Johnsons Come-Back? Spekulation über mögliche Nachfolger für Liz Truss

Die konservative Regierungschefin entschuldigt sich für das durch ihre Steuerpolitik ausgelöste Finanz-Chaos. Doch ob das reichen wird, um ihr Amt zu retten, gilt als zweifelhaft. Großbritannien spekuliert.
Titelbild
Die britische Premierministerin Liz Truss bei einer Pressekonferenz in London am 14. Oktober 2022.Foto: Daniel Leal - WPA Pool/Getty Images
Epoch Times18. Oktober 2022

Nach der demütigenden Kehrtwende in der Steuerpolitik wächst der Druck auf die britische Premierministerin Liz Truss. Sie entschuldigte sich in der BBC für das entstandene Chaos an den Finanzmärkten. Ihren bisherigen Finanzminister Kwasi Kwarteng hatte sie bereits am vergangenen Freitag gefeuert.

Umfragen zeigten, dass eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung und auch ihrer konservativen Parteimitglieder unzufrieden ist mit der Regierungschefin. Schon jetzt wird über einen möglichen Nachfolger spekuliert.

Selbst die beiden großen Boulevardzeitungen „The Sun“ und „Daily Mail“, die der konservativen Partei in der Regel nicht abgeneigt sind, titelten am Dienstag mit vernichtenden Schlagzeilen. „Geister-Premier“ war auf dem Titelblatt der „Sun“ zu lesen. Dazu gab es ein Foto, wie Truss am Montag im Parlament schweigend neben ihrem Finanzminister Jeremy Hunt saß. Die „Daily Mail“ titelte zu einem Porträt der 47-Jährigen: „Im Amt, aber nicht an der Macht“.

Lässt sich Rücktritt noch abwenden?

Mehrere Abgeordnete ihrer eigenen Partei hatten Truss bereits öffentlich zum Rücktritt aufgefordert. Die Premierministerin warb am Dienstag um Unterstützung in ihrer Fraktion. Am Morgen leitete sie eine Kabinettssitzung, später wurde sie zu einem Treffen mit den Brexit-Hardlinern der sogenannten European Research Group (ERG) erwartet. Als entscheidend für ihre Zukunft galt unter anderem, wie sich die Premierministerin bei der wöchentlichen Fragestunde im Parlament am Mittwoch schlagen sollte.

Verteidigungsstaatssekretär James Heappey verteidigte Truss in einem Interview im Nachrichtensender Sky News am Dienstag, warnte aber auch, es dürften nun „keine weiteren Fehler“ mehr geschehen. Berichten zufolge werden im Hintergrund verschiedene Szenarien durchgespielt, wie Truss aus dem Amt gedrängt werden kann. Erwartet wird, dass sich die Fraktion der Tories, wie die Konservativen auch genannt werden, zunächst auf einen Nachfolgekandidaten einigen wollen, um ein weiteres zeitraubendes Auswahlverfahren mit Befragung der Parteimitglieder zu vermeiden.

Ex-Finanzminister Rishi Sunak als Favorit

Bei der Mitgliederbefragung im Sommer war der ehemalige Finanzminister gegen Truss deutlich unterlegen. Allerdings hatte er vor den Steuerplänen, die erst die Wirtschaft und dann Truss ins Schleudern brachten, wiederholt gewarnt. Mit dem Wissen, dass er recht hatte, dürfte Sunak gestärkt in eine neue Bewerbung um das Amt des Parteichefs und damit auch Premierministers gehen. Laut einer aktuellen YouGov-Umfrage hat der 42-Jährige die besten Zustimmungswerte unter den möglichen Nachfolgern.

Allerdings tragen ihm einige Mitglieder seine Rolle bei der Kabinetts-Revolte nach, die zum Sturz von Truss‘ Vorgänger Boris Johnson führte. Zudem schadeten Fragen zu seinem beträchtlichen Privatvermögen und Steuertricks seiner Familie dem Ruf des ersten hinduistischen Finanzministers Großbritanniens.

Kehrt nun Johnson zurück?

Auch der erst im September abgetretene Premier ist der Umfrage zufolge deutlich populärer als Truss. Allerdings hat auch nur einer von zehn Briten laut YouGov eine positive Meinung von der Premierministerin. Bei den Wählern der Konservativen Partei liegt dieser Prozentsatz bei 20 Prozent. Dagegen konnte sich ein Drittel der Befragten eine Rückkehr Johnsons ins Amt vorstellen.

So wird nun – ermutigt durch mehrere starke Andeutungen von Johnson selbst – über ein mögliches Comeback des 58-Jährigen spekuliert. Allerdings denken nicht wenige, dass die von Skandalen geprägte dreijährige Amtszeit Johnsons noch nicht lange genug zurückliegt für eine erneute Kandidatur.

Jeremy Hunt, der „De-facto-Premier“

Der neue Finanzminister Jeremy Hunt hat nach eigener Aussage kein Interesse an einer erneuten Kandidatur um den Parteivorsitz. Dennoch könnte sich der frühere Geschäftsmann, der die Unterstützung des zentristischen Flügels der Partei genießt, als kompetenter Einheitskandidat erweisen. Nach seinem Auftritt am Montag, bei dem er das Steuerpaket von Truss fast vollständig kippte, wurde er von einigen schon als „De-facto“-Premier bezeichnet.

Der 55-jährige frühere Außen- und Gesundheitsminister war nicht nur in diesem Jahr, sondern auch schon 2019 im Rennen um den Parteivorsitz unterlegen.

Eine mögliche Kompromisskandidatin: Penny Mordaunt

Penny Mordaunt, die am Montag im Auftrag von Truss Fragen der Opposition zu dem Steuer- und Wirtschaftsdebakel beantworten musste, gilt als gute Rednerin. 2019 wurde die Brexit-Befürworterin die erste britische Verteidigungsministerin. Einige sehen in der 49-jährigen Reservistin der Royal Navy eine mögliche Kompromisskandidatin für den Vorsitz der zerstrittenen Tories. (afp/dpa/dl)



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