Angeber-SMS per WhatsApp möglicher Beweis wegen Misshandlungsvorwurf gegen Polizisten in Hannover

Hannover (dpa) - In Hannover sind einem Medienbericht zufolge möglicherweise Flüchtlinge in Polizeigewahrsam misshandelt worden. Die Staatsanwaltschaft ermittele gegen einen Beamten der Bundespolizei wegen des Verdachts der Körperverletzung im…
Titelbild
NDR-Recherchen zufolge geht es um mindestens zwei Fälle.Foto: Julian Stratenschulte/dpa
Epoch Times18. Mai 2015

Hannover – Ein Beamter der Bundespolizei soll mit Textnachrichten und Fotos via Handy mit seinen Taten angegeben haben. In Hannover sind einem Medienbericht zufolge möglicherweise Flüchtlinge in Polizeigewahrsam misshandelt worden. Möglicherweise machten Kollegen bei den Misshandlungen mit.

Die Staatsanwaltschaft ermittele gegen einen Beamten der Bundespolizei wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt und des Verstoßes gegen das Waffengesetz, bestätigte Oberstaatsanwalt Thomas Klinge einen Bericht des Senders NDR.

Dem Beamten sei von zwei Zeugen vorgeworfen worden, dass er an Demütigungen auf einer Polizeiwache im Hauptbahnhof beteiligt gewesen sei. „Was genau passiert ist, wissen wir nicht“, sagte Klinge. Auch Identität und Zahl der möglichen Opfer seien bislang nicht bekannt. Da zu den Vorwürfe auch zählte, dass der Beamte im Besitz einer illegalen Waffe sei, habe man schnell handeln müssen.

Sowohl in der Dienststelle des Polizisten als auch in seinem Privathaus gab es Hausdurchsuchungen. „Bei ihm zu Hause wurde eine illegale Waffe sichergestellt“, so Klinge.

"Das war ein Geschenk von Allah"

Den NDR-Recherchen zufolge geht es um mindestens zwei Fälle. Sie sollen sich 2014 in den Gewahrsamszellen der Bundespolizei-Inspektion im Hauptbahnhof Hannover abgespielt haben. Im März 2014 hätten die Beamten demnach einen 19-jährigen Flüchtling aus Afghanistan mit auf die Wache genommen. Der Mann sei wegen geringfügiger Verstöße aufgefallen – unter anderem hatte er bei einer Überprüfung keinen Pass dabei. In der Zelle sei der Flüchtling misshandelt worden.

Diesen Schluss lässt zumindest eine Nachricht zu, die laut NDR über den Kurzmitteilungsdienst WhatsApp vom Handy an Polizeikollegen verschickt wurde. In wackeliger Rechtschreibung heißt es darin: „Hab den weggeschlagen. Nen Afghanen. Mit Einreiseverbot. Hab dem meine Finger in die Nase gesteckt. Und gewürgt. War witzig. Und an den Fußfesseln durch die Wache geschliffen. Das war so schön. Gequikt wie ein Schwein. Das war ein Geschenk von Allah.“

Der zweite Fall

Der zweite Fall ereignete sich laut NDR ein halbes Jahr später. Ein 19-jähriger Marokkaner aus Tanger sei von der Bundespolizei Hannover festgehalten worden, da er in einem Zug ohne Fahrkarte unterwegs war. In seinen Socken hätten die Beamten etwas Marihuana gefunden. Der Marokkaner sei ebenfalls in der Gewahrsamszelle gelandet und dort erniedrigt worden. Den Beweis dafür habe der Beschuldigte selbst mit einem Handy-Foto geliefert. Es zeigt einen auf dem Boden liegenden Mann in unnatürlicher Körperhaltung – die Hände mit Handschellen gefesselt, das Gesicht schmerzverzerrt. Dem Anschein nach wird der Mann von mindestens zwei Polizisten festgehalten.

In einer vom NDR zitierten Handy-Kurzmitteilung heißt es dazu: „Das ist ein Marokkaner. Den habe ich weiß bekommen. XY (der unmittelbare Vorgesetzte, Anmerkung der Redaktion) hat gesagt, dass er ihn oben gehört hat, dass er geqikt hat, wie ein Schwein. Dann hat der Bastard erst mal den Rest gammeliges Schweinefleisch aus dem Kühlschrank gefressen. vom Boden.“

Keine Aussagen der Bundespolizeidirektion in Hannover

Die Bundespolizeidirektion in Hannover wollte sich zu dem laufenden Verfahren nicht äußern. „Wir werden die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft aber mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen“, sagte ein Sprecher. Der Beamte sei momentan nicht im Dienst. Ein Disziplinarverfahren ruhe vorerst mit Blick auf das Ergebnis der Untersuchungen.

Ein Beamter der Bundespolizei sagte dem NDR, auch in der Vergangenheit sei der beschuldigte Polizist an Erniedrigungen beteiligt gewesen.

Laut Aussage von Oberstaatsanwalt Thomas Klinge ist noch unklar, ob an den Erniedrigungen noch weitere Beamte beteiligt waren. „Es kann sein, dass es mehrere waren, aber genaueres müssen wir von den Zeugen erfahren.“

Die Bundespolizei

Die Bundespolizei untersteht dem Bundesinnenministerium. Kernaufgabe der 2005 aus dem Bundesgrenzschutz (BGS) hervorgegangenen Behörde sind die Sicherheit im Bahnverkehr, an den Land- und Seegrenzen sowie auf mehr als einem Dutzend Flughäfen.

Die GSG 9 ist als polizeiliche Spezialeinheit zur Bekämpfung von Terrorismus im Einsatz. Die Bundesbereitschaftspolizei begleitet Großdemonstrationen, Staatsbesuche oder Castor-Transporte. Die Bundespolizei hat nach eigenen Angaben rund 40 300 Mitarbeiter, von denen knapp 33 000 Polizeivollzugsbeamte sind. Das Bundespolizeipräsidium befindet sich in Potsdam. 

Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnt vor Imageschaden 

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnt angesichts der Misshandlungsvorwürfe gegen einen Bundespolizisten vor einem Imageschaden für die gesamte Polizei.

„Auch wenn das, so wie es sich bislang darstellt, nur ein Einzelfall ist, ist zu befürchten, dass es schon jetzt einen Imageverlust gibt“, sagte Dietmar Schilff, GdP-Landeschef in Niedersachsen und Mitglied des Bundesvorstands. Der „nicht zu entschuldigende Vorfall“ überschatte die Polizeiarbeit. Dies gelte insbesondere für die „überwiegend guten Leistungen“ der Bundespolizisten am Hauptbahnhof Hannover, „einem schwierigen Ort“.

 (rls/dpa)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion