AfD will MdL Ulbrich loswerden – Bundesschiedsrichter soll Nazi-Gesetz in Urteil zitiert haben

Weil er als Bundesschiedsrichter ein Rassengesetz der Nationalsozialisten zitiert habe, will die AfD den sächsischen Landtagsabgeordneten Roland Ulbrich ausschließen. Der Politiker hatte bereits zuvor durch Aussagen in sozialen Medien für Irritationen gesorgt.
Titelbild
Plenarsaal im Landtag Sachsen.Foto: Steffen Giersch/Landtag Sachsen
Von 30. Januar 2024

Die Fraktion der AfD im Landtag von Sachsen will den 2019 über die Landesliste gewählten Abgeordneten Roland Ulbrich ausschließen. Außerdem wird – Berichten zufolge auf Betreiben von Bundessprecher Tino Chrupalla – auch ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet. Der Vorwurf gegen den Anwalt, zu dessen Mandanten unter anderem der in Bayern in die Schlagzeilen geratene AfD-MdL Daniel Halemba gehört, lautet auf „Parteischädigendes Verhalten“.

AfD-Mitgliedsbewerber unter Bezugnahme auf Nazi-Gesetz abgelehnt?

Wie mehrere Medien, darunter „Bild“, berichten, soll eine Urteilsbegründung den Ausschlag für den Schritt gegeben haben. Ulbrich war demnach in seiner Funktion als Vizepräsident des Bundesschiedsgerichts für den Einspruch eines Aufnahmewerbers in die AfD zuständig. Dieser hatte gegen die Ablehnung seines Mitgliedsantrags Beschwerde eingelegt.

Der Beschwerdeführer hatte auf seinem Mitgliedsantrag unter anderem auf seine „arische Abstammung“ verwiesen. Der zuständige Kreisverband lehnte diesen ab, daraufhin zog der Antragsteller vor das Bundesschiedsgericht.

Auch die zuständige Spruchkammer unter Richter Ulbrich verwehrte dem Bewerber die Aufnahme. Allerdings soll Ulbrich in der Urteilsbegründung auf das Reichsbürgergesetz von 1935 Bezug genommen haben. Dieses beinhaltete unter anderem den Ausschluss deutscher Juden von der Reichsbürgerschaft und die Aberkennung damit verbundener Rechte.

2019 durch Äußerungen zum Anschlag von Halle aufgefallen

In welchem Gesamtkontext Ulbrich diese Bezugnahme vorgenommen hatte, insbesondere ob es sich um eine makabre Anspielung auf den Mitgliedsantrag gehandelt habe, geht aus den Mitteilungen nicht hervor. Vonseiten der Pressestelle hieß es jedoch gegenüber „Bild“, der Abgeordnete habe „in schwerwiegender Weise gegen die Parteigrundsätze verstoßen“.

Allerdings ist Ulbrich nicht zum ersten Mal durch Äußerungen aufgefallen, die Anlass zu Irritationen gegeben haben. Bereits im Nachgang zum rechtsextremistisch motivierten Terroranschlag auf die Synagoge in Halle an der Saale im Oktober 2019 hatte er diesen als „Sachbeschädigung“ an der Tür des Gotteshauses verharmlost.

Der damalige Attentäter Stephan Balliet, der sich zuvor im Internet radikalisiert hatte, wollte an Jom Kippur die Synagoge stürmen und so viele Besucher wie möglich töten. Nachdem eine verschlossene Türe ihn am Eindringen gehindert hatte, erschoss er stattdessen wahllos zwei Passanten. Balliet hatte das Massaker in zwei Moscheen in Christchurch als Vorbild für sein eigenes Vorgehen benannt.

„Juristischer Diskurs“ zog Distanzierung der AfD Sachsen nach sich

Ulbrich warf damals auf Facebook die Frage auf: „Was ist schlimmer, eine beschädigte Synagogentür oder zwei getötete Deutsche?“ Auf diese Weise suggerierte er zum einen, dass Juden für ihn keine Deutschen sein könnten, zum anderen wertete er den gescheiterten Versuch des Eindringens in die Synagoge als bloße Sachbeschädigung. Das Landgericht Halle verurteilte Balliet unter anderem wegen Mordes in zwei Fällen und versuchten Mordes in 66 Fällen.

Die AfD Sachsen distanzierte sich damals von der „Einzelmeinung, die nichts mit den Positionen der sächsischen AfD zu tun“ gehabt habe. Ulbrich selbst sprach von einem „juristischen Diskurs“, zu dem er habe beitragen wollen. Bezüglich der suggerierten Ausklammerung der in der Synagoge versammelten Juden aus der Gesamtheit der „Deutschen“ äußerte er, er wisse nicht, welche Staatsbürgerschaft die Versammelten gehabt hätten. Es spiele, so deutete er an, auch keine Rolle.

Ausschluss von Ulbrich schon für die nächste Fraktionssitzung geplant

Nun möchte der Landesvorstand in Abstimmung mit dem AfD-Bundesvorstand ein Parteiausschlussverfahren gegen Ulbrich beantragen. Zudem ist „auf der nächsten Fraktionssitzung auf Vorschlag des Fraktionsvorstandes ein Ausschluss aus der sächsischen Landtagsfraktion“ vorgesehen.

Ulbrich selbst hat sich bis dato zu der Angelegenheit nicht geäußert. Auf seinem privaten Facebook-Account, von dem er den Beitrag zum Halle-Anschlag löschte, finden sich seit geraumer Zeit hauptsächlich Fremdbeiträge, in denen Dritte ihn markiert haben. Der Abgeordnete gehörte der „Patriotischen Plattform“ in der AfD an und gründete 2017 die noch weiter rechts stehende „Freiheitlich Patriotische Alternative“ (FPA).

Gegen seinen Mandanten Daniel Halemba läuft ebenfalls ein Parteiausschlussverfahren. Dem bayerischen Landtagsabgeordneten wirft die Staatsanwaltschaft Würzburg unter anderem das Verwenden von Symbolen verfassungswidriger Organisationen vor. In der Partei selbst kursieren gegen Halemba Vorwürfe, er sei für Unregelmäßigkeiten im Kontext der Kandidatennominierung verantwortlich.

Bericht von „Correctiv“ lässt Anzahl der Mitgliedsanträge ansteigen

Der Mitgliederentwicklung bei der AfD ist der starke öffentliche Fokus der vergangenen Wochen nicht abträglich. Wie der „Spiegel“ berichtete, spricht die Bundesgeschäftsstelle von „gut 2.500“ neuen Mitgliedsanträgen seit Jahreswechsel. Allein seit dem 10. Januar seien es mit Stand vom 25. Januar 1.900 gewesen.

Am 10. Januar veröffentlichte das Recherchenetzwerk „Correctiv“ seinen Bericht über ein privates Treffen, das im November 2023 nahe Potsdam stattgefunden habe. Dem Bericht zufolge soll der bekannte Rechtsextremist Martin Sellner unter anderem verfassungsfeindliche Thesen zu einer „Remigration“ verbreitet haben, die auch vor deutschen Staatsangehörigen nicht haltmachen solle.

Drei einflussreiche AfD-Politiker, die mit anwesend waren, sollen sich zu den Plänen zustimmend geäußert haben. Sie selbst bestreiten den von „Correctiv“ dargestellten Ablauf des Abends. Die Plattform stützt sich auf mündliche Aussagen von „Quellen“, die offenbar mit anwesend waren. Tondokumente präsentierte „Correctiv“ bislang nicht. Wie viele der neuen Beitrittswerber tatsächlich Aufnahme in die AfD finden werden, steht bisher nicht fest.

Die Epoch Times hat eine Anfrage an die AfD gerichtet, in welchem Kontext die Bezugnahme auf die nationalsozialistischen Gesetze erfolgte. Außerdem haben wir gefragt, warum in Anbetracht früherer Äußerungen Ulbrichs wie jener zum Synagogenanschlag keine Ordnungsmaßnahmen angestrebt wurden.

Was die erste Frage anbelangt, hieß es aus der Pressestelle:

„Ob ernsthaft oder nicht ernsthaft gemeint: Roland Ulbrich hat die einzig angemessene Konsequenz gezogen und ist zurückgetreten. Seinen Rücktritt hat er gegenüber dem Senat des Bundesschiedsgerichts damit begründet, er übernehme die Verantwortung für den Inhalt eines Eilbeschlusses, aus dem sich der Eindruck ergeben könnte, er mache sich mit seiner Rechtsprechung eine Begrifflichkeit und einen Rechtssatz des Nationalsozialismus zu Eigen.“

Auch wenn ihm dies völlig fern gelegen habe, sei „zu seinem Bedauern bei erneuter Prüfung nicht von der Hand zu weisen, dass sich bei dem unbefangenen Leser ein solch fataler Eindruck verfestigen könnte“. Er bedauere diesen Fehler und habe „mit seinem Rücktritt die erforderlichen Konsequenzen gezogen, um Schaden von der Partei und ihrem Bundesschiedsgericht abzuwenden“.

Bezüglich der Frage, warum im Zusammenhang mit dem Facebook-Beitrag über den Anschlag auf die Synagoge keine Ordnungsmaßnahmen erfolgten, hieß es, solche seien bereits damals diskutiert worden. Man habe sie allerdings aus formalen Gründen nicht beantragt, weil die Erfolgsaussichten als nicht hinreichend genug eingeschätzt worden seien.



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