Richtungsweisendes Urteil: Oberstes US-Gericht lehnt Änderung der Wahlkreisgrenzen ab

Republikaner im US-Bundesstaat North Carolina wollten Wahlkreisgrenzen verändern. Der Oberster Gerichtshof hat dem nun einen Riegel vorgeschoben.
Die Richterinnen und Richter des Obersten Gerichtshofs in den USA (vorne: l-r, hinten: l-r): Samuel Alito , Clarence Thomas, John Roberts, Stephen Breyer, Sonia Sotomayor, Brett Kavanaugh, Elena Kagan, Neil Gorsuch und Amy Coney Barrett.
Die Richterinnen und Richter des Obersten Gerichtshofs in den USA (vorne: l.-r, hinten: l-r): Samuel Alito, Clarence Thomas, John Roberts, Stephen Breyer, Sonia Sotomayor, Brett Kavanaugh, Elena Kagan, Neil Gorsuch und Amy Coney Barrett.Foto: Erin Schaff/Pool New York Times/AP/dpa
Von 29. Juni 2023

Wahlkreisgrenzen so zu ziehen, dass es der eigenen Partei Vorteile bringt, könnte in den USA künftig schwieriger werden. Der Oberste Gerichtshof der USA hat in einem Streit um die Neueinteilung von Wahlkreisen im Staat North Carolina ein Urteil gefällt, das künftig für Wahlen im ganzen Land richtungsweisend sein könnte.

Mit sechs zu drei Stimmen bestätigte das Verfassungsgericht die Entscheidung einer Vorinstanz. Ein Bezirksgericht in North Carolina hatte die von den Republikanern geplanten Wahlkreisänderungen im Jahre 2021 als übermäßig parteipolitisch motiviert verworfen.

In dem Urteil stellte der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs der USA, John Roberts, klar, dass Gerichte auf Ebene der US-Staaten weiterhin die Befugnis hätten, Maßnahmen der Parlamente im Bereich der Wahlabläufe einzuschränken, wies aber auch auf mögliche Grenzen bei der Überwachung von Kongress- und Präsidentschaftswahlen hin.

Supreme Court hatte Behandlung eines Gerrymandering-Falles abgelehnt

Ausgangspunkt für den Obersten Gerichtshof war ein Streitfall aus dem Jahr 2018. Im Fall Harper gegen Hall geht es um eine Wahlrechtsreform für Bundeswahlen in North Carolina. Im Jahr 2018 hatte das Bundesgericht des Bundesstaates North Carolina entschieden, dass die Wahlkreiskarten des Staates gegen die Verfassung verstießen. Die Richter gingen von einer unzulässigen Manipulation zugunsten einer Partei aus.

Danach erfolgte die Wahlkreiseinteilung für die Wahlen des Jahres 2020 auf der Grundlage des Gerichtsurteils. Im Jahr 2021 kam jedoch ein neues Gesetz, das die Wahlkreiskarten erneut änderte und durch das sich die Demokraten benachteiligt sahen.

Auch das Bundesgericht des Staates wollte seine eigene Entscheidung überprüfen. Es berief sich auf ein Urteil des Supreme Courts aus dem Jahr 2019, in dem dieser eine Überprüfung in einem ähnlich gelagerten Fall verweigert hatte. Der Oberste Gerichtshof erklärte damals, es könne nicht beurteilt werden, inwieweit eine Wahlkreiseinteilung parteiisch sei. Dieses Phänomen bezeichnet man auch als Gerrymandering.

Republikaner in North Carolina: „Alleinige Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers“

Nun holte der Oberste Gerichtshof von allen Beteiligten für ein Gutachten Rechtsmeinungen ein. Dabei legten die Republikaner in North Carolina ihre Ansicht vor, der sich der Supreme Court jedoch nicht anschloss.

Die Republikaner argumentierten, die Verfassung habe die Gesetzgeber der Bundesstaaten immer schon direkt dazu ermächtigt, die Regeln für die Durchführung von Bundeswahlen in ihren jeweiligen Bundesstaaten selbst festzulegen.

Die US-Verfassung ermächtige die Bundesstaaten explizit, „Zeit, Ort und Art der Abhaltung von Wahlen für Senatoren und Repräsentanten“ festzulegen. Zudem dürften diese die Wahlmänner für die Präsidentschaftswahlen „auf die Art und Weise zu ernennen, die der jeweilige Gesetzgeber bestimmt“.

Aus Sicht der Republikaner nehme dies den Bundesgerichten einschließlich dem Supreme Court die Befugnis, sich in diesen Gesetzgebungsprozess einzumischen.

Roberts: Gerichte dürfen Pflicht zur Überprüfung nicht aufgeben

Der Supreme Court wies diese Auffassung zurück. Im Mehrheitsgutachten zum Ausgangsverfahren „Moore gegen Harper“ heißt es, die Wahlklausel gebe den einzelstaatlichen Gesetzgebern nicht die „ausschließliche und unabhängige“ Befugnis, die Regeln für die Bundeswahlen festzulegen.

Der Mehrheitsmeinung schlossen sich die drei den Demokraten zugerechneten Richter an, sowie Oberrichter John Roberts, Brett Kavanaugh und Amy Coney Barrett. Clarence Thomas und Neil Gorsuch widersprachen dieser Auffassung, Samuel Alito vertrat eine Mittelposition.

Roberts zufolge behalten staatliche Gerichte die Befugnis, die Ausübung der durch die Wahlklausel eingeräumten Rechte des Gesetzgebers zu überprüfen. Dies gelte mit Blick auf verfassungsrechtliche Beschränkungen.

Bundesgerichte dürften „ihre eigene Pflicht zur gerichtlichen Überprüfung nicht aufgeben“. Allerdings dürften sie die Grenzen der normalen gerichtlichen Kontrolle nicht so weit überschreiten, dass sie verfassungswidrig in die Rolle eingreifen, die dem Gesetzgeber zukomme.

Die abweichenden Richter wollten die Entscheidungsbefugnis an das Gericht in North Carolina zurückgeben.

Alle Richter schienen sich jedoch in einem Bereich einig zu sein. Bundesgerichte sollten unabhängig vom Ausgang des Falles immer noch die Möglichkeit haben, staatliche Wahlgesetzänderungen zu überprüfen. Maßstab wären dabei das Bundesrecht oder die Bundesverfassung.

Supreme Court beharrt auf Option der begrenzten Kontrollbefugnis

Tim Moore von den Republikanern betonte demgegenüber das Prinzip der staatlichen Souveränität:

Die Gesetzgeber der Bundesstaaten sind für die Erstellung von Kongresskarten zuständig, nicht die Richter der Bundesstaaten und schon gar nicht mithilfe von parteipolitischen Mitarbeitern.“

In der Praxis läuft die von Verfassung und Gerichten geschaffene Rechtslage darauf hinaus, dass die einzelnen Bundesstaaten weitgehende Kontrolle über die Durchführung von Wahlen haben. Dies betrifft insbesondere Aspekte wie die Festlegung der Wahltermine, die Einrichtung von Wahllokalen, der Gestaltung von Stimmzetteln und die Verwaltung des Wahlprozesses. Die genauen Regeln können von Bundesstaat zu Bundesstaat variieren.

Allerdings haben Bundesorgane wie der Supreme Court eine begrenzte Kontrollbefugnis. Der Supreme Court kann über bundesstaatliche Wahlgesetze entscheiden und sie für verfassungswidrig erklären, wenn sie gegen die Verfassung der Vereinigten Staaten verstoßen.

 



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