15 Prozent mehr Lohn gefordert: Neue Warnstreiks bei der Post

Brief und Pakete werden auch in der kommenden Woche nur stockend oder verspätet ausgeliefert – zumindest die der Deutschen Post. Die Gewerkschaft fordert 15 Prozent mehr Lohn, das Management nennt die Forderung überzogen. Im Wirtschaftsministerium wird schon länger über eine Reform des Postgesetzes diskutiert.
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Die Gewerkschaft hat erneut zu einem Poststreik aufgerufen.Foto:  Arne Dedert/dpa
Von 5. Februar 2023

Die Tarifverhandlungen um den künftigen Lohn der Postangestellten sollen am Mittwoch und Donnerstag in Düsseldorf fortgesetzt werden. Daher hat die Gewerkschaft Verdi die Beschäftigten der Deutschen Post für Montag und Dienstag erneut bundesweit zu Warnstreiks aufgerufen. Die Arbeitsniederlegungen erstreckten sich auf ausgewählte Betriebe aller Arbeitsbereiche bei der Post, teilte die Gewerkschaft am Sonntag mit. Betroffen seien Brief- und Paketzentren sowie die Zustellung.

Begleitet werden sollen die Warnstreiks von Protestkundgebungen in insgesamt zehn Städten. Am Montag sind diese in Berlin, Rostock und München geplant sowie am Dienstag in Dortmund, Hamburg, Saarbrücken, Polch (Koblenz), Nürnberg, Frankfurt/Main und Stuttgart.

Management: Forderung überzogen

An den bisherigen Streiks nahmen nach Verdi-Angaben rund 3.500 Beschäftigte in verschiedenen Regionen Deutschlands teil. Demnach blieben jedes fünfte Paket und jeder elfte Brief liegen. Bestreikt wurde Ende Januar die Zustellung im Raum Bonn, in Bochum und im Münsterland – dort blieben viele Briefe und Pakete liegen und wurden nicht ausgetragen. Auch Mannheim, Stuttgart und Freiburg waren betroffen.

Die Gewerkschaft fordert 15 Prozent mehr Lohn und Gehalt für die rund 160.000 Tarifbeschäftigten im Bereich Post & Paket Deutschland. Begründet wird die Forderung unter anderem mit der Inflation. 140.000 Postler bekommen der Gewerkschaft zufolge ein Monatsentgelt, das bei 2.108 bis 3.090 Euro brutto liegt. Die Ausbildungsvergütungen sollen nach Vorstellung der Gewerkschaft für jedes Ausbildungsjahr um 200 Euro pro Monat angehoben werden.

Das Post-Management hielt die Forderung der Gewerkschaft hingegen für überzogen und nicht darstellbar. Die Firmenspitze gibt zu bedenken, dass der Konzern finanziellen Spielraum für Investitionen brauche, um auch langfristig wettbewerbsfähig zu sein und Arbeitsplätze zu sichern.

Außerdem verweist die Post darauf, dass der Konzerngewinn „zum übergroßen Teil mittlerweile im internationalen Geschäft erwirtschaftet“ werde.

Tatsächlich wurde im vergangenen Jahr nur etwa ein Sechstel des Betriebsgewinns (Ebit) der Deutschen Post DHL mit Briefen und Paketen in Deutschland erzielt, beim Personal liegt dieser Anteil hingegen bei circa einem Drittel. Deutlich profitabler als das Stammgeschäft sind für die Post längst die weltweiten Express- und Frachtgeschäfte.

Automatisierung mit Post- und Packstationen

Im Wirtschaftsministerium wird schon länger über eine Reform des Postgesetzes diskutiert. Das Gesetz enthält die Pflichten, an die sich die Post als sogenannter Universaldienstleister zu halten hat. Die Vorgaben stammen aus dem Jahr 1999 – aus einer Zeit, als viele Bundesbürger noch ausgiebig Briefe schrieben und E-Mails meist nur vom Hörensagen kannten. Seit damals ist vorgeschrieben, dass die Post in jeder Gemeinde mit mehr als 2.000 Einwohnern mindestens eine Postfiliale haben muss. Bei mehr als 4.000 Einwohnern darf die Verkaufseinrichtung nicht weiter entfernt sein als zwei Kilometer.

Diese Pflicht wird nicht überall erfüllt. Nach Angaben der Bundesnetzagentur gab es bundesweit zuletzt etwa 140 Standorte, wo die Post sein müsste, es aber nicht ist – gut ein Prozent der Pflichtstandorte. Das Defizit liegt häufig daran, dass ein Kiosk oder ein kleiner Supermarkt dichtgemacht hat. Solche Geschäfte gelten als Postfiliale, wenn die Post darin einen Schalter hat. Dadurch hat die Post weniger externe Helfer, die in ihrem Auftrag Dienstleistungen anbieten.

Künftig sollen auch „digitale und automatisierte Lösungen“ im Rahmen des Universaldienstes „angemessen berücksichtigt werden“ – sprich Postautomaten. Diese Vorschläge werden in einem vage formulierten Eckpunktepapier des Ministeriums unterbreitet. Jederzeit verfügbare Automaten könnten „den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer entsprechen“.

Poststationen sind Automaten, an dem Pakete abgeholt und abgegeben, Briefmarken gekauft und Briefe eingeworfen werden können. 100 Poststationen gibt es bisher in Deutschland – Tendenz steigend. Sie stehen in Städten wie Bonn oder Bayreuth und in Gemeinden wie Bendestorf (Niedersachsen) und Illerrieden (Baden-Württemberg). Im Vergleich zu den 13.000 Packstationen, die nur für Pakete konzipiert sind, ist diese Automatenart noch in den Anfängen.

Kommt ein Automaten-Filialnetz?

Wäre die Gesetzesänderung ein Schritt zu einem Automaten-Filialnetz? Ein Post-Sprecher äußert sich zurückhaltend. Einerseits verweist er darauf, dass Automaten in vielen Bereichen längst ein unverzichtbarer Bestandteil geworden seien, etwa beim Fahrkartenkauf oder bei der Bargeldabhebung. „Auch im Postbereich ist es so, dass häufig nachgefragte Dienstleistungen wie der Kauf von Brief- und Paketmarken oder der Versand von Briefen und Paketen einfach und bequem über automatisierte Einrichtungen abgewickelt werden können.“ Andererseits betont er, dass man weiter „auf personenbediente Formate“ setze.

Gleichzeitig wolle man auch hybride Formate erproben, zum Beispiel Automaten mit Beratung per Videochat. Damit bezieht er sich auf die Poststation, wo die Videoberatung bald möglich sein soll.

Aus dem Bundestag kommen positive Signale zu diesem Teil der Reform. Kritik an den Vorschlägen des Ministeriums kommt vom Sozialverband VdK. Der warnt davor, das Filialnetz auszudünnen und stattdessen verstärkt auf Automaten zu setzen. Ein dichtes Netz an Filialen sei wichtig, damit alle Menschen im Sinne der Inklusion ihre Postgeschäfte selbstständig erledigen könnten. Zudem könne älteren Menschen die Automatennutzung nicht zugemutet werden, da sie Beratung bräuchten. Auch der Landkreistag ist wenig begeistert und fordert, lieber die bisherige Strategie von Kooperationen zwischen der Post und Gewerbetreibenden zu stärken.

Briefe mit zwei Geschwindigkeiten

Geht es nach dem SPD-Postexperten Sebastian Roloff, soll es künftig eine schnelle Zustellung am folgenden Werktag, zugleich aber auch eine langsamere geben. Derzeit muss die Post 80 Prozent aller Briefe am folgenden Werktag zustellen. „Weniger als diese Quote ist denkbar“, sagt der Münchner SPD-Abgeordnete, „allerdings muss die langsamere Post dann billiger werden und nicht die eigentlich pünktliche teurer.“

Ein langsamer Standardbrief solle demnach weniger als 85 Cent Porto kosten. Roloff erhofft sich durch die zwei Geschwindigkeiten auch weniger Nachtflüge der Post. Die Postboten sollen künftig entlastet werden, wenn sie schwere Pakete zusätzlich zu den Briefen austragen. Die derzeitige Grenze von 31,5 Kilogramm für einzelne Sendungen sei aus Arbeitsschutzgründen zu hoch. „Höchstens 25 Kilo sind aus meiner Sicht dauerhaft vertretbar“, so Roloff.

Bei der Zustellung von Paketen sollen sich Dienstleister künftig um eine Lizenz bewerben müssen. So will Roloff den Wildwuchs bei Subunternehmern eindämmen. „Hier muss es um Arbeitsbedingungen und Tariftreue gehen“, sagte er.

In der Reform soll bis zum Sommer ein erster Gesetzesvorschlag vorliegen, Ende 2023 könnte die Novelle abgeschlossen sein.

(Mit Material der Agenturen)



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