Flugzeugabsturz Belgorod: Blackboxen gefunden – Warnung vor voreiligen Schlüssen

Der Vorsitzende der russischen Staatsduma macht die Ukraine und die vom Westen gelieferten Waffen für den gestrigen Flugzeugabsturz verantwortlich. Kreml-Sprecher Peskow und die Sicherheitsexpertin Claudia Major warnen vor voreiligen Schlüssen.
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Verkehrspolizisten am 24. Januar 2024 außerhalb des Dorfes Yablonovo in der Nähe der Absturzstelle des russischen Militärtransportflugzeugs IL-76 in der Region Belgorod. Russland beschuldigte die Ukraine, das Flugzeug mit Dutzenden ukrainischen Gefangenen an Bord abgeschossen zu haben.Foto: Stringer/AFP über Getty Images
Epoch Times25. Januar 2024

Russland hat vor den Folgen des Absturzes eines russischen Militärflugzeugs mit 65 ukrainischen Kriegsgefangenen an Bord gewarnt. Der Absturz, für den Russland die Ukraine verantwortlich macht, sei „ein absolut ungeheuerlicher Akt“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Donnerstag laut staatlichen Nachrichtenagenturen.

„Niemand kann Ihnen sagen, welche Auswirkungen dies auf die Aussichten für eine Verlängerung des Prozesses“ des Gefangenenaustauschs haben werde, sagte Peskow.

Abgeschossen mit deutschen Waffen?

Der Vorsitzende der russischen Staatsduma, Wjatscheslaw Wolodin, macht die Ukraine und die vom Westen an Kiew gelieferten Waffen dafür verantwortlich.

„Sie haben in der Luft ihre eigenen Soldaten getötet, ihre Mütter, ihre Kinder haben auf sie gewartet“, sagte Wolodin am Mittwoch in der Duma, dem Unterhaus des russischen Parlaments. „Sie haben unsere Piloten, die eine humanitäre Mission (…) ausführten, mit amerikanischen und deutschen Raketen abgeschossen.“

Die Iljuschin sei „von drei Raketen eines in Deutschland hergestellten Patriot- oder Iris-T-Flugabwehrsystems abgeschossen“ worden, sagte Wolodin.

Die Experten würden die Einzelheiten aufklären, fügte er hinzu. Der Duma-Chef forderte die Parlamentsabgeordneten auf, sich mit einer Resolution gegen die USA und Deutschland wegen ihrer Waffenlieferungen an die Ukraine zu richten.

Warnung vor voreiligen Schlüssen

Die Sicherheitsexpertin Claudia Major hat nach dem Absturz vor voreiligen Schlüssen gewarnt.

Es seien derzeit zwei Fakten bekannt, sagte die Leiterin der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) am Donnerstag im ZDF-„Morgenmagazin“: „Das Flugzeug ist abgeschossen worden. Und es war ein Gefangenenaustausch geplant, der nicht stattgefunden hat.“ Dies seien derzeit „die einzigen verlässlichen Informationen“.

Alles andere wie etwa Listen zum Gefangenenaustausch seien bislang „Spekulation“. Daher sei auch die Forderung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nach einer internationalen Untersuchung zur Absturzursache richtig.

Die SWP-Sicherheitsexpertin Major sagte, der Vorfall mache noch einmal deutlich, „dass dieser Krieg auch im Informationsraum stattfindet“. Russland versuche „ganz klar“, diesen Krieg auch mit Desinformation zu führen. Daher sei bei den Spekulationen Vorsicht geboten. Am Frontgeschehen ändere der Vorfall nichts, betonte die Expertin.

Die Expertin sieht vor allem einen „Propaganda-Effekt“. Der Vorfall sei „ein Beispiel mehr, wie Russland auch mit den ukrainischen Kriegsgefangenen umgeht“, sagte Major.

Keine Überlebenden – Blackboxen gefunden

Die Maschine vom Typ Iljuschin war nach russischen Angaben mit 65 ukrainischen Kriegsgefangenen an Bord am 24. Januar gegen 11:00 Uhr Ortszeit (09:00 Uhr MEZ) in der westrussischen Region Belgorod abgestürzt. Nach Angaben örtlicher Behörden gab es keine Überlebenden.

Die Flugdatenschreiber wurden von lokalen Rettungsdiensten gefunden: „beide Black Boxes wurden entdeckt – ein Flugdatenrecorder und ein Sprachrekorder“. Diese wurden an Ermittler übergeben.

Das russische Verteidigungsministerium teilte am 24. Januar mit, dass die Ukraine über den Transport der Gefangenen auf dem Luftweg informiert worden sei, und beschuldigte Kiew, das Flugzeug mit seinen Bürgern absichtlich im Rahmen eines „terroristischen Akts“ abgeschossen zu haben.

Wie die Nachrichtenagentur „RIA Nowosti“ unter Berufung auf das Verteidigungsministerium berichtete, befanden sich die Ukrainer für einen Gefangenenaustausch auf dem Weg nach Belgorod nahe der ukrainischen Grenze. Laut „RIA Nowosti“ waren neben den ukrainischen Kriegsgefangenen sechs Besatzungsmitglieder und drei Begleitpersonen an Bord.

Die russischen Streitkräfte hätten mit Radars „den Start von zwei ukrainischen Raketen beobachtet“, erklärte das Verteidigungsministerium. Das Flugzeug sei von einem Dorf in der ukrainischen Grenzregion Charkiw aus abgeschossen worden.

Was sagt die Ukraine?

In einer am Mittwochabend veröffentlichten Videoansprache sagte Selenskyj, es sei „offensichtlich, dass die Russen mit dem Leben ukrainischer Gefangener spielen, mit den Gefühlen ihrer Angehörigen und mit den Emotionen unserer Gesellschaft“.

Die Ukraine will nach dem Absturz eigenen Angaben zufolge das russische Militär in der Region Belgorod weiterhin ins Visier nehmen. Sie werde „weiterhin Maßnahmen zur Zerstörung von Lieferfahrzeugen und zur Kontrolle des Luftraums ergreifen, um die terroristische Bedrohung zu beseitigen“, auch im Gebiet Belgorod-Charkiw, hieß es am Mittwoch in einer Erklärung der ukrainischen Armee, die nicht auf den Flugzeugabsturz einging.

Eine für Kriegsgefangenen-Fragen zuständige ukrainische Regierungsstelle sagte, sie prüfe die russischen Angaben. Der Menschenrechtskommissar des ukrainischen Parlaments und einer der Verantwortlichen für den Gefangenenaustausch, Dmytro Lubinets, kündigte Ermittlungen an. (afp/red)



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