einer der Gäste des Potsdamer „Geheimtreffens“ und er ist Mitarbeiter eines AfD-Bundestagsabgeordneten.

Was allerdings in der umfangreichen medialen Rezeption der BR-Recherche über angebliche „100 Rechtsextremisten im Bundestag“ kaum oder gar nicht beachtet wurde, ist eine „Unvereinbarkeitsliste“ der AfD, die selbst umfangreich bestimmte Gruppierungen als „RE“ einstuft. „RE“ steht in dieser Liste für „rechtsextrem“. Und es sind nicht nur ein oder zwei Organisationen, sondern weit über einhundert, die dort gelistet sind; weit mehr als aus den ebenfalls gelisteten Bereichen Ausländerextremismus, Linksextremismus oder Islamismus beziehungsweise islamistischem Terrorismus.

Die Liste ist öffentlich einsehbar. Und auf ihr befindet sich die „Identitäre Bewegung“. Die AfD führt demnach eine Liste, die bestimmte Gruppen als „RE“ für rechtsextrem, sprich als „unvereinbar“ einstuft, von denen ein führender Aktivisten oder ehemaliger Aktivist mittlerweile im Bundestag für AfD-Abgeordnete tätig ist. So ganz neu ist das allerdings nicht. Die Recherche des BR beschränkte sich hier auf die Sichtung eines Artikels der „Welt“ aus 2022.

Die wichtige AfD-Unvereinbarkeitsliste wurde vom BR gar nicht recherchiert, folglich kommt sie im viel beachteten Artikel auch nicht vor. Epoch Times sprach über den BR-Bericht und über besagte Unvereinbarkeitsliste unter anderem mit dem AfD-Bundestagsabgeordneten Jürgen Braun (AfD), der dem gemäßigten Flügel zugerechnet wird:

Große Empörung in der AfD bis hoch in die Parteiführung über eine Recherche des „Bayerischen Rundfunks“, die 100 rechtsextreme Mitarbeiter in den Büros der AfD-Bundestagsabgeordneten und der AfD-Fraktion identifiziert haben wollen. Warum ist Ihnen das vorher nicht aufgefallen, dass Sie so viele rechtsextreme Mitarbeiter im Hause haben?

Weil es diese rechtsextremen Mitarbeiter nicht gibt, wie das suggeriert wird. Inzwischen gelten für den linksgrünen Verfassungsschutz drei Landesverbände der AfD sowie unsere gesamte Jugendorganisation als „gesichert rechtsextrem“. Der BR hat einfach jeden Mitarbeiter, der einem dieser drei Landesverbände oder der Jungen Alternative angehört, egal ob Funktionär oder einfaches Mitglied, als „rechtsextrem“ gezählt. Mit Strafbarkeit oder echtem Extremismus hat das nicht das Geringste zu tun. Es wird in der Öffentlichkeit eine Show veranstaltet und mal wieder eine Inszenierung gemacht, diesmal vom „Bayerischen Rundfunk“ für die ARD. Vorher waren es ARD und ZDF mit Correctiv und mit einem angeblichen Geheimplan in Potsdam. Es ist wieder ganz viel heiße Luft, die hier verbreitet wird.

Was gibt es für Sicherheitsüberprüfungen und Zugangsvoraussetzungen für Mitarbeiter der Abgeordnetenbüros? Warum hat das Haus nicht selbst im Vorfeld festgestellt, dass da mit dem Bundestag nicht vereinbare Leute tätig sind? Entlang der BR-Recherche hätte man hier gar keine Hausausweise ausstellen dürfen, oder doch?

Genau das macht die Bundestagsverwaltung. Und daran sehen Sie schon, dass das am Ende Hunderte, wenn nicht sogar Tausende Mitarbeiter sind, die in den letzten sechs Jahren für AfD-Abgeordnete oder für die AfD-Fraktion gearbeitet haben oder noch arbeiten. Und diese Mitarbeiter wurden ohne Probleme als gute Staatsbürger überprüft. Es stellte sich heraus, es liegt nichts gegen sie vor, also bekommen sie Hausausweise.

Das heißt, es sind alles unbescholtene Menschen, die diese Hausausweise kriegen. Die Namen sind der Bundestagsverwaltung alle bekannt, von allen Mitarbeitern aller Fraktionen und allen Abgeordneten, egal aus welcher Partei. Das macht die Bundestagsverwaltung auch sehr ordentlich. Und es gibt so gut wie keine Ausnahmen, noch nicht einmal im Promillebereich.

Nun hatte der ehemalige Bundestagsabgeordnete Dieter Dehm (Die Linke) einen ehemaligen RAF-Terroristen eingestellt. So toll können die Kontrollen also nicht sein.

In diesem Fall hat man die aktuelle Gefährlichkeit sicher ebenfalls überprüft und gesagt: Nach verbüßter Haft mag der Mann zwar weiterhin extremistisch sein und unbelehrbar. Aber man hat offenbar eine Gefährlichkeit verneint in dem Fall aktuell. Aber das ist eine Entscheidung der Bundestagsverwaltung. Ich kann die nicht alle im Einzelnen kommentieren.

Im Zusammenhang mit der BR-Recherche taucht erneut der Name Mario Müller auf, eine wichtige Person in der Identitären Bewegung, der jetzt in einem AfD-Bundestagsabgeordnetenbüro arbeitet. Allerdings hat sich die AfD selbst in eine Unvereinbarkeitserklärung geschrieben, dass die Identitäre Bewegung für sie als „RE“ für rechtsextrem einzustufen ist. Wie geht das zusammen?

Es ist so, dass diese Unvereinbarkeit mit einer Mitgliedschaft in der AfD dargestellt wird. Das ist der entscheidende Punkt. Und es geht nicht um die Mitarbeiter bei einem Abgeordneten. Der betreffende Landesverband eines Abgeordneten kann sich damit beschäftigen. Aber in der Fraktion ist es so, dass wir nicht eingreifen bei Mitarbeitern von Abgeordneten, weil es das freie Recht nach dem Grundgesetz ist, dass das freie Mandat ausgeübt wird, wen ein Abgeordneter beschäftigt und wen nicht.

Sie wollen sagen, wenn der AfD-Abgeordnete eine von der AfD selbst als rechtsextrem eingestufte Person einstellt, dann ist das seine Privatangelegenheit?

Dann ist das seine Privatangelegenheit, wie es in allen anderen Fraktionen auch gehandhabt wird. Und wie gesagt, es geht nur darum, ob eine Gefährlichkeit oder ob irgendeine Strafbarkeit bei ihm vorliegt, und ansonsten bekommt er dann auch die Ausweise des Bundestages von der Bundestagsverwaltung.

Widersprüchlich wirkt hier, dass man sich einerseits über die Rechtsextremismus-Einstufungen des Verfassungsschutzes empört, den Verfassungsschutz diskreditiert und sagt, dass die Behörde längst nicht mehr  erledigt, was sie erledigen soll, nämlich die Verfassung zu schützen. Andererseits führt die AfD selbst Listen, wo man eine Einstufung von Gruppen und Gruppierung vornimmt als „RE“ für rechtsextrem. Ist das kein Widerspruch?

Eine politische Partei ist ja kein Kegelclub und keine Einrichtung zum reinen Freizeitvergnügen. Eine ernsthafte politische Partei muss sich überlegen, welche Organisationen will man in einer Partei haben und welche nicht. Und wenn eben bestimmte Organisationen so sind, dann geht es auch darum, den Verbänden zu sagen, der kann Mitglied werden und jener aus der Organisation bitte nicht. Das wird dann geprüft von den Parteiverbänden, häufig sind das die Kreisverbände bei uns.

Nun kann man sagen, die Identitäre Bewegung kommt aus dem Umfeld Schnellroda. Und ich erinnere mich, dass Götz Kubitschek und seine Ehefrau mal einen AfD-Antrag gestellt haben und dieser abgelehnt worden ist. Basierte das auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD? 

Ach, das ist so lange her, das ist viele Jahre her, da weiß ich gar nicht, ob wir da schon eine Unvereinbarkeitsliste hatten.

Besagte Unvereinbarkeitsliste in der Fassungslosigkeit von Ende 2023 liest sich in weiten Teilen wie der Bericht des Bundesverfassungsschutzes. So, als wäre es dort abgeschrieben worden, insbesondere was Linksextremismus und was Islamismus angeht, aber eben auch bezogen auf den Rechtsextremismus. Haben Ihre Experten der Einfachheit halber abgeschrieben? Ein Dissens könnte darin bestehen, dass man als AfD einerseits regelmäßig die Bundesverfassungsschutzberichte kritisiert und andererseits mit der Unvereinbarkeitsliste ebenso vorgeht …

Unsere Leute, die da für den Bereich zuständig sind auf Bundesebene und Landesebene, haben diese Liste nach reiflicher Prüfung erstellt. Da sind natürlich auch juristische Kriterien mit eingeflossen. Ich war daran selbst nicht beteiligt. Ich kann demnach nicht in Einzelheiten darüber sprechen, wer da was genau gemacht hat. Aber es ist natürlich klar, dass bestimmte Dinge im linksextremen und linksterroristischen und erst recht im Bereich Islamismus so eindeutig sind, dass man die in so eine Liste mit aufnehmen kann. Und es ist auch nicht so, dass jeder hauptamtliche Mitarbeiter einer Verfassungsschutzbehörde schlechte Arbeit macht, grade im Bereich Islamismusbekämpfung hätten wir eigentlich gute Experten beim Verfassungsschutz, wenn man die nur machen ließe.

Aber die Qualität hat sich in den letzten Jahrzehnten immer mehr verschlechtert, die Ausrichtung von oben ist immer linksradikaler geworden. Es sind jedoch nicht alle Mitarbeiter von diesen Ämtern solche Antidemokraten wie der jetzige Chef des Bundesverfassungsschutzes, der keinerlei Rücksicht mehr nimmt auf das Grundgesetz, sondern im Grunde genommen sich verfassungsfeindlich äußert bei jeder Pressekonferenz.

Es irritiert allerdings, wenn sich Ihre Parteichefin nach der Correctiv-Affäre ausgerechnet von Roland Hartwig trennt, der bei der AfD auch für diese Listen zuständig war und nach Lesart von Frau Weidel offenbar seine eigenen Listen persönlich nicht einhält.

Ich äußere mich typischerweise nicht zu den Mitarbeitern von Kollegen. Wir beschäftigen Mitarbeiter, die wir selbst überprüft haben, die wir gerne beschäftigen und die gute Arbeit leisten, und das ist die persönliche Sache jedes Abgeordneten oder jedes Politikers der AfD, wen er beschäftigt und wen er nicht beschäftigt. Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich für mich immer zuerst vor meine Mitarbeiter stellen würde. Und dass ich es grundsätzlich für unklug halte, sich auf Druck staatlich finanzierter Pseudojournalisten von Mitarbeitern zu trennen.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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