Anhaltende Debatte um Ivermectin in der COVID-19-Behandlung

Die Debatte über den Einsatz von Ivermectin zur Behandlung von COVID-19 ist nach wie vor umstritten und polarisiert sowohl die medizinische Gemeinschaft als auch die Öffentlichkeit.
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Ivermectin in der COVID-19 Behandlung – Wirksam oder medizinischer Irrtum?Foto: iStock
Von 15. April 2024

Die Debatte über den Einsatz von Ivermectin zur Behandlung von COVID-19 bleibt kontrovers. Während zahlreiche Ärzte von Behandlungserfolgen berichten, legen Studien in renommierten Fachzeitschriften nahe, dass das Medikament unwirksam sei. Diese Diskrepanz spiegelt sich auch in der Haltung der US-Arzneimittelbehörde FDA wider, die trotz der Korrektur früherer  Warnhinweise weiterhin von unzureichenden Beweisen für die Wirksamkeit von Ivermectin ausgeht.

Befürworter versus Skeptiker

Befürworter des Medikaments behaupten, dass Studien, die Ivermectins Unwirksamkeit belegen, manipuliert seien. Skeptiker hingegen sehen in der Befürwortung von Ivermectin eine Verschwörungstheorie gegen die Wissenschaft. Die polarisierten Ansichten vertiefen den Konflikt innerhalb der medizinischen Gemeinschaft und der Öffentlichkeit.

Als Forscherin mit jahrzehntelanger Erfahrung habe ich die gegen Ivermectin gerichteten Studien einer genaueren Prüfung unterzogen und dabei schockierende Entdeckungen gemacht. Präklinische Studien zeigen, dass Ivermectin alle Phasen des Lebenszyklus von SARS-CoV-2 in unseren Zellen unterbricht – beginnend bei der Anhaftung des Virus, über dessen Ausbreitung, bis hin zur Vermehrung (1, 2, 3).

Darüber hinaus hat Ivermectin entzündungshemmende und organschützende Eigenschaften, die wahrscheinlich vor schweren Lungenschäden durch COVID-19, dem akuten Atemnotsyndrom, Herzkomplikationen und Blutgerinnseln schützen können.

Im Vergleich zu anderen bekannten antiviralen Mitteln wie Paxlovid und Remdesivir übertrifft Ivermectin diese in seiner breiten Wirkung. Dies wirft Fragen bezüglich der klinischen Studien und deren Methodik auf.

Dosierung als Kernproblem

In der pharmazeutischen Forschung unterscheidet man zwischen Beobachtungs- und interventionellen Studien. Eine groß angelegte Beobachtungsstudie in Brasilien mit über 88.000 Teilnehmern zeigte, dass Ivermectin das Infektionsrisiko erheblich senken konnte. Trotzdem betonen Pharmaunternehmen die Bedeutung von randomisierten klinischen Studien (RCTs), die den Goldstandard darstellen, um Medikamenteneffekte objektiv zu beurteilen.

Ein zentrales Thema in der Auseinandersetzung um die Wirksamkeit von Ivermectin zur Behandlung von COVID-19 ist die Dosierung. Die therapeutischen Effekte des Medikaments sind nur zu erwarten, wenn es in der geeigneten Konzentration verabreicht wird und genügend Zeit im Körper verbleibt, um wirken zu können. In zahlreichen RCTs wurde eine unangemessene Dosierung verwendet, die Ivermectin als unwirksam erscheinen ließ.

Empfehlungen zur Dosierung variieren

Die offizielle Dosierungsanleitung von Merck für das Medikament Stromectol, die Markenform von Ivermectin, empfiehlt eine einmalige orale Dosis von 0,2 mg/kg zur Behandlung parasitärer Erkrankungen, aber es gibt keine spezifisch empfohlene Dosis für COVID-19. Demgegenüber stehen die Richtlinien der Front Line COVID-19 Critical Care Alliance (FLCCC), die eine tägliche Einnahme von 0,4 mg/kg Ivermectin direkt nach Kontakt mit dem Coronavirus empfehlen.

Bedeutung der Nahrungsaufnahme

Die Wirksamkeit von Ivermectin kann sich erhöhen, wenn es mit Nahrung eingenommen wird. Dies belegt eine überarbeitete Packungsbeilage von Merck vom Mai 2022, die eine bis zu 2,5-fache Erhöhung der Bioverfügbarkeit bei Einnahme nach einer fettreichen Mahlzeit beschreibt.

Die Richtlinien des FLCCC empfehlen ebenfalls, Ivermectin „während oder direkt nach einer Mahlzeit einzunehmen, um die Aufnahme zu verbessern.“

Allerdings steht diese Erkenntnis im Widerspruch zu den Empfehlungen im digitalen US-amerikanischen Arzneimittelverzeichnis, welches die Einnahme von Ivermectin auf nüchternen Magen vorsieht. Wenn eine Person allerdings das Medikament auf nüchternen Magen einnimmt, kann sie nur 40 Prozent der empfohlenen Dosis aufnehmen.

Fehldosierungen wurden in einigen der neuesten Studien dokumentiert. Die PRINCIPLE-Studie verwendete beispielsweise Ivermectin nur drei Tage lang und in einer Dosierung von 0,3 mg/kg ohne gleichzeitige Nahrungsaufnahme. Ähnlich problematisch war das Protokoll der ACTIV-6-Studie, das eine Einnahme auf nüchternen Magen vorschrieb. Diese Protokolle könnten die geringen Wirkungen erklären, die in diesen Studien beobachtet wurden.

Positive Auswirkungen trotz falscher Dosierung

Trotz der Unterdimensionierung in Studien wie der TOGETHER-Studie, die Ivermectin drei Tage lang mit 0,4 mg/kg verabreichten, zeigten sich immer noch positive Effekte wie reduzierte Hospitalisierungs- und Sterberaten sowie eine verringerte Notwendigkeit für mechanische Beatmung im Vergleich zur Kontrollgruppe. Dies deutet darauf hin, dass eine optimierte Dosierungs- und Einnahmedauer möglicherweise noch ausgeprägtere positive Effekte zeigen könnte.

Die Debatte um die Effektivität von Ivermectin sollte nicht ausschließlich auf der Basis von RCTs geführt werden, die signifikante Designmängel aufweisen. Selbst mit diesen Mängeln zeigen die Daten aus den Studien klinische Vorteile von Ivermectin in der COVID-19-Behandlung, die nicht ignoriert werden sollten. In der PRINCIPLE-Studie zum Beispiel berichteten Patienten in der Ivermectin-Gruppe über eine signifikant kürzere Erholungszeit im Vergleich zur Standardbehandlung, was auf einen potenziellen positiven Nutzen des Medikaments hindeutet.

Trotz der niedrigen Dosierung wurde in derselben Studie festgestellt, dass Ivermectin die Zahl der COVID-19-bedingten Krankenhausaufenthalte und Todesfälle erheblich reduzierte. Nur 1,6 Prozent der behandelten Patienten mussten hospitalisiert werden oder verstarben, verglichen mit 4,4 Prozent der Patienten, die die Standardbehandlung erhielten. Diese Daten deuten darauf hin, dass selbst eine suboptimale Dosis von Ivermectin lebensrettend sein kann.

Diskrepanz zwischen Analyse und Schlussfolgerungen der Studienautoren

Obwohl die PRINCIPLE-Studie klinische Verbesserungen feststellte, kamen die Autoren zu dem Schluss, dass es unwahrscheinlich sei, dass Ivermectin eine klinisch relevante Verbesserung bei der Genesung oder bei langfristigen Gesundheitsauswirkungen bewirkt. Diese Schlussfolgerung steht im Widerspruch zu den dokumentierten Daten und der realen klinischen Erfahrung vieler Ärzte weltweit.

Zusätzlich zur schnelleren Erholung wurden in den Studienanhängen zahlreiche weitere klinische Vorteile von Ivermectin dokumentiert, darunter eine schnellere Linderung unterschiedlicher Symptome, eine Verringerung von allgemeinem Krankheitsgefühl sowie Muskel- und Kopfschmerzen. Die Verbesserung der Symptome hielt an und deren Schweregrad verringerte sich. Überraschenderweise wurde eines der zusätzlichen PDFs während des Verfassens dieses Artikels von der Studienwebsite entfernt.

Weitere Studienbelege trotz niedriger Dosierung

In einer 2021 veröffentlichten Studie in JAMA zeigte sich, dass eine Behandlung mit Ivermectin trotz einer geringeren als empfohlenen Dosis die Erholungszeit um zwei Tage verkürzte. In der ACTIV-6-Studie trat zudem nur ein Fall von venöser Thrombose bei 817 mit Ivermectin behandelten Patienten auf im Vergleich zu fünf Fällen bei 774 Patienten, die ein Placebo erhielten. Diese Ergebnisse unterstreichen das Potenzial von Ivermectin, selbst in falschen Dosierungen signifikante klinische Vorteile zu erzielen.

Dr. Yuhong Dong ist medizinische Kolumnistin für The Epoch Times. Zuvor war sie als leitende medizinisch-wissenschaftliche Fachkraft und als Verantwortliche für die Arzneimittelsicherheit bei Novartis in der Schweiz tätig, wo sie viermal mit einem Novartis-Preis ausgezeichnet wurde. Sie besitzt präklinische Forschungserfahrungen in den Bereichen Virologie, Immunologie, Onkologie, Neurologie und Ophthalmologie und hat zudem klinische Erfahrungen in der Behandlung von Infektionskrankheiten und in der Inneren Medizin. Ihren medizinischen Doktorgrad sowie einen Doktortitel in Infektionskrankheiten erlangte sie an der Universität Peking in China.

Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.
Zuerst erschienen auf theepochtimes.com unter dem Titel „How Ivermectin Trials Were Designed to Fail“. (deutsche Bearbeitung kr)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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