Neue Vorwürfe gegen UN-Hilfswerk in Gaza

Das Ausmaß der mutmaßlichen Verbindung von Beschäftigten des UN-Hilfswerks zu Terroristen dürfte erheblich größer sein als angenommen. Rund zehn Prozent aller Mitarbeiter seien mit der Hamas oder dem Islamischen Staat verbunden – das wären rund 1.200 Personen.
Israels Führung setzt den Gaza-Krieg ungeachtet zunehmenden Drucks aus dem In- und Ausland fort. Bisher seien etwa 9000 Terroristen der islamistischen Hamas und anderer Terrorgruppen «eliminiert» worden.
Nach israelischer Darstellung wurde inzwischen mindestens die Hälfte der Hamas-Kämpfer getötet oder verwundet.Foto: -/AP/dpa
Epoch Times30. Januar 2024

Der Skandal um eine mutmaßliche Beteiligung einiger Mitarbeiter des UN-Palästinenserhilfswerks am Massaker der islamistischen Hamas in Israel zieht immer größere Kreise.

Rund zehn Prozent aller rund 12.000 im Gazastreifen beschäftigten Mitarbeiter des Hilfswerks UNRWA hätten Verbindungen zur Hamas oder dem Islamistischen Dschihad, berichtete das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf ein israelisches Geheimdienstdossier.

Derweil sollen die Gespräche über eine mögliche neue Feuerpause im Gaza-Krieg und die Freilassung weiterer Geiseln in dieser Woche weitergehen. Während Washington bisher vorsichtig optimistisch ist, soll die Hamas laut israelischen Medienberichten erklärt haben, kein Abkommen zu akzeptieren, das nicht ein Ende des Kriegs und den Abzug aller israelischen Truppen aus Gaza beinhalte.

Israels Botschafter: UNRWA mit Terroristen unter einer Decke

Die Vorwürfe gegen zwölf UNRWA Beschäftigte wegen mutmaßlicher Beteiligung am Hamas-Massaker hatten weltweit für Empörung gesorgt.

US-Außenminister Antony Blinken forderte erneut eine schnelle Aufklärung. Das Hilfswerk spiele „eine absolut unverzichtbare Rolle dabei, sicherzustellen, dass Männer, Frauen und Kinder, die in Gaza so dringend Hilfe benötigen, diese auch tatsächlich erhalten“, sagte Blinken in Washington.

Das UN-Hilfswerk entließ die Mitarbeiter und will den Vorwürfen nachgehen. „Das Problem der UNRWA sind nicht nur ‚ein paar faule Äpfel‘, die in das Massaker vom 7. Oktober verwickelt waren“, zitierte das „Wall Street Journal“ einen hohen israelischen Regierungsbeamten. „Die Institution als Ganzes ist ein Hort für die radikale Ideologie der Hamas“, sagte der Beamte.

„UNRWA steckt schon lange mit den Terroristen unter einer Decke“, sagte Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, dem „Tagesspiegel“. Schon die Attentäter des Münchner Olympia-Massakers von 1972 seien Absolventen von Schulen des UN-Hilfswerks gewesen.

Deutschland zahlte rund 190 Millionen Euro – und nochmal über die EU

Deutschland und andere Länder haben ihre Zahlungen an die UNRWA eingestellt – das reguläre Budget lag 2022 einschließlich verschiedener Projekte bei 1,1 Milliarden Euro. Größte Geldgeber waren 2022 die USA (320 Millionen Euro) und Deutschland (rund 190 Millionen Euro).

Von der EU kamen über 100 Millionen Euro, weitere große Geldgeber sind bzw. waren Schweden, Norwegen und Japan. Die Europäische Kommission, eine der größten Geldgeber von UNRWA, kündigte an, ihre Hilfen für das UN-Hilfswerk zu überprüfen.

UN-Generalsekretär António Guterres will am Dienstag Vertreter von Geberländern treffen. Guterres sei „persönlich entsetzt“ über die Vorwürfe gegen UNRWA-Mitarbeiter, die in den Hamas-Angriff gegen Israel vom 7. Oktober verwickelt sein sollen, sagte UN-Sprecher Stéphane Dujarric am Montag.

„Aber seine Botschaft an Geber – insbesondere jene, die ihre Beiträge unterbrochen haben – ist es, zumindest die Kontinuität der Arbeit von UNRWA sicherzustellen“, sagte Dujarric weiter. Das UN-Hilfswerk habe „zehntausende engagierte Mitarbeiter“ in der Region.

Mindestens ein Viertel der Hamas ausgeschaltet

Nach israelischer Darstellung wurde inzwischen mindestens die Hälfte der Hamas-Kämpfer getötet oder verwundet. „Wir haben bereits mindestens ein Viertel der Hamas-Terroristen ausgeschaltet, und es gibt eine ähnliche Zahl verwundeter Terroristen“, sagte Verteidigungsminister Joav Galant.

Unabhängig lassen sich seine Angaben gegenwärtig nicht überprüfen. Wie das Nachrichtenportal „Axios“ am Montag unter Berufung auf vier US-amerikanische und israelische Beamte berichtete, hat Galant der US-Regierung versichert, dass er und das Militär eine Wiederbesiedlung Gazas durch Israelis verhindern würden. Eine geplante Pufferzone in dem Gebiet werde vorübergehender Natur sein und nur Sicherheitszwecken dienen.

Jüdische Siedler wieder in den Gazastreifen?

Die USA haben die Forderungen einiger israelischer Politiker nach einer Rückkehr jüdischer Siedler in den Gazastreifen als „unverantwortlich“ verurteilt. „Unverantwortlich, rücksichtslos, aufrührerisch würde ich sogar sagen“, sagte am Montag der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby. Es seien aber nur „ein paar“ der Minister aus dem Kabinett des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu an der Veranstaltung beteiligt gewesen, bei der die Forderungen gestellt wurden.

In Jerusalem hatten am Sonntag tausende Menschen bei einer Veranstaltung in einem Kongresszentrum die Rückkehr jüdischer Siedler in den Gazastreifen gefordert. Unter den Teilnehmern befanden sich auch mehrere Mitglieder der Likud-Partei von Regierungschef Netanjahu sowie einige ultrarechte Minister, darunter Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir.

„Wenn wir keinen weiteren 7. Oktober wollen, müssen wir das Gebiet kontrollieren“, sagte der rechtsextreme Minister bei der Veranstaltung mit Verweis auf den Großangriff der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas auf Israel.

Israel hatte sich im Jahr 2005 nach 38 Jahren Besatzung vollständig aus dem Gazastreifen zurückgezogen. Aus dort abgehaltenen Wahlen ein Jahr später ging die Hamas als Siegerin hervor. Nach bewaffneten Auseinandersetzungen mit der rivalisierenden säkularen Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas übernahm sie 2007 schließlich die Kontrolle über den Gazastreifen.

Die Bundesregierung hatte „die Teilnahme und Äußerungen von Teilen der israelischen Regierung“ bei einer Konferenz in Jerusalem zur Besiedlung des Palästinensergebiets „auf das Schärfste“ verurteilt. Die jüngsten Äußerungen „tragen im aktuellen Konflikt zu einer Verschlimmerung der Lage bei und verstoßen ganz klar gegen internationales Recht“, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Sebastian Fischer, am Montag in Berlin.

Feuerpause und Geiseln

Am Wochenende hatten Vertreter der USA, Israels, Ägyptens und Katars in Paris über eine neue Feuerpause beraten. Es seien gute Fortschritte gemacht worden, um zumindest den Grundstein für einen Weg nach vorne zu legen, sagte der katarische Ministerpräsident und Außenminister Mohammed bin Abdulrahman Al Thani dem US-Sender MSNBC.

Vor den Beratungen habe es eine klare Forderung nach einem dauerhaften Waffenstillstand gegeben – diese Möglichkeit bestehe, sagte Al Thani. Die verschiedenen Parteien hätten die Hoffnung, „diesen Vorschlag an die Hamas weiterzuleiten und sie dazu zu bringen, sich positiv und konstruktiv an dem Prozess zu beteiligen“.

Nun soll der radikalislamischen Hamas nach katarischen Angaben ein mögliches Rahmenwerk zugestellt werden. Es blieb am Montag unklar, ob die islamistische Organisation den Entwurf bereits von Katar bekommen hat.

„Wir sprechen in erster Linie von einem vollständigen und umfassenden Waffenstillstand und nicht von einer vorübergehenden Waffenruhe“, sagte der ranghohe Hamas-Vertreter Taher al-Nunu der Nachrichtenagentur AFP. Seien die Kämpfe einmal eingestellt, „können die restlichen Details besprochen werden“, einschließlich der Freilassung von Geiseln.

Katar hat seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der Hamas eine führende Vermittlerrolle inne. Al-Thani bestätigte, dass die Treffen mit CIA-Chef Bill Burns und hochrangigen israelischen und ägyptischen Sicherheitsvertretern zu einem Entwurf für eine mehrstufige Feuerpause geführt hätten. Dabei würden von der Hamas als Geisel genommene Frauen und Kinder zuerst freigelassen werden.

Die USA zeigten sich derweil vorsichtig optimistisch mit Blick auf eine mögliche neue Feuerpause und die Freilassung weiterer Geiseln. „Wir können noch nicht über ein bevorstehendes Abkommen sprechen, aber auf der Grundlage der Gespräche, die wir am Wochenende und in den letzten Tagen geführt haben, haben wir das Gefühl, dass es in eine gute Richtung geht“, sagte Kirby in Washington.

Der „Times of Israel“ zufolge pochte die Hamas am Montagabend in einer gemeinsamen Erklärung mit der Terrorgruppe Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) darauf, dass Israel seine „Aggression“ beenden und sich aus Gaza zurückziehen müsse, bevor ein Abkommen zustande kommen könne. Laut Schätzungen befinden sich noch etwas mehr als 130 Menschen in der Gewalt der Islamisten.

Lage in Nahost gefährlich wie lange nicht mehr

Die Lage in Nahost ist nach Einschätzung von US-Außenminister Blinken so gefährlich wie lange nicht mehr. „Ich behaupte, dass wir in der gesamten Region seit mindestens 1973 – vielleicht sogar davor – keine so gefährliche Situation mehr erlebt haben wie jetzt“, sagte Blinken in Washington bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

Mit der Jahreszahl bezog er sich wahrscheinlich auf den Jom-Kippur-Krieg, der am 6. Oktober 1973 begonnen hatte, als eine Allianz arabischer Staaten unter Führung Ägyptens und Syriens überraschend Israel überfiel. Damals wurden mehr als 2.600 israelische Soldaten getötet und mehr als 7.000 verletzt.(dpa/red)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion