Amtsgericht Detmold verurteilt „Love Priest“ – Tim Kellner: „Beleidigung für das deutsche Volk“

Der als Kunstfigur „Love Priest“ bekannte 49-Jährige bezeichnet Urteil als „Beleidigung für das deutsche Volk“ und kündigt Berufung an. 500 Anhänger versammeln sich bei einer Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude.
Titelbild
Der Comedian Tim Kellner kritisierte im Anschluss an sein Gerichtsverfahren bei einer Kundgebung das gegen ihn gefällte Urteil und bezeichnete es als „Beleidigung für das deutsche Volk".Foto: Oliver Signus
Von 5. Oktober 2023

Wegen Beleidigung verschiedener Politikerinnen hat das Amtsgericht Detmold den bekannten YouTuber Tim Kellner zu einer Geldstrafe von 11.000 Euro (110 Tagessätze) verurteilt. Die Richterin folgte damit weitgehend der Forderung der Staatsanwaltschaft, die für den 49-Jährigen 12.000 Euro Geldstrafe gefordert hatte. Hendrik Schnelle, der Anwalt des als „Love Priest“ bekannten Comedian, dessen YouTube-Kanal 488.000 Menschen abonniert haben, kündigte noch im Gericht Revision an.

Nur Platz für 20 Zuschauer im Verhandlungssaal

Der frühere Soldat und Ex-Polizist hatte im Vorfeld auch seine Anhänger mobilisiert, sodass sich etwa 500 Menschen rund um das Amtsgericht versammelt hatten. Nach Polizeiangaben gab es keinerlei Zwischenfälle. Dem Prozess beiwohnen konnten in dem kleinen Saal nur wenige Interessierte. Es standen nur 20 Sitzplätze zur Verfügung, davon waren sieben für Pressevertreter reserviert.

Die Staatsanwaltschaft hatte Kellner Beleidigung in vier Fällen vorgeworfen. So soll er in seinen Videos Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne), Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die Bundestagsabgeordnete Emilia Fester (Grüne) und die Politikerin und Aktivistin Sawsan Chebli (SPD) verunglimpft haben.

Nach Angaben von Kellners Anwalt Hendrik Schnelle waren die vier Anklagepunkte aufgeteilt in zwei Strafbefehle und eine Anklageschrift. Letztere hatte Beleidigung von Sawsan Chebli und Emilia Fester zum Gegenstand. In einem Strafbefehl ging es um Beleidigung und Verleumdung von Annalena Baerbock. In diesem Fall war Kellner bereits zu acht Monaten Haft, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung, verurteilt worden. Konkret ging es darum, dass in einem seiner Videos ein Interview der Grünen-Politikern mit Kindern gezeigt worden.

Dabei sagte sie „Deutschland ist ein reiches Land, und das will ich ändern“. Allerdings handelte es sich dabei um eine geschnittene und verfälschte Sequenz, denn konkret sagte Baerbock: „Deutschland ist ein reiches Land, in dem viele Kinder in Armut leben, und das will ich ändern“. Die nicht von Kellner geschnittene Sequenz suggerierte eine andere Intention der Ministerin, die gefälschte Aussage wertete die Staatsanwaltschaft daher als Verleumdung. Den Straftatbestand der Beleidigung sah die Staatsanwaltschaft gegeben, weil Kellner aus Annalena Baerbock „Annalenus Baerbockus“ gemacht hatte.

Dass Kellner die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) als „aufgedunsene Dampfnudel“ bezeichnet hatte, war aus Sicht der Staatsanwaltschaft ebenfalls eine Beleidigung. Dasselbe galt für: „Hat die kleine verpickelte Göre den ganzen Bundestag angelogen“, mit der Kellner eine Aussage von Emilia Fester kommentierte. Bei Sawsan Chebli ging es um eine derbe, nicht druckreife Beschimpfung, die allerdings nicht von Kellner stammte. Der Comedian nutzt zur Kommentierung von Ereignissen oft Wortschnipsel anderer Personen, die er in seinen Beitrag schneidet, so auch in diesem Fall.

Gut dreieinhalb Stunden dauert die Verhandlung, bevor die Richterin nach 15-minütiger Beratung das Urteil sprach. Ein Urteil, das aus Sicht Kellners bereits vorher abgesprochen gewesen sei. Freigesprochen wurde der 49-Jährige vom Vorwurf der Beleidigung gegen Außenministerin Baerbock. In einem anderen Prozess war er deshalb zu acht Monaten Haft, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung, verurteilt worden. Die drei anderen Fälle sah die Richterin als so schwerwiegend an, dass sie nur knapp unterhalb der von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafe blieb.

Verteidiger: Politiker haben Staatsanwaltschaft im Griff

In einer ersten Stellungnahme bezeichnete Kellner das Urteil, das „im Namen des Volkes“ gesprochen wurde, vor dem Verhandlungssaal als „Witz“ und als eine „Beleidigung für das deutsche Volk“. Mit dem Urteil habe die Richterin bestätigt, „wie der Stand der Dinge im besten Deutschland, das es jemals gab, wirklich aussieht“.

So sei es mittlerweile nicht einmal mehr möglich, mit einer „eindeutigen Kunstfigur“ in Form von Satire Kritik zu äußern und die „desaströsen Zustände im Land“ aufzuzeigen. Satire- und Kunstfreiheit seien außer Kraft gesetzt. „Wir leben in Deutschland in ganz, ganz gefährlichen Zeiten. Das hat dieses Urteil noch einmal ganz klar verdeutlicht“, betonte Kellner. Es sei paradox, aber vielleicht müsse man der Richterin dafür danken, „dass sie uns das alles hier nochmal bewiesen hat“.

Auf der Kundgebung stellte Kellners Anwalt Hendrik Schnelle die Frage, ob die seinem Mandanten als Beleidigungen ausgelegten Vorwürfe nicht von der Kunst- und Meinungsfreiheit gedeckt seien. Öffentlich-rechtliche Medien könnten die AfD-Politikerin Dr. Alice Weidel beleidigen, das sei „völlig in Ordnung“, während Kellner dafür, dass er Politikern der aktuellen Regierung „den Spiegel vorhält“, mit einer hohen Geldbuße bestraft werde. Daher werde er in der Berufung „weiter kämpfen für die Meinungsfreiheit, für die Kunstfreiheit und auch für unsere Demokratie […]“.

Nach Ansicht des Juristen hätte die Anklage gar nicht erst zugelassen werden dürfen. Die Staatsanwaltschaft als Anklagebehörde sei jedoch weisungsgebunden. Den Politikern könne man daher „sozusagen gratulieren, sie haben die Staatsanwaltschaft im Griff“.



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