EU fordert Balkanländer zu Reformen auf – Scholz in Brüssel erwartet

Balkanländer wie Albanien und Montenegro hoffen wie die Ukraine auf eine Zukunft in der EU. Ist das realistisch? Bei einem Gipfeltreffen in Brüssel gibt es zum Thema klare Ansagen.
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EU-Westbalkan-Gipfel am 13. Dezember 2023 in Brüssel: EU-Chefin Ursula von der Leyen warb im Vorfeld des Gipfels für massive Finanzhilfen für die Ukraine und das Vorhaben, Kiew in die EU aufzunehmen.Foto: KENZO TRIBOUILLARD/AFP über Getty Images
Epoch Times14. Dezember 2023

An diesem Donnerstag und Freitag kommen die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten zum letzten regulären EU-Gipfel des Jahres zusammen. Bei ihm soll es um die Frage gehen, ob mit der Ukraine und Moldau EU-Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden sollten.

Zudem soll über Pläne für eine Überarbeitung des EU-Haushaltsplans für die Jahre 2021-2027 gesprochen werden. Für Deutschland wird Bundeskanzler Olaf Scholz zu den Gipfeltreffen in Brüssel erwartet.

EU-Beitrittsprozess beschleunigen

In einer am Mittwochabend in Brüssel verabschiedeten Erklärung heißt es, die Beschleunigung des EU-Beitrittsprozesses liege in beiderseitigem Interesse.

Das zunehmend komplexe geostrategische Umfeld mit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und der Krise im Nahen Osten gefährde die europäische und globale Sicherheit und verdeutliche, wie wichtig die strategische Partnerschaft zwischen der EU und dem Balkan sei.

Als wichtige Reformbereiche werden in der Erklärung die Rechtsstaatlichkeit und die Wirtschaft genannt. Zudem betont die EU, dass es Anstrengungen zur Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität sowie einer verstärkten Unterstützung zum Beispiel der Menschenrechten und der Geschlechtergleichstellung bedürfe.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte, dass an Reformen auch zusätzliche Investitionen aus der EU gekoppelt seien. Dies sei das Prinzip.

Orban will Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine blockieren

Überschattet wird der Gipfel von der Ansage des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, vorerst EU-Entscheidungen für einen Start von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine zu blockieren.

Orbán sprach vor dem Treffen mit dem französischen Staatschef Emmanuel Macron und schlug vor, dass die EU ein Abkommen mit der Ukraine über eine strategische Partnerschaft abschließen solle, welches Themen wie Landwirtschaft, Zoll oder Sicherheit einschließt. Er befürwortet auch einen Hilfsfonds, in den jeder Mitgliedstaat „so viel einzahlt, wie er will“.

Er sei für „eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen der EU und der Ukraine, aber das bedeutet keine Mitgliedschaft in der EU“. Wenn es gelinge, die Ukraine näher an Europa heranzuführen, könnte in einigen Jahren die Frage der Mitgliedschaft auf der Tagesordnung erscheinen.

Der Bericht der Europäischen Kommission, wonach vier von sieben Bedingungen bereits erfüllt seien, sei „schlicht eine Lüge“. Die Ukraine sei bekannt dafür, eines der weltweit korruptesten Länder zu sein, betonte er.

Probleme mit dem EU-Vorschlag zur Ukraine

Nicht nur die Staats- und Regierungschefs der EU ziehen eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine infrage. Rajmund Kiss vom Mathias Corvinus Collegium, einem der ungarischen Regierung angegliederten Forschungsinstitut, sagt: „Einem Land, das sich im Krieg befindet, sollte keine EU- oder NATO-Mitgliedschaft versprochen werden. Wenn wir nur die Kopenhagener Kriterien von 1994 betrachten, erfüllt die Ukraine keines dieser Kriterien.“

Diese würden unter anderem Rechtsstaatlichkeit und den Schutz von Minderheiten einschließen – wo die Ukraine der ungarischen Regierung nach keine guten Karten habe. Aber auch eine funktionierende Marktwirtschaft und die Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der EU standzuhalten, müssen garantiert sein.

Bei einem EU-Beitritt der Ukraine würde einer Studie zufolge bis zu 17 Prozent des gemeinsamen Haushalts des Staatenverbunds in das Land fließen. Experten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) schätzen die finanziellen Folgen einer Vollmitgliedschaft der Ukraine in der EU auf das derzeitige mehrjährige Budget der EU auf rund 130 bis 190 Milliarden Euro. Der mehrjährige Gemeinschaftsetat der EU umfasst von 2021 bis 2027 rund 1,1 Billionen Euro.

Das traditionelle Gruppenfoto der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union und der westlichen Balkanstaaten in Brüssel.

Das traditionelle Gruppenfoto der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union und der westlichen Balkanstaaten in Brüssel. Foto: Omar Havana/AP/dpa

Zuletzt keine großen Fortschritte

Eingeladen zu dem Gipfel waren die Staats- und Regierungschefs der Länder Albanien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Serbien, Nordmazedonien und dem Kosovo. Sie alle gelten als sogenannte Westbalkan-Länder – ein politischer Kunstbegriff. Grundsätzlich will die Europäische Union alle enger an sich binden. Große Fortschritte wurden zuletzt allerdings trotz finanzieller Unterstützung in Milliardenhöhe nicht registriert.

Als am weitesten im Beitrittsprozess wird in Brüssel Montenegro gesehen. Mit einer EU-Erweiterung wird allerdings derzeit frühestens gegen Ende des Jahrzehnts gerechnet. Mit Montenegro und Serbien führt die EU bereits seit 2012 beziehungsweise 2014 Beitrittsverhandlungen.

Albanien, Nordmazedonien und Bosnien-Herzegowina haben den Status eines Beitrittskandidaten, sind aber bislang noch nicht in Verhandlungen. Das Kosovo ist potenzieller Beitrittskandidat. (dpa/red)



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