TICKER 18.10.: Geheimdienstkreise: Dutzende, nicht hunderte Tote durch Beschuss von Gaza-Krankenhaus

In der Nacht kam es zu einem Raketeneinschlag in ein Krankenhaus im Gazastreifen – die muslimische Welt ist empört. Israels Militär wies die Verantwortung für den Raketeneinschlag klar zurück. Die Krisendiplomatie läuft auf Hochtouren.
Titelbild
Nach der Explosion am Krankenhaus Ahli Arab.Foto: Mohammad Abu Elsebah/dpa
Von 18. Oktober 2023

Nach dem Raketeneinschlag in einem Krankenhaus im Gazastreifen mit unzähligen Toten und Verletzten wächst die Sorge vor einer Eskalation des Konflikts im Nahen Osten. Wir tickern hier die wichtigsten Informationen über den Konflikt in Israel, die vorangegangenen Geschehnisse sind hier zu finden: 16.10. und gestern.

+++ 18. Oktober +++

22:20 Uhr – Geheimdienstkreise: Dutzende, nicht hunderte Tote durch Beschuss von Gaza-Krankenhaus

Bei dem Beschuss eines Krankenhausgeländes in Gaza sind nach Angaben aus europäischen Geheimdienstkreisen nicht hunderte, sondern dutzende Menschen getötet worden. „Es gibt nicht 200 oder gar 500 Tote, sondern eher ein paar Dutzend, wahrscheinlich zwischen zehn und 50“, sagte die anonyme Quelle am Mittwoch. Israel sei „wahrscheinlich nicht“ für den Beschuss verantwortlich – darauf deuteten den Geheimdiensten vorliegende „ernsthafte Spuren“ hin.

Die Quelle verwies darauf, dass das Gebäude nicht zerstört worden sei. Das Krankenhaus sei wahrscheinlich zuvor evakuiert worden, wie eine ganze Reihe von Krankenhäuser im nördlichen Gazastreifen, nachdem die israelische Armee dies angeordnet hatte. Dafür, dass sich hunderte Menschen auf dem Parkplatz davor befunden hätten, gebe es „keine Beweise“.

Auf dem Gelände des Ahli-Arab-Krankenhauses in der Stadt Gaza waren am Dienstag durch eine Rakete nach jüngsten Angaben der von der radikalislamischen Hamas geführten Regierung im Gazastreifen mehr als 470 Menschen getötet und 300 weitere verletzt worden.

Die Hamas hat Israel verantwortlich gemacht, auch viele arabische Staaten verurteilten das Land. Israel spricht von einer fehlgeleiteten Rakete der Palästinensermiliz Islamischer Dschihad. US-Präsident Joe Biden stellte sich am Mittwoch bei einem Besuch in Tel Aviv hinter die israelische Darstellung, dass militante Palästinenser für den Vorfall verantwortlich seien.

20:59 Uhr – Libanon: Saudi-Arabien rät zur Ausreise

Saudi-Arabien rief seine Bürger im Libanon auf, das Land „sofort“ zu verlassen. Sollten sie nicht ausreisen, müssten sie äußerst vorsichtig sein und sich von Menschenansammlungen wie Demonstrationen fernhalten, erklärte die saudiarabische Botschaft in Beirut. Saudi-Arabien ist ein bedeutender Kontrahent des Iran, der wiederum die Hisbollah unterstützt.

17:02 Uhr – Biden: Militante Palästinenser für Explosion im Gaza-Krankenhaus verantwortlich

US-Präsident Joe Biden hat seine Auffassung bekräftigt, wonach militante Palästinenser für den Raketeneinschlag in einem Krankenhaus in Gaza mit hunderten Toten verantwortlich seien. Er stütze sich dabei auf „Daten, die mir mein Verteidigungsministerium gezeigt hat“, sagte Biden am Mittwoch in Tel Aviv auf eine Journalistenfrage.

Kurz zuvor hatte Israel nach eigenen Angaben „Beweise“ für die Verantwortung der Palästinensermiliz Islamischer Dschihad vorgelegt. „Diese professionelle Analyse basiert auf Geheimdienstinformationen, den operativen Systemen und Luftbildern, die miteinander abgeglichen wurden“, sagte Armeesprecher Daniel Hagari.

„Diese Beweise, die wir mit allen teilen, bestätigen, dass die Explosion durch eine fehlgeleitete Rakete des Islamischen Dschihad ausgelöst wurde“, erklärte er. „Es gab keinen Beschuss der IDF (israelischen Armee) vom Land, von der See oder aus der Luft, der das Krankenhaus getroffen hätte.“

Die arabische Welt macht hingegen Israel geschlossen für den tödlichen Raketenbeschuss auf das Krankenhaus in Gaza-Stadt verantwortlich.

14:58 Uhr – USA verhängen Sanktionen gegen Mitglieder und Unterstützer der Hamas

Nach dem Großangriff der Hamas auf Israel haben die USA Sanktionen gegen zehn Mitglieder und Unterstützer der radikalislamischen Palästinenserorganisation verhängt. Die Strafmaßnahmen zielen auf die Einkommensquellen der Hamas ab, wie das US-Finanzministerium am Mittwoch mitteilte.

Mit Sanktionen belegt wurden unter anderem für die Finanzierung der Organisation zuständige Mitglieder und Unterstützer im Westjordanland, in Algerien, Katar, im Sudan und in der Türkei. Die USA verhängten auch Sanktionen gegen den ranghohen Hamas-Kommandeur Aiman Nofal. Nach Hamas-Angaben war dieser am Dienstag bei einem israelischen Angriff im Gazastreifen getötet worden.

14:50 Uhr – Mehr als 60 Verletzte bei Proteste gegen Israel in Istanbul

Bei Protesten gegen Israel sind in der Türkei dutzende Menschen verletzt worden. Wie die Regionalregierung in Istanbul am Mittwoch mitteilte, gab es in der türkischen Metropole am Dienstagabend vor dem israelischen Konsulat bei Protesten wegen des tödlichen Beschusses eines Krankenhauses in der Stadt Gaza gewalttätige Ausschreitungen. Dabei seien 63 Menschen verletzt worden, darunter 43 Polizisten.

Die Ausschreitungen waren den Angaben zufolge ausgebrochen, als einige Demonstranten versuchten, die Sicherheitsabsperrung vor dem israelischen Konsulat zu durchbrechen und in das Gebäude einzudringen. Die Polizei nahm fünf Menschen fest.

13:21 Uhr – Tausende protestieren vor israelischer Botschaft in Jordanien

In der Nähe der israelischen Botschaft in Jordanien haben am Mittwoch etwa 5.000 Menschen gegen den Raketenbeschuss eines Krankenhauses im Gazastreifen demonstriert. Die Sicherheitskräfte riegelten die Straßen zu der Botschaft in Amman ab, doch schien die Demonstration noch größer zu werden.

In Jordanien, wo viele palästinensische Flüchtlinge leben, ist die Wut über den Beschuss des Krankenhauses groß. Trotz der israelischen Versicherung, dass nicht Israel dafür verantwortlich sei, sondern eine fehlgeleitete Rakete der Palästinensermiliz Islamischer Dschihad, hatte auch die jordanische Regierung Israel verantwortlich gemacht. Jordanien hat als eines der wenigen arabischen Länder einen Friedensvertrag mit Israel geschlossen.

12:11 Uhr – Außenamt: „Einstellige Zahl“ deutscher Staatsbürger durch Hamas-Terror getötet

Mehrere Bundesbürger sind nach Angaben des Auswärtigen Amts durch die radikalislamische Hamas getötet worden. Ein Außenamtssprecher teilte am Mittwoch in Berlin mit, „dass nach unserer Erkenntnis wir leider von einer einstelligen Zahl deutscher Staatsangehöriger ausgehen müssen, die dem Hamas-Terror zum Opfer gefallen sind“. Er verwies darauf, dass einzelne Todesfälle erst bestätigt würden, wenn die Angehörigen verständigt seien.

Zu den durch die Hamas in den Gazastreifen verschleppten Deutschen werde sich das Auswärtige Amt vorerst nicht zu Einzelfällen äußern. Der AA-Sprecher verwies auf einen im Auswärtigen Amt eingerichteten Sonderstab für die verschleppten Bundesbürger. „Wir nutzen natürlich jetzt alle Gesprächskanäle […], um auf Akteure in der Region und letztlich dann indirekt natürlich auch auf die Hamas einzuwirken“, sagte er.

11:00 Uhr – US-Präsident Biden in Israel

Inmitten einer schweren Krise im Nahen Osten ist US-Präsident Joe Biden zu einem Kurzbesuch in Israel eingetroffen. „Ich wollte heute aus einem einfachen Grund hier sein. Ich möchte, dass das israelische Volk und die Welt wissen, dass die USA an der Seite Israels stehen“, sagte Biden am Mittwoch in Tel Aviv. Zu dem jüngsten Anschlag auf das Krankenhaus in Gaza-Stadt sagte der US-Präsident: „Ich bin traurig und wütend über die Explosion im Krankenhaus. Nach dem, was ich gesehen habe, wurde der Angriff nicht von Israel durchgeführt.“ Aber es gebe eine Menge Leute da draußen, „die sich nicht sicher sind“, sagte Biden weiter.

10:35 Uhr – US-Außenministerium warnt vor Reisen nach Libanon

Wegen der Sicherheitslage im Libanon haben die USA dem nicht dringend notwendigen Personal der US-Botschaft in der Nähe von Beirut die Ausreise erlaubt. Das US-Außenministerium riet seinen Staatsbürgern am Dienstag überdies von Reisen in das Land ab und begründete dies mit der „unvorhersehbaren Sicherheitssituation“ aufgrund des von „Israel und Hisbollah oder anderen bewaffneten militanten Gruppierungen“ aufeinander abgefeuerten Raketen- oder Artilleriebeschusses.

Die Hisbollah-Miliz im Libanon hatte sich in den vergangenen Tagen zu mehreren Raketenangriffen auf Nordisrael bekannt, Israel hatte in Reaktion Ziele im Südlibanon angegriffen. Auch andere Länder wie Deutschland, Spanien, Frankreich und Kanada haben Reisewarnungen für den Libanon ausgegeben.

9:50 Uhr – Bundeswehr fliegt 68 weitere Menschen aus Israel nach Deutschland

Die Bundeswehr hat in der Nacht zum Mittwoch 68 weitere Menschen aus Israel nach Deutschland ausgeflogen. Ein Flugzeug vom Typ A321 kam kurz nach Mitternacht in Berlin an, wie die Bundeswehr im Onlinedienst X (ehemals Twitter) mitteilte. Insgesamt flog die Bundeswehr damit in fünf Flügen bisher 290 Menschen aus Israel nach Deutschland aus.

Seit dem Großangriff der radikalislamischen Hamas sind zahlreiche deutsche Staatsbürger aus Israel ausgereist. Die Lufthansa hatte dazu auf Bitten des Auswärtigen Amtes vergangene Woche jeweils vier Sonderflüge von Tel Aviv nach Deutschland absolviert.

9:21 Uhr – Israel veröffentlicht Luftaufnahmen von Gaza-Krankenhaus

Während die von der islamistischen Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde im Gazastreifen sowie auch mehrere arabische Staaten Israel die Verantwortung für den Raketeneinschlag gaben, wies die israelische Armee dies entschieden zurück. „Das Krankenhaus wurde durch eine fehlgeschlagene Rakete der Terrororganisation Islamischer Dschihad getroffen“, erklärte die Armee in der Nacht.

Das israelische Militär veröffentlichte Videoaufnahmen, die beweisen sollen, dass eine palästinensische Rakete für den tödlichen Einschlag in dem Krankenhaus verantwortlich sei. In dem Videozusammenschnitt sind Luftaufnahmen der Al-Ahli-Klinik und eines Parkplatzes zu sehen, auf dem ein Brand ausgebrochen war. Dabei sollen Hunderte Menschen getötet worden sein. Eine unabhängige Überprüfung der Angaben war zunächst nicht möglich.

Verglichen werden Luftaufnahmen vor und nach dem tödlichen Vorfall. Es sei kein typischer Krater zu sehen, wie er sonst bei israelischen Luftangriffen entstehe. Nach Angaben der Armee schlug dort stattdessen eine fehlgeleitete Rakete der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad ein. Diese wies die Schuldzuweisung zurück.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wies die Verantwortung für den Raketeneinschlag zurück. „Die ganze Welt sollte es wissen: Es waren barbarische Terroristen in Gaza, die das Krankenhaus in Gaza angegriffen haben“, sagte Netanjahu gestern. Eine Überprüfung der operativen und nachrichtendienstlichen Systeme habe ergeben, dass das israelische Militär das Krankenhaus Al-Ahli in Gaza „nicht getroffen“ habe, erklärte Militärsprecher Daniel Hagari.

Militärsprecher Daniel Hagari teilt folgendes Videomaterial auf „X“:

08:32 Uhr – Pro-Palästina-Mahnwache in Berlin – Polizei angegriffen

Nach einem verheerenden Raketeneinschlag in ein Krankenhaus im Gazastreifen mit mutmaßlichen Hunderten Toten haben in Deutschland vielerorts Unterstützer der Palästinenser spontan protestiert, teils gewaltsam. In Berlin sind am Dienstagabend nach einer Mahnwache am Brandenburger Tor Polizisten angegriffen worden – während im Stadtteil Neukölln Demonstranten mehrere „Gegenstände“ anzündeten.

Die Berliner Feuerwehr meldete indes mehrere Kleinbrände in Neukölln. „Unsere Einsatzkräfte wurden zuvor mit Pyrotechnik angegriffen und beschossen. Wir sind mit 40 Kräften vor Ort“, twitterte die Feuerwehr am Mittwoch und fügte später hinzu, dass E-Scooter, Barrikaden und ein Kinderspielplatz brannten.

Laut Polizei brachten die Menschen Gegenstände auf die Fahrbahn der Sonnenallee und zündeten sie an. „Unsere Einsatzkräfte wurden beim Eintreffen […] mit Steinen beworfen“, hieß es. Demnach wurden Wasserwerfer eingesetzt, um das Feuer zu löschen.

7:29 Uhr – Hisbollah ruft „Tag des beispiellosen Zorns“ gegen Israel aus

Die pro-iranische Miliz Hisbollah im Libanon rief einen „Tag des beispiellosen Zorns“ gegen Israel aus. Dieser richte sich auch gegen den für heute geplanten Solidaritätsbesuch von US-Präsident Joe Biden in Israel. Biden wolle das „kriminelle Regime unterstützen“, hieß es.

7:25 Uhr – Schusswechsel an Grenze zu Libanon

An der Grenze zwischen Israel und dem Libanon kam es unterdessen erneut zu Schusswechseln. Israelische Soldaten seien mit Panzerabwehrraketen in der Gegend von Shtula im Bereich des Sicherheitszauns zwischen Israel und dem Libanon beschossen worden, teilte das israelische Militär am frühen Morgen mit. Die eigene Artillerie habe daraufhin den Ort des Raketenabschusses unter Feuer genommen, hieß es. Israelische Kampfflugzeuge beschossen zudem in Reaktion auf den wiederholten Beschuss Israels vom Libanon aus einen Beobachtungsposten und militärische Infrastruktur der Miliz.

7:00 Uhr – Israel gibt Reisewarnung für Türkei und Marokko heraus

Das Nationale Sicherheitshauptquartier (NSH) Israels hat eine Aufforderung an alle Israelis herausgegeben, die Türkei zu verlassen. „Angesichts der anhaltenden Verschärfung terroristischer Bedrohungen gegen Israelis im Ausland wird die Reisewarnung für die Türkei auf die höchste Stufe – Stufe 4 – erhöht.“ „In der Türkei bleibende Israelis müssen so schnell wie möglich abreisen“, schreibt die israelische Epoch Times.

Auch für Marokko wurde eine Reisewarnung ausgesprochen. Israelische Touristen seien dort zu besonderer Vorsicht aufgerufen, hieß es.

6:37 Uhr – Debatte im Bundestag

Der Bundestag debattiert heute (15:15 Uhr) in einer aktuellen Stunde über den Umgang mit pro-palästinensischen Sympathiebekundungen in Deutschland. Die von den Ampelfraktionen und der Union beantragte Debatte trägt den Titel „Verherrlichung von Terror in Deutschland unterbinden – Antisemitismus entschieden bekämpfen“. In Berlin und anderen Städten waren seit dem Großangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel mehrere pro-palästinensische Versammlungen untersagt worden.

6:00 Uhr – Raketeneinschlag in Krankenhaus – Israel: war Rakete des Islamischen Dschihad

Nach einem Raketeneinschlag in einem Krankenhaus im Gazastreifen mit zahlreichen Opfern ist es in mehreren muslimisch geprägten Ländern zu Protesten gekommen. Mehrere Staaten kündigten Trauertage für die Opfer an.

Israels Militär wies die Verantwortung für den Raketeneinschlag klar zurück. „Das Krankenhaus wurde durch eine fehlgeschlagene Rakete der Terrororganisation Islamischer Dschihad getroffen“, teilte die Armee in der Nacht mit. Militärsprecher Daniel Hagari kündigte an, Beweise für die Annahme öffentlich machen zu wollen. Nach Angaben der Hamas kamen mindestens 200 Menschen ums Leben, die Zahlen sind nicht unabhängig überprüfbar.

Die vom Iran unterstützte libanesische Hisbollah-Bewegung rief zu einem „Tag des Zorns“ auf, um den Angriff zu verurteilen.

Proteste in muslimischen Ländern

In Amman (Jordanien) versuchten Demonstranten zur israelischen Botschaft zu gelangen, wie die jordanische Nachrichtenagentur „Petra“ meldete. Berichte über die Stürmung des Gebäudes wiesen jordanische Sicherheitskreise zurück. Vor dem israelischen Konsulat in der türkischen Millionenmetropole Istanbul versammelten sich zahlreiche Demonstranten.

Istanbul, Türkei. Demonstranten vor dem israelischen Konsulat, nachdem eine Explosion in einem Krankenhaus in Gaza am 17. Oktober 2023 eingeschlagen war. In der Folge kommt es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Foto: ILKER ERAY/Middle East Images/AFP via Getty Images

Im Iran rief eine Menge im Stadtzentrum Teherans „Nieder mit Israel“, wie Videos der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA zeigten. Die Regierung erklärte den heutigen Mittwoch zum Trauertag. Irans Außenamtssprecher verurteilte den Angriff aufs Schärfste und machte den Erzfeind Israel verantwortlich. Weit nach Mitternacht zogen Menschenmassen vor die britische Botschaft und schwenkten palästinensische Flaggen. Auch vor der französischen Vertretung gab es Proteste.

In Tunesiens Hauptstadt Tunis protestierten Hunderte nach dem Vorfall vor der Botschaft Frankreichs, wie die Staatsagentur TAP meldete. Auch im irakischen Bagdad versammelten sich Augenzeugen zufolge Hunderte im Zentrum der Stadt. In den südlichen Vororten von Beirut strömten Augenzeugen zufolge Hunderte Hisbollah-Anhänger auf die Straßen und forderten Tel Aviv zu bombardieren. In Beirut setzte die Polizei laut Zeugenaussagen Tränengas gegen Demonstranten nahe der US-Botschaft ein.

Hunderte versammelten sich vor dem israelischen Generalkonsulat in Ankara, Türkei, um gegen den israelischen Luftangriff auf das Al-Ahli Baptist Hospital in Gaza zu protestieren. Diese Demonstration fand am 17. Oktober 2023 statt. Foto: MERT CAN BUKULMEZ/Middle East Images/AFP via Getty Images

Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) verurteilten den Raketeneinschlag und machten Israel dafür verantwortlich. Das Außenministerium des Golfstaats forderte eine sofortige Einstellung der Feindseligkeiten und dass Zivilisten und zivile Einrichtungen nicht mehr angegriffen werden.

Auch Marokko verurteilte die „Bombardierung“ des Krankenhauses „durch israelische Streitkräfte aufs Schärfste“. Das Land forderte sicherzustellen, „dass Zivilisten von allen Parteien geschützt und nicht zur Zielscheibe werden“. Auch Bahrain schloss sich der Kritik am „israelischen Bombenanschlag“ an. Das Land unterstütze „alle regionalen oder internationalen Bemühungen zur Deeskalation und Beendigung der Gewalt“.

Demonstranten stoßen vor Frankreichs Botschaft in Beirut mit der libanesischen Armee und der Bereitschaftspolizei zusammen. Nach einem Raketeneinschlag in einem Krankenhaus im Gazastreifen mit zahlreichen Opfern ist es in mehreren muslimisch geprägten Ländern zu spontanen Protesten gekommen.

Demonstranten stoßen vor Frankreichs Botschaft in Beirut mit der libanesischen Armee und der Bereitschaftspolizei zusammen. (17.10.2023) Foto: Bilal Hussein/AP/dpa

Reaktionen aus dem Westen

Das Auswärtige Amt in Berlin verurteilt den Angriff scharf. „Wir sind zutiefst schockiert angesichts der Berichte über Hunderte Tote im Al-Ahli-Krankenhaus in Gaza“, erklärte das Außenministerium auf seinem englischsprachigen Account auf X, ehemals Twitter, GermanForeignOffice – am Dienstag. „Zivile Ziele, insbesondere ein voll funktionstüchtiges Krankenhaus mit Patienten und medizinischem Personal, dürfen unter keinen Umständen angegriffen werden.“

UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich bestürzt. „Ich bin entsetzt über die Tötung Hunderter palästinensischer Zivilisten heute bei einem Angriff auf ein Krankenhaus in Gaza, den ich aufs Schärfste verurteile“, schrieb Guterres bei X. „Mein Herz ist bei den Familien der Opfer. Krankenhäuser und medizinisches Personal unterliegen dem Schutz des humanitären Völkerrechts.“

Guterres fordert eine humanitäre Feuerpause im laufenden Nahostkonflikt. „Ich rufe zu einer sofortigen Feuerpause auf, um genug Zeit und Platz bereitzustellen, damit meine beiden Aufrufe realisiert und das epische menschliche Leid gelindert werden kann“, sagte er in Peking bei einer Rede zum Seidenstraßengipfel. Mit den beiden Aufrufen meinte er seine Forderung an die Hamas, Geiseln freizulassen, und an Israel, humanitäre Hilfe im Gazastreifen zuzulassen.

Der französische Präsident Emmanuel Macron verurteilte den Raketeneinschlag: „Nichts kann einen Angriff auf ein Krankenhaus rechtfertigen“, schrieb er in der Nacht bei X. „Nichts kann es rechtfertigen, Zivilisten ins Visier zu nehmen.“

Die Umstände müssten in vollem Umfang aufgeklärt werden. Seine Gedanken seien bei den Opfern. Konkrete Schuldzuweisungen sprach er nicht aus. In einem weiteren Tweet forderte er, der Zugang für humanitäre Hilfe für die Menschen im Gazastreifen müsse unverzüglich wieder geöffnet werden.

Biden „empört und betrübt“

US-Präsident Joe Biden reagierte mit Bestürzung. Er sei „empört und zutiefst betrübt“ über die Explosion in dem Krankenhaus und den schrecklichen Verlust von Menschenleben, der dadurch verursacht worden sei, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme Bidens. „Die Vereinigten Staaten treten unmissverständlich für den Schutz der Zivilbevölkerung während eines Konflikts ein, und wir trauern um die Patienten, das medizinische Personal und andere Unschuldige, die bei dieser Tragödie getötet oder verwundet wurden“, hieß es weiter in der Stellungnahme.

Biden war gestern Abend nach Israel aufgebrochen, wo er heute zu einem Kurzbesuch erwartet wird. Ursprünglich hatte der US-Präsident im Anschluss nach Jordanien weiterreisen wollen, um dort noch heute mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas, Ägyptens Staatschef Abd al Fattah as-Sisi und dem jordanischen König Abdullah II. zusammenzukommen. Sein Treffen in Jordanien wurde kurzfristig abgesagt.

Kanzler Scholz im Schutzraum

Wegen wiederholten Raketenalarms hat Bundeskanzler Olaf Scholz am 17. Oktober während seines Besuchs in Tel Aviv mehrmals einen Schutzraum der deutschen Botschaft aufsuchen müssen. Er habe sich dort jeweils wenige Minuten aufhalten müssen, hieß es aus seinem Umfeld. Im Zentrum der Stadt waren mehrere dumpfe Explosionen des Raketenabwehrsystems Iron Dome (Eisenkuppel) zu hören.

Scholz war am Nachmittag zu einem Solidaritätsbesuch in Israel gelandet. Neben Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kam er mit Präsident Izchak Herzog zusammen. Ein Treffen mit Benny Gantz, Minister im Kriegskabinett, war wegen des zweiten Raketenalarms unterbrochen worden.

Tel Aviv gilt als verhältnismäßig sicher. Es kommt jedoch auch dort täglich mehrmals zu Raketenalarm. Auch während des Besuchs von Außenministerin Annalena Baerbock sowie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in der vergangenen Woche heulten die Sirenen.

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(Mit Material der Agenturen)



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