Wiener Pilotprojekt „zur spielerischen Belohnung von klimafreundlichem Verhalten“

In Österreichs Hauptstadt gibt es einen neuen Anlauf für den „Kultur-Token“. Die Verwaltung will zudem eine autofreie Innenstadt.
Titelbild
Wer in Wien das Auto stehen lässt und öffentliche Verkehrsmittel benutzt, wird mit „Kultur-Token“ belohnt.Foto: iStocks/Ceri Breeze
Von 13. März 2023

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Die Stadtverwaltung von Wien macht ihre Ankündigung vom Herbst wahr und nimmt beim „Kultur-Token“ einen neuen Anlauf. Bereits im November vergangenen Jahres hatte Bürgermeister Michael Ludwig auf Anfrage von Epoch Times bekräftigt, dass die Alpenmetropole in Sachen Digitalisierung „europäischer Vorreiter“ werden wolle.

Den „Kultur-Token“ nennt er ein „digitales Bonussystem, das mittels einer App umweltbewusstes Verhalten mit freiem Zugang zu Kulturveranstaltungen honoriert“.

2.000 Freiwillige nehmen ab dem Frühjahr teil

Nun gibt die Verwaltung auf der Seite „DigitialesWien“ die Fortsetzung des Projekts, das wegen der Corona-Pandemie unterbrochen wurde, bekannt. Dabei preist sie es als „ein digitales Pilot- und Forschungsprojekt zur spielerischen Belohnung von klimafreundlichem Verhalten“ an. Es werde wissenschaftlich begleitet und begutachtet. Konkret wird in dem für das Frühjahr 2023 angekündigte Pilotprojekt für die „aktive Verringerung von CO₂“ ein virtueller Token erzeugt. Dazu ist eine Smartphone-App nötig.

Die Belohnung erhält, wer anstatt eines eigenen Autos oder Motorrads zu Fuß geht, das Fahrrad oder öffentliche Verkehrsmittel nutzt. Die gesammelten Token können die Wiener dann gegen Gutscheine zum Besuch von „namhaften Kultur-Einrichtungen“ eintauschen. Die Stadtverwaltung sieht darin ein „digitales Anreizsystem“, das das Alltagsverhalten der Bürger mit Kulturnutzung verbindet. „Alle Beteiligten haben einen Vorteil davon“, sind sich die Initiatoren sicher.

An dem Testlauf sollen 2.000 Freiwillige teilnehmen. In dieser Phase soll es die App auch nur in deutscher Sprache geben. Ein Aussteigen von Teilnehmern sei in jeder Phase möglich, verspricht die Verwaltung.

App zeichnet Bewegungsdaten auf

Das Ganze funktioniert folgendermaßen: Mittels sogenanntem „Motion-Tracking“, dem Aufzeichnen von Bewegungsdaten, misst die „Kultur-Token“-App aktiv zurückgelegte Wege. Sie erkennt automatisch, ob jemand zu Fuß geht, mit dem Rad fährt oder öffentliche Verkehrsmittel nutzt. Um die zurückgelegte Strecke und Geschwindigkeit zu bestimmen, nutzt die App die GPS- und Ortungsschnittstellen der jeweiligen mobilen Geräte oder der von den mobilen Geräten verwendeten Navigationssoftware.

Des Weiteren greift sie auf systemeigene Methoden zu, um den jeweils aktuellen Standort zu bestimmen. Bei Apple-iPhones steht dafür die Verbindung zur Apple-Health-App zur Verfügung. Besitzer von Android-Geräten können die Google-Fit-App nutzen und synchronisieren. Die App berechnet dann anhand von Daten des Umweltministeriums, wie viel CO₂ die Nutzer im Vergleich zu einer normalen Autofahrt eingespart haben.

Messungen zu 90 Prozent genau

Die Verwaltung weist auch auf einige Schwächen des Systems, zumindest in der Testphase, hin. So hakt es bei der Messmethode für die Streckenerfassung. „Eine 100-prozentige Genauigkeit kann bei einer vollautomatischen Wegestrecken-Erkennung alleine durch Sensoren der Smartphones nicht gewährleistet werden“, heißt es dazu auf der Internetseite. Auch könnten Fahrten mit dem Fahrrad angezeigt werden, obwohl man nicht mit dem Drahtesel unterwegs war. Fehlerhaft zugeordnete Strecken ließen sich nicht vermeiden. Die Messungen seien aber zu etwa 90 Prozent genau. Da es sich um ein Pilotprojekt handele, habe die Funktionalität der App noch „Entwicklungsmöglichkeiten“.

Auch ein Missbrauch der App sei nicht auszuschließen. So könne man sein Smartphone einer anderen Person mitgeben, um schneller an Token zu kommen. Das nimmt die Verwaltung aber in Kauf. So habe man sich „bewusst“ dafür entschieden, keine weiteren personenbezogenen Daten zu sammeln. Daher seien Ungenauigkeiten und „missbräuchliche Nutzung“ durchaus möglich. Die Erfahrung zeige aber, dass sich die meisten Nutzer an die Regeln hielten, da der Aufwand für einen Betrug „zu groß ist“. Das Thema werde aber durch die Begleitforschung untersucht.

Den Forschern stehen neben E-Mail-Adressen der Projektteilnehmer folgende Bewegungsdaten zur Verfügung: Entfernung pro Fortbewegungsmittel, Sensor-ID und Gerätetyp, Zeitstempel der Datenübertragung von der App ins Backend, vermiedenes und entstandenes CO₂. Standortdaten sowie die Anzahl der „Kultur-Token“ oder Gutscheine werden alle einer pseudonymisierten ID zugeordnet.

Verkehrsberuhigtes Zentrum

Ebenfalls wieder aufgegriffen haben die Stadt Wien und der erste Gemeindebezirk die Verkehrsberuhigung der Innenstadt. Eine Machbarkeits- und Umsetzungsstudie hat die Verwaltung bereits in Auftrag gegeben, berichtet die Zeitung „Der Standard“. Ein solches – letztlich nicht verwirklichtes – Konzept sorgte bereits 2020 für kontroverse Diskussionen.

Die Studie soll unter anderem die technischen Voraussetzungen für eine autofreie City beschreiben. Die Erstellung eines Zeitplans gehört ebenfalls zur Aufgabe. Gewährleistet bleiben soll die Zufahrt für Bewohner des Bezirks, Nutzer öffentlicher Garagen, Lieferverkehr, Einsatzfahrzeuge und für städtische Dienste wie etwa die Müllabfuhr. Ziel ist die Entwicklung eines Systems, das auf elektronischer Überwachung der Ein- und Ausfahrten basiert.

Durch das Verbot für den herkömmlichen Autoverkehr verspricht sich die Verwaltung weniger Lärm und CO₂-Emissionen. Auch sei mehr Platz für Grünanlagen und „umweltfreundliche Mobilität“.



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