Dänemarks scharfe Migrationspolitik: Mit rechter Politik zum roten Erfolg

Nachdem die rechtsgerichtete Dänische Volkspartei bei der Wahl 2019 massive Verluste eingefahren hatte, kamen die Sozialdemokraten wieder ans Ruder. Wesentlicher Teil ihres Erfolges war die Verschärfung der zuvor von den Rechten bediente Migrationspolitik. Und diese wird immer restriktiver.
Titelbild
Mette Frederiksen, Ministerpräsidentin von Dänemark und Vorsitzende der Sozialdemokraten.Foto: Philip Davali/Ritzau Scanpix/dpa/dpa
Von 28. Dezember 2021

Die angekündigte harte Migrationspolitik der Sozialdemokraten in Dänemark brachte 2019 die entscheidenden Stimmen in ihrer Wahl an die Macht. Im weiteren Verlauf baute die Regierung der Socialdemokraterne-Vorsitzenden Mette Frederiksen diesen neuen Kurs weiter aus.

Als die „Welt“ kürzlich mit dem dänischen Innenminister Dybvad Bek sprach, bestätigte dieser: „Es ist sicher richtig, dass wir heute nicht an der Regierung wären, wenn wir die Migrationspolitik nicht neu ausgerichtet hätten.“ Doch nicht nur in Dänemark ist die Sozialdemokratie derzeit an der Macht.

Angesprochen auf die „Wiederauferstehung der Sozialdemokratie“ in Europa verwies Innenminister Bek auf „sozialdemokratische Regierungen in Spanien, in Portugal, in ganz Nordeuropa – und jetzt auch einen SPD-Kanzler in Deutschland“. Historisch gesehen sei dies eine Ausnahme, so der dänische Sozialdemokrat. „Wir sehen auch eine Art Neuausrichtung: Sozialer Fortschritt wird mit wirtschaftlicher Entwicklung und einer grünen Agenda verbunden. Man kann hier schon von einer neuen Formel sprechen.“

Doch was beinhaltet diese „neue Formel“? Anhand der Entwicklung in Dänemark erhält man eine Vorahnung des Kommenden.

Das dänische „Ghetto-Gesetz“

In Dänemark ist schon seit einigen Jahren eine Verschärfung in der Asylpolitik vernehmbar, die in der sozialdemokratischen Regierung Frederiksen ihren derzeitigen Höhepunkt findet. Unter anderem wurde das dänische „Ghetto-Gesetz“ von 2018 in diesem Jahr weiter verschärft, um Parallelgesellschaften zu bekämpfen. Der Hintergrund: das Erreichen einer einheitlicheren Bevölkerungsstruktur.

Schon in der alten Version des Gesetzes war eine Kita-Pflicht von mindestens 25 Stunden pro Woche für ausländische Kinder ab einem Jahr enthalten. Die Kinder sollten dort nicht nur die Sprache erlernen, sondern auch die von der Regierung befürwortete Kultur. Frederiksen nannte den Islam dabei eine Integrationsbarriere und forderte Auffanglager in Afrika für Asylbewerber. Ankommenden Flüchtlingen sollten außerdem der Sozialdemokraten-Chefin nach ihre Wertgegenstände abgenommen werden – als Ausgleichszahlung.

Zur weiteren Verschärfung des „Ghetto-Gesetzes“ griffen die dänischen Sozialdemokraten auch zum Mittel eines „Sozialkreditsystems“, wobei die  Kategorisierung „Ghetto“ für Wohnviertel ab 1.000 Bewohnern gilt, die zwei von vier Faktoren hinsichtlich Arbeitslosenzahlen, Einkommensstruktur, Kriminalitätsrate und Bildung erfüllen. In diesen „Ghettos“ ist schon dem alten Gesetz nach der Anteil an nicht-westlichen Ausländern auf 50 Prozent zu begrenzen. Um dies weiter zu reduzieren, will man laut dem neuen Gesetz deren Anteil in den kommenden zehn Jahren auf 30 Prozent senken, schreibt die „Deutsche Welle“. Vertriebene Familien würden dann in andere Landesteile umgesiedelt.

Abschreckungsmaßnahmen

Im Frühsommer verabschiedete das dänische Parlament auf Initiative der Sozialdemokraten eine weitere Verschärfung des Asylgesetzes. Asylbewerber können demnach ohne Verfahren in ein Land außerhalb der Europäischen Union abgeschoben werden, um dort das Aufnahmeverfahren für ihren Asylantrag zu durchlaufen.

Zuvor hatte die „Tagesschau“ bereits unter Berufung auf die Zeitung „Jyllands Posten“ berichtet, dass dazu Gespräche mit Ruanda, Tunesien, Äthiopien und Ägypten geführt würden. Selbst bei Bewilligung des Asylantrags muss die Person noch in dem Land bleiben oder wird in ein UN-Flüchtlingslager verlegt. Der migrationspolitische Sprecher der Sozialdemokraten, Rasmus Stoklund, bezeichnete das Verfahren gegenüber „Radio Dänemark“ als Abschreckungsmaßnahme: „Wir hoffen, dass die Leute deshalb nicht mehr in Dänemark Asyl suchen.“

Obwohl Dänemark bereits 2020 mit 1.547 Asylbewerbern den niedrigsten Stand von Zuwanderungen seit 1998 erreicht hatte, betonte Frederiksen in ihren Parlamentsreden immer wieder die „Null“ als Zielkonstante – für Dänemark natürlich.

Arbeiten als Integrationsmaßnahme

Die Nachrichtenagentur AFP berichtete im September, dass Dänemark den verbleibenden Asylbewerbern nur staatliche Hilfe im Gegenzug für Arbeit gewähren will. Ministerpräsidentin Frederiksen sagte dazu: „Wir wollen eine neue Arbeitslogik einführen, bei der die Menschen die Pflicht haben, einen Beitrag zu leisten und sich nützlich zu machen.“

Zunächst wurden dafür nur Menschen ins Auge gefasst, die seit mindestens drei Jahren staatliche Leistungen beziehen und nicht über ein bestimmtes Maß an Schulbildung und Dänischkenntnissen verfügen. Für diese Menschen wurde eine Mindestarbeitszeit von 37 Wochenstunden angeordnet. „Zu viele Jahre lang haben wir vielen Menschen einen schlechten Dienst erwiesen, indem wir nichts von ihnen verlangt haben“, sagte die Regierungschefin.

Gefängnis für Straftäter im Kosovo

Der jüngste Schritt der dänischen Regierung ist ein Abkommen mit dem Kosovo. Am 20. Dezember wurde dieses zur Unterbringung von in Dänemark straffällig gewordenen Asylbewerbern unterzeichnet. Dazu will Dänemark 300 Haftplätze in der Haftanstalt von Gjilan buchen, 50 Kilometer außerhalb von Pristina, der Hauptstadt des Balkanstaates.

Mit dem Schritt geht Dänemark gegen die Überfüllung seiner Gefängnisse vor. Dafür bekamen die Sozialdemokraten auch die Unterstützung anderer Parteien im Parlament. Seit dem Jahr der großen Migrationswelle 2015 stieg in Dänemark auch die Zahl der Strafgefangenen bis Januar 2021 um 19 Prozent an – auf über 4.000.

„Die abgeschobenen Straftäter können ihre Strafe jetzt im Ausland verbüßen, und es ist kein Geheimnis, dass es in den dänischen Gefängnissen Platzprobleme gibt“, bestätigte Peter Skaarup, Sprecher der Dänischen Volkspartei, gegenüber „TV2“. Britt Bager, Sprecherin der Konservativen, betonte, „dass wir mit der Einigung hier sicherstellen können, dass keine Sträflinge durch die Straßen laufen, weil sie auf ihre Strafe warten“.

2019 – Die rote Wende

Die restriktive Migrationspolitik dauert schon seit einigen Jahren an. 2015 stieg die rechtsorientierte Dänische Volkspartei (DF) bei den dänischen Wahlen mit einem Plus von 8,8 Prozentpunkten zur Wahl 2011 zur zweitstärksten Partei (21,1 Prozent) im Königreich auf – hinter der Socialdemokraterne (26,3 Prozent; +1,5 Prozentpunkte), deren Regentschaft von einer liberal-konservativen Regierung abgelöst wurde.

2019 stürzte die Dänische Volkspartei (Dansk Folkeparti) extrem ab, um 12,4 Prozentpunkte auf 8,7 Prozent, während die Sozialdemokraten nahezu stagnierten. Rein rechnerisch gingen Stimmenanteile in etwa an die konservativen Liberalen (Venstre) +3,9 Prozentpunkte, die sozialliberale Radikale Venstre +4,0 Prozentpunkte und die Sozialisten +3,4 Prozentpunkte.

„Radio Dänemark“ berichtete im Juni 2019 – wenige Tage nach der Parlamentswahl in Dänemark am 5. Juni – dass eine repräsentative Umfrage der Verbraucherseite „Epinion“ für den Sender ergeben hatte, dass viele der Stimmen der Dänischen Volkspartei zu den Linken zurückgekehrt seien.

Der Wahlforscher Prof. Kasper Møller Hansen von der Universität Kopenhagen sagte, dass die Dänische Volkspartei ihr Monopol auf Einwanderungsbeschränkungen verloren habe, weshalb die Wähler woanders hingegangen sind. Demnach seien etwa 23 Prozent der DF-Wähler zu den konservativen Liberalen gegangen und zehn Prozent zu den Sozialdemokraten.

Ein Opfer für die Macht?

Prof. Hansen zufolge sind die Sozialdemokraten in Dänemark in der Wertepolitik enorm nach rechts gerückt. Sie stünden mittlerweile der Dänischen Volkspartei in vielen Kernbereichen recht nahe. Daher sei es für viele ehemalige DF-Wähler kein großer Schritt gewesen, zu den Sozialdemokraten zu wechseln, so der Wahlforscher.

Der „Spiegel“ berichtete bereits kurz vor der Wahl, am 22. Mai 2019, dass die neue sozialdemokratische Spitzenkandidatin und Parteichefin Mette Frederiksen mit anderen Parteien des „roten Blocks“ in den Umfragen deutlich vor dem amtierenden Ministerpräsidenten Rasmussen (Venstre) und seiner Minderheitsregierung zusammen mit den Konservativen und der Liberalen Allianz lägen.

Der Politikwissenschaftler Rune Stubager von der Universität Aarhus sagte: „Es geht ihnen um die Wechselwähler, die sie zuletzt verloren haben.“ Unter den Sozialdemokraten hatte sich die Einschätzung etabliert, dass praktisch jede Wahl seit 2001 wegen zu lascher Asylpolitik verloren wurde. Die Reaktion war ein Kurswechsel in der Ausländerpolitik.

Zwar gebe es objektiv angesichts der aktuellen Zahlen (2019) kein Problem mit Asylsuchenden, „doch viele erinnern sich an 2015, als große Gruppen von Flüchtlingen zu Fuß über die Autobahn zogen“, so Stubager. Im Vergleich zu Deutschland seien nur wenige nach Dänemark gekommen und viele hätten auch weiter nach Schweden gewollt, „aber es gab dennoch das Gefühl des Kontrollverlustes“. Mette Frederiksen selbst habe damals gesagt, sie wolle „Dänemark wieder einen“, auch in der Migrationspolitik.

Die Rechnung ging auf. Am 27. Juni 2019 kamen Mette Frederiksen und die Sozialdemokraten an die Macht. Die Minderheitsregierung bezieht seither ihre Mehrheit im Parlament durch die Zusammenarbeit mit den Sozialisten, den sozialistischen Rot-Grünen (Einheitsliste) und der linksliberalen Radikale Venstre.



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