Russische Vergeltungsoffensive trifft deutsche Visastelle in Kiew

Bei Angriffen auf Ziele in der Ukraine haben russische Raketen auch die Visastelle der deutschen Botschaft in Kiew getroffen. Eine Warnung an Berlin?
Titelbild
Ukrainische Flagge auf dem Parlament in Kiew.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Von 11. Oktober 2022


Im Zuge der am Montagmorgen (10.10.) gestarteten russischen Vergeltungsoffensive auf Ziele in der Ukraine soll Beschuss auch ein deutsches Botschaftsgebäude getroffen haben. Ein Osteuropa-Analyst der Heinrich-Böll-Stiftung veröffentlichte Bilder auf Twitter, die dies belegen sollen.

Die Aufnahmen, die Sergej Sumlenny veröffentlicht hat, sollen Rauchwolken neben der Visastelle der Botschaft zeigen. Der Stiftungsmitarbeiter teilte dazu auch die Adresse der Visastelle zur Bestätigung. Sumlenny verband seinen Hinweis mit der erneuten Forderung nach Lieferung deutscher Panzer an die Ukraine:

Vielleicht kann man Leopards entsenden, um die Situation auf dem Feld zu überprüfen.“

Die „B.Z.“ berichtet, dass ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin mittlerweile Beschädigungen an dem Gebäude bestätigt habe, in dem die deutsche Visastelle untergebracht ist. Personen seien jedoch nicht zu Schaden gekommen. Bereits seit Monaten gebe es in der Einrichtung „keinen Dienstbetrieb“. Während der aktuellen Offensive seien keine Mitarbeiter anwesend gewesen.

Angriffe auf Infrastruktur in Kiew und anderen Städten der Ukraine

Inwieweit die deutsche diplomatische Einrichtung gezielt ins Visier genommen wurde, ist bis dato unklar. In sozialen Medien machen Spekulationen die Runde, wonach der Angriff als „Warnung“ an Deutschland vor einer noch stärkeren Einmischung in den Ukraine-Krieg gedacht gewesen sein könnte. Allerdings gibt es bis dato keinen belastbaren Anhaltspunkt, der die Darstellung untermauern würde.

In mehreren Angriffswellen hat die russische Armee seit Montagmorgen Ziele im Kernland der Ukraine angegriffen, darunter in der Hauptstadt Kiew. Wie es aus dem Kreml selbst heißt, kommen „luft-, see- und bodengestützte Präzisionslenkflugkörper großer Reichweite“ dabei zum Einsatz. Die Angriffe richten sich nach russischen Angaben gegen Objekte der Energieversorgung, militärische Befehlsstände und Objekte der Kommunikationsinfrastruktur der Ukraine.

Ukrainische Medien melden zudem ortsweise Ausfälle von Internet, Wasserversorgung und Strom in Gebieten wie Lwiw, Sumy oder Charkiw. In Lwiw und Iwano-Frankiwsk brenne es in Wärmekraftwerken nach Treffern durch Lenkflugkörper. Das Wärmekraftwerk Burschtyn versorge den Westen der Ukraine. Zudem leite die Einrichtung Stromüberschüsse zum Export nach Slowenien, Ungarn und Rumänien weiter.

Amtssitz Selenskyjs soll ebenfalls getroffen worden sein

Zwar sollen russischen Telegram-Informationskanälen zufolge westukrainische Gebiete kurzfristig von Polen aus notversorgt worden sein. Die Leitungen seien anonymen Quellen zufolge mittlerweile jedoch gekappt.

Dem ukrainischen Verteidigungsministerium zufolge sollen – Stand 11:52 Uhr Ortszeit – 83 von Russland abgefeuerte Lenkflugkörper elf wichtige Infrastrukturobjekte in Kiew und acht Gebieten des Landes beschädigt haben. Das erklärte die stellvertretende Verteidigungsministerin Anna Maljar mit Verweis auf den Generalstab der Ukraine sowie der ukrainische Premierminister Denis Schmygal.

Angeblich soll auch der Amtssitz des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj getroffen worden sein, berichtet der „Exxpress“. Die Angriffswelle soll mindestens acht Todesopfer gefordert haben. Ukrainische Sicherheitsbehörden sollen jedoch Medienberichten zufolge in den Tagen zuvor Vorkehrungen für eine mögliche russische Offensive getroffen haben.

Putin kündigt Vergeltung auch für künftige Angriffe auf Infrastruktur an

Der Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin, begründet die Offensive mit mehreren Fällen, in denen die Führung in Kiew „terroristische Methoden“ genutzt habe. Er nennt unter anderem Morde an Journalisten und Wissenschaftlern oder den Beschuss von Städten im Donbass. Putin wirft der Ukraine zudem Raketen- und Artillerieangriffe auf das Kernkraftwerk Saporoschje und auf jenes in Kursk vor.

In Kursk haben Angaben des Kremls zufolge unbekannte Terroristen mehrmals Hochspannungsstromleitungen gesprengt, die zu dem Kraftwerk verliefen. Im Ergebnis des dritten Anschlags seien gleich drei Leitungen dieser Art zu Schaden gekommen. Außerdem habe es einen Sabotageversuch an der Erdgasexportleitung Turk Stream gegeben. Den Erkenntnissen des Vorsitzenden des russischen Ermittlungskomitees, Alexander Bastrykin, zufolge hätten sich hinsichtlich der Urheberschaft Verdachtsmomente gegen die ukrainische Führung erhärtet.

Der unmittelbare Anlass für die aktuelle Angriffsserie sei jedoch die Explosion auf der Brücke von Kertsch vom Samstag (8.10.). In einer öffentlichen Erklärung äußerte Putin:

Verbrechen dieser Art ohne Antwort zu belassen, ist mittlerweile schlicht unmöglich.“

Putin kündigte weitere Militärschläge an, sollte es zu weiteren Sabotageakten auf russischem Territorium kommen. Zu diesem zählt er auch die Halbinsel sowie vier jüngst annektierte Gebiete der Ostukraine. In diesem Fall würden „Russlands Antworten hart ausfallen und ihre Ausmaße dem Niveau der Bedrohungen entsprechen, die der Russischen Föderation entgegengebracht werden“.

Führung in Kiew spricht von iranischen Drohnen

Die Ukraine spricht ihrerseits mit Blick auf das russische Vorgehen ebenfalls von „terroristischen Angriffen“. Wie der „Münchner Merkur“ schreibt, soll Russland bei seiner Angriffsserie auch iranische Drohnen vom Typ Schahed-136 eingesetzt haben. Diese seien von der 2014 gegen den Willen Kiews in die Russische Föderation eingegliederte Krim und von Belarus aus abgeschossen worden.

Der ukrainische Generalstab erklärt, es sei gelungen, neun dieser Drohnen zu zerstören. Unterdessen hat der belarussische Staatschef Alexander Lukaschenko angekündigt, gemeinsame Truppen mit Russland aufzustellen. Lukaschenko warf der Ukraine Planungen für einen Angriff auf Belarus vor.

Bislang hat die mit dem Kreml verbündete Regierung in Minsk zwar Russland erlaubt, Truppen auf seinem Territorium zu stationieren. Belarussische Soldaten sind im Ukraine-Krieg allerdings noch nicht im Einsatz.



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