Die AfD und der Fall Andreas Kalbitz

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Andreas Kalbitz.Foto: Ralf Hirschberger/dpa/dpa
Epoch Times21. August 2020

Die Causa Andreas Kalbitz hat die AfD in eine Zerreißprobe geführt. Am Freitag scheiterte er mit einem Eilantrag gegen seinen Parteirauswurf – der vom Landesverfassungsschutz als Rechtsextremist bezeichnete Politiker bleibt also erst einmal weiter draußen. Juristisch und politisch abgeschlossen ist das Thema dennoch wahrscheinlich nicht. Wie es zu dem Gerichtsverfahren am Freitag kam und was seit der Entscheidung des AfD-Bundesvorstands zum Rausschmiss geschah:

15. MAI

Der Bundesvorstand erklärt die Parteimitgliedschaft des brandenburgischen Landes- und Fraktionschefs Kalbitz per Beschluss für nichtig – mit sieben Ja- und fünf Neinstimmen sowie einer Enthaltung. Damit setzt sich der AfD-Kovorsitzende Jörg Meuthen durch, der die Abstimmung über Kalbitz herbeiführte. Die Bundestagsfraktionschefs Alexander Gauland und Alice Weidel sowie Meuthens Koparteichef Tino Chrupalla waren dagegen, die Parteimitgliedschaft für nichtig zu erklären.

Die Entscheidung des Bundesvorstands begründet sich darauf, dass Kalbitz seine Mitgliedschaft in der rechtsextremen, inzwischen verbotenen „Heimattreue Deutsche Jugend“ verschwiegen haben soll. Zudem soll Kalbitz eine Mitgliedschaft bei der Partei Die Republikaner in den 90er Jahren nicht angegeben haben.

Kalbitz war seit Ende 2017 Mitglied des AfD-Bundesvorstands. Er zählt neben dem Thüringer Landes- und Fraktionschef Björn Höcke zu den führenden Köpfen des AfD-„Flügels“, der im März vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft und inzwischen offiziell aufgelöst wurde. Kalbitz war Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Brandenburg im vergangenen September, wo die AfD mit 23,5 Prozent der Stimmen Platz zwei belegte.

18. MAI

In einer Sondersitzung beschließt die Brandenburger AfD-Fraktion, dass Kalbitz trotz seines Rauswurfs weiter Mitglied der Fraktion bleiben kann – dafür musste die Geschäftsordnung der Landtagsfraktion so geändert werden, dass eine Parteimitgliedschaft nicht mehr Voraussetzung für die Zugehörigkeit zur Fraktion ist. Den Vorsitz von Fraktion und Landesverband lässt Kalbitz jedoch vorerst ruhen.

15. JUNI

Der Verfassungsschutz in Brandenburg stellt den gesamten AfD-Landesverband wegen rechtsextremistischer Tendenzen unter Beobachtung. Die AfD in Brandenburg werde „faktisch von einem parteilosen Rechtsextremisten geführt“, sagt Verfassungsschutzchef Jörg Müller mit Blick auf Kalbitz.

Landesinnenminister Michael Stübgen (CDU) sagt, der Landesverband habe sich seit seiner Gründung „stetig radikalisiert und wird mittlerweile von Bestrebungen dominiert, die gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind“.

19. JUNI

Erfolg für Kalbitz: Das Berliner Landgericht gibt einem Eilantrag auf eine einstweilige Verfügung gegen seinen Rauswurf aus der Partei statt. Das Gericht entscheidet, dass Kalbitz zunächst Mitglied bleiben und an Parteigremien teilnehmen kann. Das gilt bis zu einer Entscheidung des AfD-Bundesschiedsgerichts.

23. JUNI

Nach der Entscheidung des Berliner Landgerichts wählt die Landtagsfraktion Kalbitz wieder zu ihrem Vorsitzenden.

25. JULI

Das Bundesschiedsgericht der AfD kommt zu dem Schluss, dass Kalbitz zu Recht aus der Partei ausgeschlossen wurde. Mit dieser Entscheidung ist die vom Bundesvorstand beschlossene Annullierung der Mitgliedschaft nach Angaben des Gremiums rechtsgültig.

ENDE JULI

Kalbitz geht juristisch gegen die Entscheidung des Bundesschiedsgerichts vor. Er reicht beim Berliner Landgericht einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ein. Er will, dass die AfD ihm bis zum Abschluss eines etwaigen Hauptsacheverfahrens alle sich aus einer AfD-Mitgliedschaft ergebenden Rechte „uneingeschränkt belässt“.

3. AUGUST

Der AfD-Bundesvorstand beschließt, gegen die Entscheidung des Berliner Landgerichts vom Juni Berufung einzulegen.

4. AUGUST

In Potsdam beschließt die Brandenburger AfD-Fraktion in einer Sondersitzung einstimmig, dass Kalbitz sein Amt als Fraktionschef in Brandenburg vorerst bis zur Entscheidung über seinen neuen Eilantrag ruhen lässt.

18. AUGUST

Nachdem Kalbitz einen Brandenburger Fraktionskollegen aus Versehen krankenhausreif geschlagen haben soll (Milzriss), gibt er den AfD-Fraktionsvorsitz ganz auf. Die Staatsanwaltschaft nimmt Ermittlungen wegen fahrlässiger Körperverletzung auf.

19. AUGUST

Es wird bekannt, dass die Staatsanwaltschaft außerdem wegen einer möglichen Falschaussage von Kalbitz im Eilverfahren vom Juni gegen ihn ermittelt. Kalbitz soll bei seinen Angaben zur Mitgliedschaft in der HDJ, die er bestreitet, die Unwahrheit gesagt haben.

21. AUGUST

Das Berliner Landgericht weist Kalbitz‘ Eilantrag nach einer kurzen Verhandlung ab. Das Gericht hält den Beschluss des Bundesvorstands zumindest nicht für offensichtlich rechtswidrig. Kalbitz will gegen das Urteil vorgehen und zusätzlich ein Hauptsacheverfahren anstrengen. (afp)



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